Sie könnten unterschiedlicher kaum sein: Arthur (Heiner Lauterbach) ist ein konservativer Wirtschaftsanwalt und lebt in einer prächtigen Stadtvilla in Berlin. Kalle (Jürgen Vogel) ist Bauarbeiter und ein Kumpeltyp mit erhöhtem Aggressionspotential. Und der harmoniebedürftige Yus (Hilmi Sözer) arbeitet als Physiotherapeut. Eines haben die drei Schwäger aber gemeinsam: Ihre Töchter haben sich verliebt! Arthurs Tochter Antonia (Janina Uhse) lässt ihre Hochzeit mit einem aufstrebenden Anwalt platzen, weil sie ihr Herz an einen linken Weltverbesserer (Jacob Matschenz) verloren hat. Kalles Tochter Luna (Lisa-Marie Koroll) ist einem Aktfotografen (Andreas Pietschmann) verfallen, der sich als früherer Klassenkamerad ihres Vaters entpuppt. Und Yus’ Tochter Sophie (Lara Aylin Winkler) schwänzt heimlich die Schule, um jede freie Sekunde mit Andi (Junis Marlon) zu verbringen, der Kontakte zur Drogenszene hat. Also schließt das ungleiche Väter-Trio einen heimlichen Pakt: Die ungeliebten Schwiegersöhne in spe müssen weg!
Ein Vater, der Probleme mit dem drohenden Schwiegersohn hat und diesen am liebsten loswerden will, bevor es zu spät ist? Es ist schwer, bei dieser Beschreibung nicht an Monsieur Claude und seine Töchter zu denken, jenen französischen Monsterhit, der in Europa rund 20 Millionen Besucher in die Kinos lockte. Tatsächlich handelt es sich bei Es ist zu deinem Besten aber um ein Remake eines anderen europäischen Hits, genauer der spanischen Komödie Es por tu bien, die vor einigen Jahren daheim ein größerer Erfolg wurde, im Ausland aber wenig Beachtung fand. Warum also nicht gleich eine eigene Fassung daraus machen? Schließlich hat man hierzulande mit Das perfekte Geheimnis und Der Vorname beste kommerzielle Erfahrungen gemacht mit der Neuverfilmung europäischer Kassenschlager.
Ein gut aufgelegtes Ensemble
Ob Es ist zu deinem Besten tatsächlich zu einem ähnlichen Geldregen führen wird, bleibt abzuwarten. Das Szenario ist zumindest weniger markant, als es bei den anderen Eurotiteln der Fall war. Dass Väter den Partnern ihrer Töchter mindestens misstrauisch gegenüber stehen, ist schließlich kein besonders seltenes Phänomen. Das Szenario wie auch die Reaktionen der drei Herren kommen einem reichlich bekannt vor, sei es nun aus fiktiven Werken oder eigenen Erfahrungen. Aber das muss ja nicht automatisch bedeuten, dass man damit keinen Spaß haben kann. Der Film ist sogar über weite Strecken unterhaltsam.
Das liegt jedoch weniger an einem cleveren Drehbuch als vielmehr der Spielfreude der Darsteller. Wobei die Rollen dabei sehr unterschiedlich verteilt sind. Die dankbarsten haben größtenteils die Herren abbekommen. Gerade das Zusammenspiel von Lauterbach, Vogel und Sözer funktioniert prima als Schwäger, die als toxische Schicksalsgemeinschaft auftreten und bei ihren Intrigen völligen Blödsinn machen. Aber auch Matschenz und Pietschmann haben als Weltverbesserer bzw. Womanizer einige komische Momente, die vor allem in den starken Kontrasten begründet sind. Die Frauen selbst sind hingegen zu normal, um inmitten dieses geballten Wahnsinns noch hervorzustechen. Sowohl die Töchter wie auch die Ehefrauen werden, obwohl integraler Bestandteil des Films, zu Nebenfiguren degradiert.
Eskalation ohne Risiko
Das größte Manko von Es ist zu deinem Besten ist aber, dass hier so sehr auf Nummer sicher gegangen wird. Wenn die Männer anfangen zu integrieren und Pläne zu schmieden, hätte das gern mit mehr Biss geschehen dürfen. Böser sein dürfen. Vor allem zum Ende hin wird dann doch ein bisschen arg auf Wohlfühlerlebnis gemacht, ohne dass viel dafür getan wird. Die obligatorische Annäherung der Männerkonstellationen findet statt, weil es die Konventionen so wollen und das Publikum ein bisschen beseelt aus dem Kino geschickt werden soll. Natürlich aus den Ereignissen heraus ergibt sich das Ganze hingegen nicht, der Film gibt sich gar nicht die Zeit, tatsächliche Bindungen aufzubauen, weder zwischen Väter und Schwiegersöhnen, noch untereinander.
Aber auch wenn man aus der Konstellation und dem begabten Ensemble sicherlich noch mehr hätte machen können, das neueste Werk von Regisseur Marc Rothemund (Dieses bescheuerte Herz, Mein Blind Date mit dem Leben) ist eine nette Komödie zwischen Alltag und Eskalation, bei denen Herren im fortgeschrittenen Alter sich wie Kinder aufführen dürfen. Das geht dann vielleicht nicht mit einem Erkenntnisgewinn einher, das Plädoyer für mehr Offenheit und Akzeptanz hätte dafür etwas zwingender ausfallen müssen. Aber manchmal reicht es auch, knapp zwei Stunden abzuschalten und die chaotische Welt da draußen durch eine noch chaotischere auf der Leinwand zu ersetzen.
OT: „Es ist zu deinem Besten“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Marc Rothemund
Drehbuch: Hans Rath, Felix Starck
Musik: Andrej Melita
Kamera: Philip Peschlow
Besetzung: Heiner Lauterbach, Jürgen Vogel, Hilmi Sözer, Janina Uhse, Lisa-Marie Koroll, Lara Aylin Winkler, Junis Marlon, Jacob Matschenz, Andreas Pietschmann, Lisa Maria Potthoff, Inka Friedrich, Marie-Lou Sellem
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