A French Woman

A French Woman

Kritik

A French Woman
„A French Woman“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Zwanzig Jahre ist es inzwischen bereits her, dass Mira (Ho-jung Kim) Südkorea verlassen hat, um in Paris nach dem Glück zu suchen. Inzwischen ist sie Mitte 40, von ihren Träumen ist nicht viel übrig gebelieben. Da entscheidet sie sich, noch einmal in ihre alte Heimat zu fahren und dort Freunde zu besuchen. Die Freude ist groß bei allen Beteiligten, man sitzt zusammen, macht Scherze, trinkt eine Menge und denkt dabei an die guten alten Zeiten. Aber waren sie wirklich so gut? Immer wieder muss Mira an ihre Erlebnisse in Frankreich denken. Doch auch die letzten Tage vor ihrer Abfahrt vor zwanzig Jahren sind ihr sehr präsent …

Verfolgt von der Vergangenheit
So ganz wird man die eigene Vergangenheit ja nie los. Ob man sich nun bewusst daran erinnert, wie es Mira und ihre Freunde tun, wenn sie in Erinnerungen schwelgen, oder diese von ganz allein kommen, etwa als spontane Reaktion: Sie ist immer da. Regisseurin und Drehbuchautorin Hee-jung Kim nimmt diese Idee, dass es die strenge Grenze zwischen gestern und heute nicht gibt, gar nicht geben kann, und illustriert sie anhand ihrer Protagonistin, die an einem Scheideweg in ihrem Leben steht. Solche Szenarien sind natürlich immer dankbar und naheliegend, um über das Ich zu sinnieren und was uns ausmacht. Da ist A French Woman keine Ausnahme.

Das erinnert an den heimischen Kollegen Lucky Chan-sil. Auch dort war es eine Frau in den 40ern, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie es in Zukunft weitergeht, und dabei ihre Erinnerungen wiederaufleben lässt. Beide Filme haben fantastische Elemente, hier in Form von realen Déjà-vus. Und: Beide Titel spielen in einem künstlerischen Umfeld. A French Woman verfolgt diesen Aspekt aber nicht weiter. Anstatt über den Wert von Kunst und deren Rechtfertigung nachzudenken, geht es hier in erster Linie um Mira und ihre Beziehungen zu anderen Menschen – darunter zu dem von Alexandre Guansé gespielten französischen Ehemann.

Melancholisches Schweigen
Der andere große Unterschied ist die Tonalität. Während Lucky Chan-sil den ernsten, teils traurigen Themen mit einem Augenzwinkern begegnet, da ist A French Woman von Beginn an von viel Melancholie begleitet. In den Sätzen schwingen immer Bedauern mit, alternativ nicht geäußerte Vorwürfe oder unterdrückte Gefühle. Das betrifft nicht nur Mira selbst, die besonders viel Ballast mit sich herumträgt, sondern nahezu alle bedeutenderen Figuren. Kim zeigt uns einen Freundeskreis, in dem ganz viel im Argen liegt, was sich bislang aber niemand eingestehen wollte oder konnte. Stattdessen wird leise einfach weitergemacht, so lange es nur irgendwie geht.

Das ist gerade in der ersten Hälfte sehr schön, wenn viel über Dialoge bzw. das Nicht-Gesagte transportiert wird. Nach und nach werden Schichten freigelegt, die mehr über die Figuren und die Dynamik untereinander verrät. Mit der Zeit versteift sich Kim aber zu sehr darauf, ihr Gimmick der Verschmelzung von Erzählebenen in den Vordergrund zu rücken. Die Übergänge werden häufiger, sind nicht mehr so kunstvoll. Es geht in A French Woman dann auch gar nicht mehr um die Figuren an sich, sondern das, was konkret vorgefallen ist. Das anfängliche Charakterdrama wandelt sich dabei in einen Film, der in erster Linie durch die Wendungen das Publikum fesseln will.

Das kann man natürlich machen, zumal sich einige dann an Spekulationen erfreuen können: Durch das Verschwimmen der Grenzen ist es hier nicht immer klar, was real ist und was nicht. Es ist aber schon schade, wie Kim hier unnötig dick aufträgt, kein Vertrauen mehr zu haben scheint in ihre Figuren und die Themen, die sie anspricht. Dabei ist es am Ende Ho-jung Kim (Hunde, die bellen, beißen nicht), welche in Erinnerung bleibt als Frau, die von ihrer Vergangenheit verfolgt wird, obwohl sie zunehmend aggressiv dagegen ankämpft. Und auch die Bilder tragen dazu bei, dass A French Woman trotz der inhaltlichen und konzeptionellen Schwächen am Ende sehenswert ist.

Credits

OT: „A French Woman“
Land: Südkorea
Jahr: 2019
Regie: Hee-jung Kim
Drehbuch: Hee-jung Kim
Musik: Marzena Majcher
Kamera: Jungsoon Park
Besetzung: Ho-jung Kim, Ji-young Kim, Young-Min Kim, Alexandre Guansé

Bilder

Trailer

https://www.youtube.com/watch?v=MTeoMRarhcw

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In „A French Woman“ kehrt eine Südkoreanerin nach zwanzig Jahren in Frankreich zurück in ihre Heimat, um Freunde zu besuchen, und wird dabei von ihrer Vergangenheit verfolgt. Das ist vor allem in der ersten Hälfte sehenswert, wenn in Dialogen und kleinen Fantasy-Elementen Schicht für Schicht abgetragen wird. Letztere nehmen später aber überhand, wenn der Film die Figuren aus dem Blick verliert und zu dick aufträgt.
6
von 10