Antisocial – Alles andere als ein normaler Virus!
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Antisocial – Alles andere als ein normaler Virus!

Kritik

Antisocial – Alles andere als ein normaler Virus!
„Antisocial – Alles andere als ein normaler Virus!“ // Deutschland-Start: 21. Februar 2014 (DVD/Blu-ray)

Nachdem ihr Freund mit ihr per Videochat Schluss gemacht hat, gefolgt von der obligatorischen Änderung seiner Beziehungsstatus auf der populären Social-Media-Seite The Social Redroom, hofft Sam (Michelle Mylett) auf ein wenig Ablenkung auf der Silvesterfeier ihres besten Freundes Mark (Cody Ray Thompson). Dies scheint auch zunächst zu funktionieren, auch wenn die Teilnehmerzahl etwas überschaubar ist, denn die Studenten tanzen wild, trinken und füttern ihre Profile auf The Social Redroom fleißig mit diversen Selfies und Posts. Jedoch schlägt die Stimmung schon bald um, als sie im Fernsehen von einigen mysteriösen Gewaltakten und Selbstmorden in ihrer Umgebung erfahren. Die eindringliche Warnung des Nachrichtensprechers, zu Hause zu bleiben und sich zu verbarrikadieren, schenken sie zunächst wenig Beachtung, doch nachdem sie mit Mühe und Not die Attacke eines Mannes abwehren können, der wild um sich schlägt, werden mit Brettern und Nägel schnell alle Fenster verrammelt. Doch damit ist das Virus, welches sich in Windeseile in der ganzen Welt verbreitet, noch lange nicht eingedämmt, denn, wie sie bald am eigenen Leibe erfahren, verbreitet es sich über das Internet, genauer über The Social Redroom. Neben Nasen- und Ohrenbluten sind Halluzinationen eine Begleiterscheinung der Krankheit, die am Ende den Infizierten tollwütig macht und ihn alle anderen in seiner Umgebung angreifen lässt.

Die totale Vernetzung
Mit dem Horrorfilm Antisocial legte der kanadische Regisseur Cody Calahan 2013 sein Spielfilmdebüt vor, auf welches er bereits zwei Jahre später eine Fortsetzung folgen ließ. Der Streifen, der unter anderem auf dem Fantasia Film Festival 2013 lief, versteht sich in der Tradition des Paranoia-Horrors, der in den 1970er Jahren mit Werken wie Philip Kaufmans Die Körperfresser kommen seinen Höhepunkt feierte. Calahan gelingt ein minimalistischer Film, der thematisch auf die Gefahren der globalen Vernetzung hinweist und dabei auf Aspekte verweist wie das Abnehmen der Empathie und das Entstehen von Verschwörungstheorien.

Die Vernetzung ist zu einem Element unseres Alltags geworden und damit auch der Figuren von Antisocial. Schon nach wenigen Minuten meint man sich in einer Verfilmung jener medienkritischen Essays aus der Feder Neil Postmans zu finden, der auf das Fernsehen bezogen jene Befürchtungen der Unterhaltungssucht und Verrohung der Konsumenten kundtat, wie sie nun in Cody Calahans Film sich zeigen. Schon nach wenigen Minuten wird man Zeuge einer ganzen Palette dieser Aspekte, vom Abnehmen der Aufmerksamkeitsspanne der Menschen wie auch dem Abnehmen der Empathie und anderer Umgangsformen. Die Erklärung, man könne doch einmal andere Leute treffen, folgt auf ein völlig komplementäres Gespräch, bei dem ihr Freund auf Sams Fragen gar nicht erst eingeht und die eigentliche Wahrheit sich hinter Ausflüchten verbirgt, da man sich ja, wie im Medienzeitalter üblich, alle Möglichkeiten offen halten möchte. Die Verwandlung zu einem gefühllosen Tobsüchtigen, der sich, wie der Titel bereits anzeigt, völlig seinen asozialen Tendenzen hingibt, tötet und mordet ist in der Logik des Genres nur folgerichtig.

Immer wieder verweist der Film erzählerisch wie auch ästhetisch auf die Vernetzung der Welt und deren fatalen Folgen. Die Einblendung von Nachrichten sowie Bildern in The Social Redroom ist nicht nur ein rein visuelles Gimmick in Antisocial, sondern zeigt die Ich-Obsession der Nutzer, die gefährlichen Suchterscheinungen und die Gefallsucht, welche sich im Aufbau eines neuen, digitalen Ichs niederschlägt. Dieses ist vernetzt in einem großen digitalen Kollektiv, einer Art Kult, wenn man so will oder der Darstellung Calahans folgt, der in den Halluzinationen der Figuren das Virus als eine Gruppe Menschen zeigt, die ihr neues Opfer auffordert, sich ihnen anzuschließen.

Das Kollektiv des Virus
Dies ist dann auch das prägende Bild in Antisocial, der den modernen Konflikt als einen der Ideologie des Individualismus und des Kollektivs sieht. Wie in dem Episodenhorror The Signal (2007) oder in Stehen Kings Puls dient das Kollektiv der allgemeinen Flucht vor der analogen Welt, strebt die totale Vernetzung an und die Erstürmung des Bewusstseins. Durch die bereits entstandenen Verbindungen durch die sozialen Netzwerke wird das Virus unbesiegbar und die Menschheit kann nur noch der Zersetzung ihrer Strukturen zusehen, die gleichsam abhängig von jener Vernetzung sind. Dies ist die Quelle des Horrors in Antisocial, vielleicht noch viel mehr als die Gewaltszenen, und bleibt zumindest länger im Gedächtnis als die farb- und damit belanglose Liebesgeschichte, die man irgendwie noch in die Geschichte mit einweben wollte.

Credits

OT: „Antisocial“
Land: Kanada
Jahr: 2013
Regie: Cody Calahan
Drehbuch: Chad Archibald, Cody Calahan
Musik: Steph Copeland
Kamera: Jeff Maher
Besetzung: Michelle Mylett, Cody Ray Thompson, Adam Christie

Bilder

Trailer

Filmfeste

Fantasia Film Festival 2013
Sitges 2013

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„Antisocial“ ist ein Horrorfilm über die Gefahren sozialer Medien und der allgemeinen Vernetzung. Erzählerisch minimalistisch und thematisch interessant zeigt sich das Spielfilmdebüt Cody Calahans, auch wenn ihn die Konventionen, die seine Geschichte daran hindert, aus der Masse wirklich herauszustechen.
6
von 10