Charlotte Perriand – Eine französische Architektin in Japan 1940-1942

Charlotte Perriand. Eine französische Architektin in Japan 1940–1942

Kritik

Charlotte Perriand – Eine französische Architektin in Japan 1940-1942Im Frühjahr 1940 folgt die französische Architektin Charlotte Perriand der Einladung des japanischen Staates, als Beraterin für Kunst und Kunsthandwerk beim Ministerium für Handel und Industrie zu arbeiten. In ihrer Heimat hat sich die junge Frau durch ihre Arbeit unter dem berühmten Le Corbusier einen Ruf in der Branche gemacht und stieg gar als eine Art „recht Hand“ des Architektenstars auf. Schon lange bevor sie die Überfahrt nach Japan antritt, beschäftigt sich Perriand mit der japanischen Architektur, liest die Werke fernöstlicher Philosophen und macht sich mit den verschiedenen Facetten des Kunsthandwerks vertraut. Bei ihrer Ankunft lernt sie dank ihres Assistenten schnell die japanische Kultur, die Landschaft und vor allem die Küche sehr zu schätzen.

Bei ihrem ersten Termin im Ministerium mit ihren Vorgesetzten wird diesen jedoch sofort klar, dass mit der Einstellung Perriands ein anderer Wind weht. Die gängigen, nach westlichem Muster gefertigten Produkte wie Vasen oder Teekannen findet sie hässlich und hält mit ihrer Kritik nicht zurück. Als „Französin“ belächelt, die erst noch ihren Platz finden muss, kommt Perriand auf einen kühnen Gedanken, denn sie will mittels einer Ausstellung die aktuelle, dem Westen verschriebenen Produkte mit neuen, nach traditionellen Mustern Objekten gegenüberstellen. Ihr Plan ist riskant, stößt aber nach einiger Zeit bei ihrem Assistenten wie auch bei den Studenten, die sie begleiten, auf sehr viel Anklang.

Technik und Harmonie
In seinem neuen Comic setzt der im Irak geborene Zeichner und Autor Charles Berberian der Architektin und Möbeldesignerin Charlotte Perriand ein Denkmal. Im Gegensatz zu manch anderen Projekten, die sich gleich dem ganzen Leben einer Person widmen, konzentriert sich Berberians Geschichte auf die Zeit Perriands in Japan, die in vielerlei Hinsicht bezeichnend für die Künstlerin war und zudem sehr ertragreich. Noch heute gelten einiger der von ihr entworfenen Möbelstücke in Japan als Klassiker und erfreuen sich hoher Beliebtheit. Abgerundet wird der Comic durch sein ausführliches Interview Berberians mit Pernette Perriand, die Tochter Charlotte Perriands, welche 1944 zur Welt kam.

Was in manch anderer Geschichte der Kampf um Geltung innerhalb einer Männerdomäne ist, gestaltet sich in Berberians Comic erfrischend anders. Bereits mit einem gewissen Ruf ausgestattet, befasst sich seine Charlotte Perriand höchstens am Rande mit chauvinistischem Geschwätz oder anderen Vorbehalten, für die sie bei ihrer Arbeit keine Zeit hat. Viele ihrer Sätze wirken wie in Stein gemeißelt, betonen die Prinzipien ihres Schaffens, die Harmonie, welche sie in ihrer Arbeit sucht wie auch die Vision, der sie bei ihren Entwürfen folgt. Diese Sicht auf Perriand bei der Arbeit, die sich nicht lange mit anderen Belangen beschäftigt, ist der beste Aspekt Berberians Comic.

Etwas Mögliches vollenden
Interessant ist hierbei vor allem der zeitliche Kontext. Monate vor dem Anschlag auf Pearl Harbour, der Japan in den Zweiten Weltkrieg stürzte, wird in einem ganz anderen Bereich bereits über eine neue Welt gesprochen, einen Neuanfang, der an der Tradition orientiert in die Zukunft blickt. Gerade bei den nationalistisch eingestellten Politikern und Funktionären stößt jemand wie Charlotte auf Misstrauen, obwohl sie an die Vergangenheit, das, was bereits vorhanden ist, was schön und gut ist, anknüpft. Dies mündet in der viel beachteten Ausstellung zu dem Thema „Selektion, Tradition, Kreation“, in der sie ihre neuen Designs vorstellt, ihre Position klarstellt und „etwas Mögliches vollendet“, wie sie es an einer Stelle im Comic sagt.

Credits

OT: „Charlotte Perriand“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Texte: Charles Berberian
Zeichnung: Charles Berberian

Bilder

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„Charlotte Perriand. Eine französische Architektin in Japan 1940–1942“ ist das Porträt einer Künstlerin, die mit ihren Kreation mit der „alten Welt“ aufräumte, Tradition mit der Moderne verband. Neben den schönen Aquarellzeichnungen bleibt besonders jenes Bild Perriands vor Augen, die in ihrer Arbeit aufgeht, ihrer Erfüllung in dieser findet und mit voller Leidenschaft Künstlerin ist.
4.5