Wir schreiben das Jahr 2084 und Douglas Quaid (Arnold Schwarzenegger) führt ein normales Leben als Bauarbeiter, ist glücklich verheiratet mit seiner Frau Lori (Sharon Stone) und sein Leben läuft auch sonst in recht geregelten Bahnen. Doch eigentlich würde er nichts lieber tun, als aus seiner Routine ausbrechen und träumt deswegen von einem Besuch, wenn nicht gar einem Leben auf einer der Marskolonien, auch wenn die Gerüchte und Nachrichten um immer neue Terroranschläge von Rebellentruppen den Planeten nicht wirklich freundlich erscheinen lassen. Zudem ist die Reise sehr kostspielig, weshalb Quaid eine Werbung der Firma REKALL Inc. sehr gelegen kommt, garantieren diese doch die „totale Erinnerung“, sprich eine Neuprogrammierung des Hirnes, sodass man Erinnerungen an Erlebnisse oder Reisen hat, ohne diese wirklich je gemacht zu haben. Darüber hinaus verspricht man Quaid eine besondere Leistung, denn nicht nur soll sich sein langgehegter Traum erfüllen, er soll zudem in die Rolle eines Geheimagenten schlüpfen, der nicht nur wilde Schießereien übersteht, sondern sich auch auf eine wilde Affäre einlässt und am Ende den Planeten rettet. Allerdings geht irgendwas bei der Prozedur schief, Quaid wird gewalttätig und muss von den Wissenschaftlern ruhiggestellt werden. Als er wieder erwacht, begibt er sich auf den Weg nach Hause, doch nun ist nichts mehr, wie es vorher war, denn nun haben sich Verfolger an seine Fersen geheftet, allen voran der brutale Richter (Michael Ironside), der behauptet, Quaid sei eigentlich ein Agent, welcher Verbindungen zum Widerstand auf dem Mars hat. Selbst Lori entpuppt sich Gehilfin Richters und nur mit Mühe und Not gelingt es Quaid zu entkommen, der zwar immer mehr Informationen über seine angeblich wahre Identität bekommt, die ihn aber immer ratloser zurücklassen. Nur ein Trip zum Mars kann ihm Klarheit verschaffen.
Der Traum von anderen Ich
Das Projekt, welches auf einer Kurzgeschichte des Science-Fiction-Autors Philip K. Dick basiert, fiel eigentlich zuerst in die Hände des kanadischen Regisseurs David Cronenberg, der allerdings wenig vor allem mit der zweiten Hälfte des Skripts anfangen konnte. Schließlich übernahm Paul Verhoeven, der in der Geschichte um den Arbeiter Douglas Quaid und dessen Identitätssuche wohl Parallelen zu seinem vorherigen Projekt Robocop bemerkte und von der Geschichte fasziniert war. Mit Total Recall – Die totale Erinnerung entstand dabei ein Film über den ewigen Traum, ein anderes Leben leben zu können, aber auch über die Reichweite des Kapitalismus, der selbst vor der Erinnerung des Menschen nicht haltmacht.
Auch wenn die Filmadaptionen, auch der von vielen gefeierte Blade Runner, sich große Freiheiten nahmen und auch nicht immer auf Gegenliebe bei Fans wie auch beim Autor selbst stießen, ist Total Recall zumindest in dem Sinne bemerkenswert, als dass er einem von Dicks zentralen Themen, nämlich dem Traum von einem anderen Leben, treu bleibt. Ähnlich wie Deckard in Blade Runner ist Quaid einer jener Protagonisten, denen die Alltagsfluchten durch TV oder Romane nicht genug sind, will er doch eine wesentlich intensivere und interaktive Erfahrungen. Arnold Schwarzenegger verkörpert sehr überzeugend, wenn auch mit der üblichen Actionpose, einen Mann, der von Künstlichkeit abgestoßen ist und nach der, wie der deutsche Titel schon andeutet, totalen Erinnerung, der totalen Immersion, strebt.
Auf der einen Seite mag dies wie ein typisches Thema des Genres anmuten, doch spielt Dick wie auch Verhoevens Inszenierung mit dem Konzept der grenzenlosen Ausbreitung des Menschen. Wie in Blade Runner ist der Mensch auch in Total Recall in das Universum vorgedrungen, hat die Kolonisierung anderer Planeten vorangetrieben und damit Aspekte wie Raubbau und Ausbeutung, wie man an der starren Klassengesellschaft des Mars sehen kann. Ist die Freiheit auch beschränkt, kann man die roten Weiten des Mars nur sicher hinter Glas beobachten, ist die Attraktivität dieses neuen Lebens, dieses neuen Ichs eine ganz besondere Verlockung. Eine wie sie sich nur der Kapitalismus wünschen kann.
Die Kapitalisierung der Erinnerung
Doch das Universum ist dem Kapitalismus verfallen, hier repräsentiert durch den mächtigen Vilos Coohagen (Ronny Cox), seines Zeichens Gouverneur des Mars. Da der Mensch bereits überall seine Spuren hinterlassen hat und die negativen Seiten der Kommerzialisierung sich schon auf anderen Planeten bemerkbar machen, existiert das Unberührte, die totale, perfekte Erfahrung nur noch in der Erinnerung, was Grund genug ist, sich diese auch noch anzueignen und zu manipulieren. Immer wieder lässt Verhoevens Inszenierung offen, ob es sich um die Erinnerung handelt, die Quaid gekauft hat oder ob er die Abenteuer tatsächlich erlebt, wenngleich gerade in der zweiten Hälfte, diese Ambivalenz verloren geht und sich zu einem eher konventionellen Actionplot entwickelt. Doch vielleicht ist auch diese Konvention eine falsche Spur für den Zuschauer.
Da Total Recall aufwendig restauriert wurde und nun von Studiocanal herausgebracht wurde, sollen hier noch ein paar Worte zum Transfer gegeben werden. Visuell hat man hier ganze Arbeit geleistet, was man speziell an der Szenen an der Marsoberfläche merken kann, zu denen der zurecht gefeierte Score von Jerry Goldsmith gut passt. Auch in Sachen Extras wurde hier gespart und neben den bereits aus Vorgängerfassungen bekannten noch viele daraufgelegt, beispielsweise eine sehr sehenswerte Dokumentation über den Aufstieg und Fall der US-amerikanischen Produkionsschmiede Carolco, die nicht nur hinter Total Recall, sondern auch noch hinter vielen anderen bekannten Genreproduktionen steckt.
OT: „Total Recall“
Land: USA
Jahr: 1990
Regie: Paul Verhoeven
Drehbuch: Ronald Shusett, Dan O’Bannon, Gary Goldman
Vorlage: Philip K. Dick
Musik: Jerry Goldsmith
Kamera: Jost Vacano
Besetzung: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin, Sharon Stone, Ronny Cox, Michael Ironside
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