Als Komiker hielten sich die Erfolge von JP (Jean-Pascal Zadi) bislang in Grenzen. Zwar hat er ein paar Videos gedreht, die im Internet durchaus ihr Publikum gefunden haben. Das mit der Filmkarriere lässt dabei jedoch auf sich warten. Also beschließt er, seinem Leben anderweitig einen Sinn zu geben: Er möchte auf die Unterdrückung des schwarzen Mannes in Frankreich aufmerksam machen. Erst tat er das mit Humor, indem er das Erbe der Sklaverei anprangerte. Nun träumt er von etwas richtigem Großem: Er plant einen Protestmarsch mitten durch Paris, an dem die schwarzen Männer geschlossen auftreten und sich Gehör verschaffen. Nur ist ausgerechnet das mit der Geschlossenheit gar nicht so einfach, wie er bald feststellt …
In den letzten Jahren hat es eine ganze Reihe sehenswerter Filme gegeben, die sich mit dem schwarzen Leben in den USA auseinandersetzen. Während Black Panther das mit Superhelden-Action verband und so eine Ikone für die Massen schuf, gab es für das Arthouse-Publikum Dramen wie Moonlight oder The Hate U Give, dazu eine Reihe spannender Dokus, darunter Time und What You Gonna Do When the World’s on Fire?. Beispiele eines systematischen Rassismus im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind also hinreichend bekannt, bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Die schockierenden Vorfälle der Polizeigewalt, welche zu den Demonstrationen der Black Lives Matter Bewegung führten, gingen zudem um die Welt. Dabei wird ganz gerne vergessen: In Europa sieht es in der Hinsicht auch nicht unbedingt so toll aus.
Ein wichtiges Thema als vielschichtige Farce
Allein deshalb schon ist es erfrischend, wenn mit dem Netflix-Titel Einfach schwarz dieses Jahr ein Film erschien, der sich mit der Frage beschäftigt: Was heißt es, in Frankreich schwarz zu sein? Jean-Pascal Zadi, der schon seit einigen Jahren mit eher überschaubarem Erfolg im Film- und Musikgeschäft mitmischt, entschloss sich jedoch, das nicht in der Form eines typischen Dramas zu tun. Stattdessen nimmt er sich des Themas mit viel Humor an, macht aus den Bemühungen seines Alter Egos eine einzige Farce. In seinem Film haben sie alle irgendwie etwas zu dem Thema beizutragen, sind sich aber praktisch nie einig, weshalb es eigentlich kontinuierlich zu irgendwelchen Auseinandersetzungen und Streitigkeiten kommt.
Tatsächlich ist Einfach schwarz ein doch recht anstrengender Film. Egal, wo JP auftaucht, mit wem er redet, es endet praktisch immer im Zoff. Und das wohlgemerkt, obwohl er selbst fast nur unter Schwarzen unterwegs ist oder zumindest Menschen, die einer Minderheit angehören. Das ist dann auch der spannende Aspekt: Zadi zeigt auf, dass man eben nicht von „den“ Schwarzen reden kann, ebenso wenig von dem einen Weg, der zu Gleichberechtigung führt. Selbst innerhalb der Unterdrückten gibt es große Unterschiede, wie wer reagieren möchte und worum es bei allem geht. Komiker Fary, der in der Komödie eine fiktive Version von sich selbst spielt, will zum Beispiel unbedingt Karriere als Regisseur machen und sich deshalb auf die Politik nicht weiter einlassen. Der Kampf gegen Unterdrückung mag schön und gut sein, er sollte nur nicht weh tun.
Bekannte Gesichter im Sekundentakt
Fary ist dabei nur einer von vielen Kollegen und Kolleginnen Zadis, die sich zu Gastauftritten unter eigenem Namen bereit erklärten. Neben internationalen Aushängeschilden wie Omar Sy, der als der eine schwarze Star Frankreichs zu einem Running Gag wird, sind unter anderem Ramzy Bedia, Jonathan Cohen und Mathieu Kassovitz zu entdecken, die alle für eine Szene vorbeischauen. Das mag einer der Gründe sein, weshalb Einfach schwarz trotz Corona-Einschränkungen in Frankreich zu einem Kassenerfolg wurde, der über 600.000 Menschen in die Kinos lockte. Vor allem aber ist der Film ein erstaunlich scharfsinniger Beitrag zu einem wichtigen Thema, der vor nichts und niemandem Halt macht – auch nicht vor der Hauptfigur, die sich immer wieder lächerlich macht.
Mit dem Humor muss man dabei natürlich schon irgendwie klar kommen können, um dem Film auch wirklich etwas abgewinnen zu können. Einfach schwarz schwankt da zwischen albernem Klamauk und scharfem Biss. Aber selbst wenn nicht jeder Gag sitzt und das Herumgeschrei etwas ermüdend werden kann: Der Beitrag der Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart 2020 hat jede Menge zu sagen oder zu hinterfragen. Ob es nun Sexismus ist, das Verhältnis zwischen verschiedenen Minderheiten oder die Unterschiede zwischen Schwarzen aus unterschiedlichen Erdteilen, inmitten des Getoses finden sich viele Denkanstöße und Diskussionsgrundlagen, die den Film sehenswert machen und mit der Überzeugung aufräumen, dass es entsprechend dem Titel so etwas gibt wie „ganz einfach schwarz“.
OT: „Tout simplement noir“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Jean-Pascal Zadi, John Wax
Drehbuch: Jean-Pascal Zadi, Kamel Guemra
Musik: Christophe Chassol
Kamera: Thomas Bremond
Besetzung: Jean-Pascal Zadi, Fary, Caroline Anglade
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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César | 2021 | Bester Nachwuchsdarsteller | Jean-Pascal Zadi | Sieg |
Bester Debütfilm | Nominierung | |||
Prix Lumières | 2021 | Bester Nachwuchsdarsteller | Jean-Pascal Zadi | Nominierung |
Bester Debütfilm | Nominierung |
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