Some Kind of Heaven

Some Kind of Heaven

Kritik

Some Kind of Heaven
„Some Kind of Heaven“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Mehr als 130.000 Menschen wohnen in The Villages im amerikanischen Bundesstaat Florida. Vor knapp fünfzig Jahren entstand die Gated Community unweit der Touristenmetropole Orlando, um Rentnerinnen und Rentnern zwischen Atlantikküste und Golf von Mexiko einen Platz an der Sonne zu bieten. In der Dokumentation Some Kind of Heaven begleitet Regisseur Lance Oppenheim vier Bewohner der Anlage. Das Ehepaar Anne und Reggie, welches nach fast fünfzig Jahren Ehe vor neuen Herausforderungen in ihrem Zusammenleben steht, die Witwe Barbara, die nach dem Tod ihres Ehemannes auf der Suche nach einer neuen Bedeutung im Leben ist, und Dennis, der in einem Wohnwagen im Ort lebt und nach einer Beziehung mit einer reichen Bewohnerin strebt, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Dabei wird schnell deutlich, dass es in The Villages ebenso viele Möglichkeiten zu verbrennen gibt, wie Plätze an der Sonne vorhanden sind.

Realitätsflucht im Alter
The Villages ist eine Blase inmitten eines krisengeschüttelten Amerikas. Umzäunt und abgeschottet leben die Bewohner in fast identisch aussehenden Häusern mit saftig grünem und makellos gemähten Rasen. Sie kommen zum entschleunigen nach Florida. In Golfkarts bewegen sie sich von ihren Häusern zum Swimmingpool, zum Nagelsalon oder zum Golfplatz. Die Gated Community ist frei nach Gründer Harold Schwartz ein „Disneyworld für Rentner“. Offensichtlich vereint die Bewohner der Wunsch einer Realität zu entfliehen, die ihnen über die Jahre fremd geworden ist. In The Villages sei es so, als würde man wie damals zum Studium von zu Hause ausziehen, berichten Anne und Reggie. Zum einen würde das die Gelegenheit bieten, sich in den verschiedenen Clubs und auf den Sportplätzen neu erfinden, zum anderen stehe man auch vor der Herausforderung, in der neuen Welt der Rentner seinen Platz zu finden. Einsamkeit, Substanzmittelmissbrauch und Beziehungsprobleme sind unabhängig vom Geldbeutel und kommen in der Gated Community ebenso vor wie vor ihren Toren. Dass es im Ort keine Kriminalität und Armut gibt, schützt nicht vor anderen Problemen. Und in einer Gemeinschaft wie The Villages bleibt nichts im Verborgenen.

Interessant ausgewählte Gesprächspartner
Dass Some Kind of Heaven kein plattes Porträt eines alten, weißen und verschlossenen Amerika geworden ist, liegt auch an der brillanten Auswahl der Hauptcharaktere. Anne, Reggie, Barbara und Dennis machen nicht unbedingt die Durchschnittsbewohner von The Villages aus. Die bemerkenswerten Geschichten der Hauptpersonen könnten allesamt einen eigenen Film füllen und gewinnen vor dem Hintergrund der Gated Community an besonderer Dynamik. Zentral ist auch, dass  die Interviewten in der Dokumentation sich ihrer privilegierten Position bewusst sind und nie vergessen, dass sie sich in einer abgeschlossenen Blase befinden. Nicht alle kommen in The Villages herein und auch nicht alle sind so willkommen, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheint.

The Villages ist ein faszinierender Ort. Faszinierend ist auch die Leichtigkeit, mit der Regisseur Lance Oppenheim ihn in Some Kind of Heaven porträtiert, Satte Farben, sanfte Musik und ein bemerkenswertes Auge fürs Detail sorgen für ein immersives Erlebnis, als sei man Unterwegs auf einer Zeitreise in die 50er Jahre. Das Langfilmdebüt des erst 24-jährigen Harvard-Absolventen ist dabei das Ergebnis jahrelanger Unnachgiebigkeit. Schon zu High-School-Zeiten hatte Oppenheim der New York Times seine amateurhaften Kurzfilmaufnahmen angeboten.  Jedes mal sei er freundlich, aber bestimmt abgewiesen worden. Erst der Festivalerfolg seiner Kurzfilme habe die New York Times zum umdenken bewogen. Some Kind of Heaven ist Oppenheims mittlerweile vierte Kooperation mit der Tageszeitung. Zur Unterstützung konnte mit Produzent Darren Aronofsky (Requiem For A Dream, Black Swan, mother!) außerdem ein Hollywood-Schwergewicht gewonnen werden.

Credits

OT: „Some Kind of Heaven“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Lance Oppenheim
Drehbuch: Lance Oppenheim
Musik: Ari Balouzian
Kamera:  David Bolen

Trailer

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„Some Kind of Heaven“ ist ein besonderer Film über einen besonderen Ort in Amerika. Anhand interessanter Hauptcharaktere erfährt man mehr über die Gated Community und ihre Bewohner. Dabei umschweift die Dokumentation gekonnt Klischees und platte Darstellungen des alten, weißen Amerikas der 50er-Jahre. Präsent bleibt im optisch ansprechenden Film trotzdem das wichtige Eingeständnis, dass es sich um eine Dokumentation über die privilegiertesten Amerikaner ihrer Generation handelt.