Die Corona-Pandemie hat unser Leben dieses Jahr zumindest in großen Teilen auf den Kopf gestellt, wie jeder schmerzhaft feststellen musste. Als wäre es nicht schon schlimm genug, in der Angst leben zu müssen, einen potenziell tödlichen Virus einzufangen. Viele Bereiche des öffentlichen Lebens wurden reduziert oder gar ganz eingestellt. Am schlimmsten war natürlich der Lockdown im Frühjahr 2020, als die Menschen nicht mehr ihre Wohnungen verlassen durften. Das betraf auch die Kino- und TV-Branche. Nicht nur, dass die Lichtspielhäuser geschlossen werden mussten. Es gab zudem keine Möglichkeit, neue Filme und Serien zu drehen.
Liebe. Jetzt! war gleich in doppelter Hinsicht die Reaktion auf diese Phase. Die sechs Folgen der TV-Serie spielten nicht nur während des Lockdowns, sondern wurden so auch gedreht. Da es keine Sets im eigentlichen Sinn mehr gab, filmten Schauspieler und Schauspielerinnen sich einfach selbst, während aus der Ferne Regieanweisungen mitgegeben wurden. Entsprechend spärlich ist die Optik. Meistens sieht man eine oder mehrere Personen, die auf der Couch sitzen, am Essenstisch, manchmal auch im Bett liegen und von dort aus versuchen den Kontakt zur Außenwelt zu halten.
Schwierige Gefühle auf engem Raum
Das sprach dem Publikum natürlich von der Seele, das auf diese Weise die Bestätigung bekommt: Anderen geht es gerade genauso beschissen. Aber auch inhaltlich gab man sich betont nahbar, indem eben keine großen Geschichten erzählt werden, sondern solche, wie sie sich zeitgleich wohl überall abspielten – mal mehr, mal weniger. Plötzlich Paar mit den auch im wahren Leben liierten Jürgen Vogel und Natalia Belitski zeigten zwei Menschen, die irgendwie noch gar nicht so richtig als Paar gefestigt sind, Therapie in Anspruch nehmen wollten, dann aber eiskalt vom Lockdown überrumpelt wurden und nun aufeinander hocken.
Bei Ja, nein, vielleicht? und Nachtschwärmer geht es vielmehr um Gefühle, die noch im Entstehen sind und die Schwierigkeiten, aus dem Virtuellen etwas Echtes zu machen. Das ist etwas, bei dem gerade das jüngere Publikum – die Serie wurde für ZDF Neo produziert – viele Anknüpfungspunkte findet. Diese Herausforderung des modernen Datings sind natürlich völlig losgelöst von der Corona-Thematik. Sie wurden aber dadurch weiter verstärkt, wenn die reale Begegnung unmöglich wurde und im virtuellen Raum vieles dann doch noch einmal anders funktioniert. Oder eben nicht funktioniert.
Leicht überspitzter Alltag
Die restlichen Geschichten sind ebenfalls aus dem Leben gegriffen. In Der Kuss spielen Sebastian Schwarz und Maryam Zaree zwei Kolleg*innen, die sich direkt vor dem Lockdown geküsst haben und nun nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. In Was sich liebt… gehen sich Nina Gummich und Bernhard Schütz als Vater-Tochter-Gespann, das zwangsweise zusammenleben muss, tierisch auf die Nerven. Noch bitterer ist Ain’t No Sunshine: Darin verkörpern Aleksandar Jovanovic und Clelia Sarto ein Paar, das sich schon getrennt hat, der Auszug aus der gemeinsamen Wohnung aber durch den Lockdown jäh unterbrochen wurde.
Das sind alles keine aufregenden Abenteuer, sollen es auch gar nicht sein. Liebe. Jetzt! gefällt eher dadurch, dass man sich in den meisten davon gut wiederfinden kann. Wobei das eine oder andere natürlich schon überspitzt ist, etwa bei Plötzlich Paar und Was sich liebt… Schließlich will das Publikum nicht einfach nur einen Spiegel vor sich haben, sondern auch ein bisschen unterhalten werden. Und das geht nun einmal über Humor am besten. Insgesamt macht die Serie dann auch Spaß, die Folgen sind mit weniger als 20 Minuten Laufzeit schön kurz. Mehr als ein Schnappschuss aus dem Leben ist das nicht, kann es nicht sein. Als solcher ist das aber sehenswert, auch wenn das Format durch die selbst auferlegten Einschränkungen keine übermäßig große Haltbarkeit zeigt – dafür ist es zu sehr an die aktuelle Situation gefesselt.
OT: „Liebe. Jetzt!“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Pola Beck, Tom Lass
Drehbuch: Lena Krumkamp, Luisa Hardenberg, Alexander Lindh, Annette Lober, Jane Ainscough, Malte Welding
Kamera: Juan Sarmiento G., Johannes M. Louis
Besetzung: Jürgen Vogel, Natalia Belitski, Dela Dabulamanzi, Lea Zoe Voss, Leonard Scheicher, Sebastian Schwarz, Marie Burchard, Maryam Zaree, Antonia Breidenbach, Nina Gummich, Bernhard Schütz, Aleksandar Jovanovic, Clelia Sarto, Anja Karmanski, Isabel Thierauch, Kara Schröder
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