In den Jahren 1918 bis 1922 war Charlie Chaplin unter Vertrag bei First National Exhibitors’ Circuit, eine Produktionsfirma, die dem Star einen Vertrag anbot, zu dem Chaplin wohl nicht Nein sagen konnte. Nicht nur konnte er in Los Angeles sein eigenes Studio bauen, er erhielt auch das stattliche Gehalt von einer Million US-Dollar für insgesamt acht Filme, über die er totale künstlerische Kontrolle hatte. Während er gleichzeitig an seinem Regiestil feilte sowie an der von ihm etablierten Figur des Tramp entschloss sich Chaplin mit Shoulder Arms, oder Gewehr über!, wie der deutsche Titel lautet, eine Geschichte über den Ersten Weltkrieg zu drehen. Selbst engste Freunde hatten Zweifel an dem Vorhaben mit den Mitteln der Komödie über die Gräuel des Krieges zu erzählen, doch letztlich gelang es Chaplin diesen schwierigen Balanceakt zu vollziehen, was ihm sogar Lob seitens einiger Kriegsheimkehrer einbrachte.
Die Geschichte von Gewehr über! handelt von Charlie (Charlie Chaplin), der als Rekrut in ein Ausbildungslager und zuletzt an die Front nach Frankreich kommt. Schon während der Grundausbildung bekommt er immer wieder Schwierigkeiten, vor allem wegen seines komischen Ganges und seiner Tollpatschigkeit, die ihm auch in den Schützengräben das ein oder andere Mal zum Verhängnis wird und für Irritation unter den anderen Soldaten sorgt. Dennoch behauptet sich Charlie als Soldat, wird sogar als Kriegsheld gefeiert, weil es ihm gelingt, eine ganze Reihe deutscher Soldaten gefangenzunehmen während eines Angriffs. Als er dann den Befehl bekommt, den Feind auszuspionieren, begibt sich der Soldat mitten in von der deutschen Wehrmacht kontrollierten Gebietes und muss nachher nicht nur das Leben eines Kameraden versuchen zu retten, sondern auch eines französischen Mädchens (Edna Purviance), das den deutschen Soldaten in die Hände gefallen ist.
Slapstick im Schützengraben
Innerhalb von Chaplins Werk kann man einen Film wie Gewehr über! durchaus als eine Art Übungsstück zu dem späteren Meisterwerk Der große Diktator betrachten. Stets balanciert das Drehbuch Chaplins zwischen dem Ernst und dem Grauen des Krieges und dem Slapstick, welcher sich aus der Situation ergibt. Wenn sich Charlie als Soldat den Weg zu seinem Schlafplatz durch den hoffnungslos überfluteten Schlafraum freikämpft sowie mit diversen anderen Missverständnissen und Hindernissen kämpft, versucht er, wie seine Kameraden auch, das Beste aus einer schlimmen Situation zu machen. Genau wie sie trotzt er der Lage immer wieder kleine Momente der Heiterkeit und der Menschlichkeit ab, beispielsweise, wenn ihm ein anderer Soldat aus Mitleid über Charlies unglückliche Miene ein Stück seines Kuchens anbietet.
Auch wenn er zur Übertreibung neigt, ist der Witz nie geschmacklos. So steigert sich der von Chaplin gespielte Soldat in eine Heldenfantasie hinein, einem naiven Narrativ, nach dem man sich über den Schrecken des Krieges erheben und diesen hinter sich lassen kann. Die Fantasie und die Komik erheben sich in diesem Moment über die schreckliche Wirklichkeit, so wie es nur das Kino kann und jemand mit dem richtigen Gespür für Timing wie es Charlie Chaplin immer wieder bewies.
OT: „Shoulder Arms“
Land: USA
Jahr: 1918
Regie: Charlie Chaplin
Drehbuch: Charlie Chaplin
Kamera: Roland Totheroh
Besetzung: Charlie Chaplin, Edna Purviance, Sydney Chaplin, Jack Wilson, Henry Bergman, Albert Austin
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