Liu Lu (Liu Lu) arbeitet auf einer Wildfarm auf dem Land und lebt ein eher zurückgezogenes Leben, welches aus der täglichen Arbeitsroutine besteht, von der sie kaum abweicht. Als am Neujahrsabend eines der Tiere durch ein Loch im Maschendrahtzaun ausbricht, geht sie zu ihrem Boss, gesteht diesem, was geschehen ist und ist bereit, die volle Verantwortung zu tragen. Der will davon aber nichts hören, versucht sie zu beruhigen und rät ihr, den Abend zu feiern und sich keine Sorgen mehr zu machen. Während sie sich also daheim auf einen weiteren ruhigen Arbeit vor dem Fernseher vorbereitet, erhält sie unerwartet Besuch von Ma Hai (Ziyi Wang), einem alten Freund und Geliebten, der sie nicht nur auf andere Gedanken bringen will, sondern die junge Frau endlich von diesem eher eintönigen Leben befreien will. Jedoch verschließt sich Lu Ha gegenüber, der immer frustrierter wird. Schließlich gibt Ma Hai auf, nicht ohne Lu aber noch zu sagen, er leide wahrscheinlich an einer schlimmen Krankheit. Auf ihre Nachfrage hin, erzählt er ihr, er habe seit geraumer Zeit seltsame Visionen von einer Art Parallelwelt, in der ein „anderer“ Ma Hai mit einer „anderen“ Liu Lu eine ähnliche Beziehung hat, ihre Leben aber eine ganz andere Richtung eingeschlagen haben. Als er nun beginnt von diesem „anderen“ Leben zu berichten, wird beiden klar, dass es sich hier keinesfalls um eine Vision oder einen Traum handelt, sondern diese anderen Versionen von ihnen sowie deren Leben echt Konsequenzen für ihre Wirklichkeit haben.
Die Rollen, die wir spielen
Sowohl Zhang Chong als auch Zhang Bo sind Absolventen der Pekinger Filmakademie und haben sich für ihren ersten gemeinsamen Spielfilm sowohl von der Idee der vierten Wand im Theater inspirieren lassen, welche eine imaginäre Grenze zwischen Publikum und Darsteller definiert. The Fourth Wall, der auf dem diesjährigen Chinesischen Filmfest in München gezeigt wird, wurde bereits im letzten Jahr bei den Filmfestspielen in Shanghai mit dem prestigeträchtigen Asia New Talent-Preis ausgezeichnet. In diesem erzählen die beiden Regisseure von Beziehungen, der Rolle des Schicksals in unserem Leben und über unterschiedliche Lebenswege sowie deren Verknüpfungen zu unserer Wirklichkeit.
In einem Film, der den Titel The Fourth Wall trägt, spielt die Bühne und das Theater an sich naturgemäß eine zentrale Rolle. Innerhalb einer Szene, die auf einer solchen Bühne stattfindet, erschließt sich dem Zuschauer nach und nach das teils sehr komplexe Konstrukt von Zeit- und Wirklichkeitsebenen, welches die beiden Filmemacher in ihrer Geschichte geschaffen haben und zwischen denen sie oft wechseln. Immer wieder äußern Ma Hai wie auch Liu Lu Zweifel über ihre derzeitigen Rollen, wie sie diese ausfüllen und zu welchem Ziel die diese geführt haben: zu einer teils glücklosen Existenz geprägt von Routine, Einsamkeit und Außenseitertum. Gerade Ma Hai spricht die Sehnsucht nach diesem „anderen“ Leben an, welches letztlich nicht nur an den Wechsel des Wohnortes geknüpft ist, sondern mit der Veränderung hin zu einem komplett anderen, erfüllteren Leben.
Was zunächst wie ein Beziehungsdrama anmutet, entpuppt sich schnell als eine Geschichte darüber, warum wir uns mit bestimmten Rollen und Narrativen für unser Leben abfinden oder ob wir eine Möglichkeit haben diese zu verändern. Die Motive des Wildtiers, welches entkommen konnte, sowie die Idee des Verreisens an einen sehr fernen Punkt auf der Welt, dienen den Regisseuren als Betonung dieses tiefen menschlichen Bedürfnisses, sein Leben verändern zu wollen.
Die Mauer durchbrechen
Diese verschiedenen Ebenen ihres Filmes verknüpfen die beiden Filmemacher oft sehr raffiniert und sehr kunstvoll. Für ihre Figuren zeigt sich dieses andere Leben ähnlich der Darstellung von Schauspielern auf der Bühne, von denen man durch bestimmte Konventionen getrennt ist, die aber in der Kunst über Bord geworfen werden, sodass man sich bisweilen mit der „anderen“ Person verbindet. In diesem Zusammenhang spielt die Kameraarbeit von Zhao Longlong und Saba Mazloum eine besondere Rolle, welche nicht nur die Verschiedenartigkeit der beiden narrativen Ebenen hervorhebt, sondern auch dem kammerspielhaften Charakter der Inszenierung in die Hände spielt.
OT: „Di si mian qiang“
Land: China
Jahr: 2019
Regie: Zhang Chong, Zhang Bo
Drehbuch: Hao Qi, Zhang Bo
Musik: Tao Liu
Kamera: Zhao Longlong, Saba Mazloum
Besetzung: Lu Liu, Ziyi Wang
Chinesisches Filmfest München 2020
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