Für Rachel (Caren Psitorius) ist es gerade eine schwierige Zeit, denn während ihr Mann ihr mit seinen Forderungen im Scheidungsprozess das Leben schwer macht, lebt sie mit ihrem Sohn Kyle (Gabriel Bateman) bei ihrem Bruder und versucht die Balance zwischen ihrer Arbeit und ihrer Rolle als Mutter zu meistern. An diesem Morgen jedoch scheint ihr dies nicht zu gelingen, denn da sie verschlafen hat und zudem noch im Stau stecken bleibt, verliert sie einen wichtigen Klienten und kann zudem Kyler nicht rechtzeitig zur Schule bringen. Zu allem Übel gerät sie an Tom (Russell Crowe), den sie, weil er trotz einer grünen Ampel nicht weiterfuhr, wütend anhupte, der dies aber keinesfalls auf sich sitzen lassen will. Als sie vor dem Fremden fliehen will, nimmt Tom die Verfolgung auf, wird immer aufdringlicher und verletzt gar einen anderen Mann, der versucht Karen zu helfen. Schließlich gelingt es Tom, als Karen unaufmerksam ihr Auto verlässt, an Karens Handy zu kommen und damit an die Adressen ihrer Freunde und Verwandte. Noch während diese vor ihm flieht, teilt er ihn mit, er werde ihr nun eine Lektion erteilen und sich an ihren Liebsten rächen, bis sie einsehe, dass ihr Verhalten falsch gewesen war.
Eine Atmosphäre der Wut
Das Kinojahr 2020 schrieb wenige Erfolgsgeschichten, alleine schon, weil so viele der großen Blockbuster entweder verschoben wurden oder gleich ganz an Streamingdienste verkauft wurden. Andere Filme, wie beispielsweise Derrick Bortes Unhinged – Außer Kontrolle, dessen Start mehrmals verschoben werden musste wegen der Pandemie, ging trotz der Blockbusterflaute fast gänzlich unter, was wohl auch an den eher gemischten Kritiken lag, die der Actionthriller bekam. Dennoch ist Bortes Film durchaus einen Blick wert, erzählt er doch von vielen nach wie vor aktuellen Themen und von einer Atmosphäre der aufgestauten Wut, die sich aufgrund von Nichtigkeiten entlädt, auch wenn es am Ende der Geschichte etwas zu konventionell zugeht.
Wie einst Michael Douglas in Falling Down – Ein ganz normaler Tag spielt nun Russell Crowe den Wutbürger, der eben jene Aggression nicht mehr länger in sich hineinstopfen will, sondern in die Welt trägt. Diese ist schon von Beginn an mit dieser Frustration und Nervosität durchtränkt, die Bortes Inszenierung in einem Zusammenschnitt diverser Radio- und TV-Beiträge andeutet. Die Nachrichten von Stellenkürzungen, von Ausschreitungen und generell Akten der Gewalt am helllichten Tag würde man gerne als Kennzeichen einer fiktiven Welt ansehen, doch sie sind Teil unserer Wirklichkeit und damit auch der Figuren des Films. In wenigen Bildern zeigt sich die Tragödie der heutigen Welt, die Wut vieler Menschen, die sich wegen den banalsten Dingen entlädt. Selbst die Familie als Fluchtpunkt zerfällt, wie es bei Tom der Fall ist, sodass sich seine Wut genau gegen dieses Konzept richtet.
Die Rache eines Unsichtbaren
Augenscheinlich und nach seiner eigenen Aussage ist Tom einer jener Unsichtbaren, die am unteren Ende der Gesellschaft vor sich hin vegetieren. Doch immer wieder fragt man sich, welches Narrativ man eigentlich glauben kann oder soll, gerade vor dem Hintergrund der Grausamkeiten, die Tom schon zu Beginn der Handlung begeht. Crowe spielt diese Figur alleine wegen seiner physischen Präsenz als eine Art tickende Zeitbombe, einen Mann, vor dem man sich fernhalten sollte und der nichts mehr zu verlieren hat. Es ist bedauerlich, dass Carls Ellsworths Drehbuch und Bortes Inszenierung an diesem Mann außerhalb des Wüterichs und Gewalttäters nichts finden, was ihm vielleicht noch eine menschliche Seite abgewinnen könnte.
Aus technischer Sicht kann Unhinged – Außer Kontrolle in vielerlei Hinsicht punkten, gerade bei der Inszenierung von Verfolgungen und der Paranoia, die damit einhergeht, dass man nicht weiß, wann Tom das nächste Mal zuschlägt. Dies betont die gefährliche Aura, welche von dem Charakter ausgeht, auch wenn das sehr konventionelle Ende hier noch vieles liegen lässt, was sich an Möglichkeiten bot, mit dieser Figur wie auch der Geschichte.
OT: „Unhinged“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Derrick Borte
Drehbuch: Carl Ellsworth
Musik: David Buckley
Kamera: Brendan Galvin
Besetzung: Russell Crowe, Caren Pistorius, Gabriel Bateman, Jimmi Simpson, Austin P. McKenzie
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