Sie sind die großen Beschützer des Landes: die Drachen. Doch die majestätischen Gestalten, die zu einem festen Bestandteil der Kriegsführung geworden sind, sind durchaus verwundbar. Genauer sind es ihre Zähne, die für sie eine Schwachstelle darstellen, sind diese doch anfällig für Bakterien. Um die Zähne und damit die Drachen zu schützen, reisen spezielle Drachen-Zahnärzte mit, die nach dem Rechten sehen. Nonoko ist eine dieser Zahnärztinnen und hat ihr Wohl der Durchführung dieser Zahnpflege gewidmet. Als es eines Tages zu heftigen Kämpfen mit dem Nachbarland kommt, entdeckt sie zu ihrer Überraschung einen bewusstlosen jungen Mann zwischen den Zähnen, der sich als Soldat des Feindes herausstellt und vom Drachen wiederbelebt wurde. Nun einer der ihren, müssen die beiden in Folge eine Reihe gefährlicher Abenteuer durchstehen …
In Japan nutzt man ganz gerne mal Anime-Figuren als Werbemaskottchen für Produkte und Dienstleistungen, die so gar nichts mit Animes zu tun haben. Das können Geschäfte sein, die Bahn, auch an Arztpraxen hat man sie schon gesehen. Aus diesem Grund liegt der Verdacht nahe, es handele sich bei The Dragon Dentist um eine Promoaktion, welche den Menschen das Zähneputzen näherbringen soll. Denn wenn hier nicht fleißig Zahnpflege betrieben wird, drohen nicht einfach ein paar Wehwehchen und rotes Zahnfleisch. Vielmehr kann dies schreckliche Monster zur Folge haben und die ganze Menschheit in eine Katastrophe stürzen. Denn wie sollen wir Krieg führen, wenn der Drache ausfällt?
Ein Kurzfilm mit Folgen
Tatsächlich liegen die Wurzeln von The Dragon Dentist aber woanders. Zugrunde liegt ein Kurzfilm aus dem Jahr 2014, der im Rahmen der Japan Animator Expo gezeigt wurde, einem von Hideaki Anno (Neon Genesis Evangelion) initiierten Projekt, welches Nachwuchsanimatoren die Möglichkeit geben sollte, sich einem internationalen Publikum zu präsentieren. Genauer handelt es sich sogar um den ersten Kurzfilm, der dort gezeigt wurde. Der erfreute sich offensichtlich so großer Beliebtheit, dass einige Jahre später ein zweiteiliges TV-Special folgte, das nun zu einem Spielfilm zusammengeschnitten auch bei uns erscheint.
Dass es sich hierbei um einen erweiterten Kurzfilm handelt, merkt man dem Endprodukt durchaus an. Wie so oft in einem solchen Fall tat man sich ein bisschen schwer damit, eine grundsätzliche Idee entsprechend auszubauen. Es ist dann eben doch ein Unterschied, ob ein interessantes Szenario nur wenige Minuten füllen muss oder ganze 90. Wobei es gar nicht mal so ist, dass es hier nicht genug Stoff gibt. Vielmehr kämpft man etwas mit der Aufgabe, eine durchgängige Geschichte zu erzählen, die einem klaren roten Faden folgt. Stattdessen gibt es hier ein ganzes Füllhorn aus Einfällen und Themen, die irgendwie miteinander verbunden werden, mal zum Nachdenken anregen sollen, mal auch nur reine Unterhaltung sind, einen am Ende verwundert zurücklassen, was genau das eben war.
Zwischen Existenzialismus, Krieg und Groteske
Die ursprüngliche Attraktion stellt dabei natürlich das besagte Szenario dar, eine bizarre Abwandelung der symbiotischen Beziehungen, die es im Tierreich gibt. Wenn Menschen die Zähne von Drachen schrubben, dann erinnert das an vergleichbare Bilder rund um Haie und die kleinen Putzerfische, welche sie von Parasiten befreien. Das geht aber nicht mit einer naheliegenden ökologischen Aussage einher. Stattdessen gibt es dann Überlegungen zum Krieg und zur menschlichen Natur, moralische Ambivalenz, wenn Gewalt und Frieden kaum voneinander zu trennen sind. Ein wichtiger Punkt ist auch der Fatalismus, wenn die Frage eines selbst bestimmten Todes aufkommt. Sind wir Teil eines großen Getriebes? Können wir unser eigenes Schicksal entscheiden? Sollten wir es überhaupt können?
Aber selbst wer nicht über das alles nachdenken mag, kann mit The Dragon Dentist seinen Spaß haben. Gerade die visuelle Ausgestaltung des Studios Khara trägt dazu bei, dass keine Langeweile auskommt. Die Animationen sind flüssig, die Designs prägnant – vor allem die grotesk-unheimlichen Bakterienmutationen, die in einem Horrorfilm nicht fehl am Platze wären. Auch in den Actionszenen, die gerade später zunehmen, gibt sich der Anime keine Blöße. Trotz allem herrscht schließlich Krieg. Das spannende Setting des Zweiteilers und die ungewöhnlichen Einfälle würden sich sogar für mehr anbieten, für eine tatsächliche Serie beispielsweise. Aber auch als in sich geschlossenes Einzelwerk ist die Filmvariante bemerkenswert.
OT: „Ryū no Haisha“
Land: Japan
Jahr: 2017
Regie: Kazuya Tsurumaki
Drehbuch: Ōtarō Maijō, Yōji Enokido
Musik: Hiroshi Nakamura, Tomisiro
Animation: Khara
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