Bon Voyage Ein Franzose in Korea
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Bon Voyage – Ein Franzose in Korea

Kritik

Bon Voyage
„Bon Voyage – Ein Franzose in Korea“ // Deutschland-Start: 24. September 2020 (DVD)

So richtig Grund zum Klagen hat Stéphane (Alain Chabat) eigentlich nicht. Er führt ein gut gehendes, traditionsreiches Restaurant im Baskenland, das er von seinem Vater geerbt hat. Die Scheidung von seiner Frau hat er ebenfalls unbeschadet überstanden, die Beziehung zu seinen beiden inzwischen erwachsenen Söhnen ist gut. Und doch, irgendwas fehlt in seinem Leben. Per Zufall lernt er die deutlich jüngere Soo (Doona Bae) im Internet kennen, die in Südkorea lebt und Bilder malt. Immer wieder haben die beiden Kontakt, Stéphane fühlt sich endlich wieder inspiriert. So inspiriert, dass er eines Tages spontan beschließt, nach Südkorea zu fliegen und sie zu besuchen – ohne zu ahnen, was er damit anrichten wird …

Vor einigen Wochen zeigte Master Cheng in Pohjanjoki, wie ein chinesischer Chefkoch nach Finnland fährt und mit seinen fremden Gerichten die Menschen vor Ort bewegt. Zumindest anfangs sieht es so aus, als könnte Bon Voyage – Ein Franzose in Korea in eine ganz ähnliche Richtung gehen, nur eben mit vertauschten Vorzeichen: Ein europäischer Chefkoch reist nach Fernost, im Gepäck Rezepte und Konzepte, die dort keiner kennt. Die Geschichte läuft dann aber doch etwas anders. Zwar gibt es eine Art kulturellen Austausch, der auch mit Culture-Clash-Elementen einhergeht, das Ergebnis ist aber kaum zu vergleichen.

Verloren in der Fremde
Der Hauptgrund: Die anfangs irgendwie implizierte Annäherung zwischen den beiden Menschen findet nicht statt, weder romantisch noch anderweitig. Stattdessen erzählt Regisseur und Co-Autor Éric Lartigau, wie der von Soo vorgeführte Stéphane in der Fremde gestrandet ist, tagein, tagaus durch den Flughafen streift, auf der Suche nach Anschluss. Die filmischen Assoziationen liegen auf der Hand. Statt der obigen Wohlfühl-Tragikomödie bieten sich vielmehr Lost In Translation – Zwischen den Welten und Terminal an, wenn ein einsamer Mann im fortgeschrittenen Alter in einer fremden Kultur und einem Flughafen feststeckt und im übertragenen Sinn nach einem Ausgang sucht.

Überhaupt hat Bon Voyage – Ein Franzose in Korea viel mit Suchen zu tun. Aber es geht mehr um eine innere Suche, die zugleich eine Sinnsuche ist. Ein Mann, der immer das getan hat, was andere getan haben und was von ihm erwartet wurde, entdeckt auf einmal, dass da draußen noch eine ganz andere, größere Welt auf ihn wartet – was für ihn bedeutet, das Bekannte erstmals in Frage zu stellen. Also eine Art Midlife-Crisis, nur eine etwas spätere als sonst. Aber es bedeutet auch Zustimmung zu finden, Mut zu machen, dass man immer etwas Neues starten und sich selbst entdecken kann. Die französische Produktion steht damit in einer Reihe mit den zahlreichen Filmen der letzten Jahre, die von dem späten Aufblühen von Senioren und Seniorinnen handeln.

Eine schöne Aufmunterung
Auf gewisse Weise ist Bon Voyage – Ein Franzose in Korea dann auch ein Wohlfühlfilm. Dazu tragen neben den aufmunternden Tönen auch die sehr schönen Aufnahmen aus Südkorea bei, die zuweilen etwas von einem Reisefilm haben und dann schon mal mehr Aufmerksamkeit bekommen als der Inhalt. Ohnehin: Die ganz großen Erkenntnisse sollte man sich von dem Film nicht erwarten. Dafür bleiben Lartigau und sein Co-Autor Thomas Bidegain, die zusammen schon an der Hitkomödie Verstehen Sie die Béliers? gearbeitet haben, doch zu sehr an der Oberfläche. Schade ist in der Hinsicht, dass die Familie von Stéphane zwar immer wieder im Spiel ist, dabei aber keine wirklichen Konturen gewinnt.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Bon Voyage – Ein Franzose in Korea nichts zu sagen hätte. Neben dem Aspekt des kulturellen Unverständnisses, wenn Stéphane und Soo trotz vermeintlicher Seelenverwandtschaft Probleme in ihrer Kommunikation erleben, geht es auch um das Thema, wie das Äußere und das Innere eine ziemliche Diskrepanz aufweisen können. Instagram-Nachrichten werden als Wahrheit verkauft, vor anderen und ein bisschen vor sich selbst, vieles wird nicht ausgesprochen, in der Annahme, es wäre auch so klar. Die Aufmunterung zur Selbstsuche, sie ist deshalb gleichzeitig eine Aufmunterung zu einer Öffnung anderen gegenüber und eines Austausches, der mehr als schöne Bilder bedeutet.

Credits

OT: „#JeSuisLà“
Land: Frankreich, Belgien
Jahr: 2019
Regie: Éric Lartigau
Drehbuch: Éric Lartigau, Thomas Bidegain
Musik: Evgueni Galperine, Sacha Galperine
Kamera: Laurent Tangy
Besetzung: Alain Chabat, Doona Bae, Blanche Gardin, Ilian Bergala, Jules Sagot, Camille Rutherford, Delphine Gleize

Bilder

Trailer

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In „Bon Voyage – Ein Franzose in Korea“ verschlägt es einen französischen Chefkoch nach Südkorea, wo er eine Seelenverwandte zu treffen hofft. Der Film verarbeitet darin eine Reihe von Themen, von Culture Clash über Internet-Phänomen bis zu der Suche nach einem Sinn im Leben. Das wird zwar nie so wirklich tiefgründig, ist aber doch schön.
7
von 10