Der Anlass war ein freudiger, als sich Juan Santos (Mario Casas) und seine Frau Triana (Natalia de Molina) in den Wagen setzen, schließlich stand gerade die Kommunion für die gemeinsame kleine Tochter an. Doch unterwegs werden sie von einem anderen Wagen gerammt, der daraufhin vom Unfallort türmt. Während das Paar selbst mit einigen kleineren Blessuren davongekommen ist, stirbt das Kind an den Verletzungen. Die Polizistin Eli (Ruth Díaz) nimmt daraufhin zwar die Ermittlungen auf, jedoch ohne große Erfolge: Keiner will etwas gesehen haben. Juan, Mitglied eines einflussreichen Gangsterclans, kann dem nicht tatenlos zusehen und beschließt nun seinerseits, die Wahrheit herauszubekommen, koste es, was es wolle …
Zwischen den Abgründen
Nachdem er zu Beginn seiner Karriere noch in seichten Komödien oder Teenieromanzen mitgespielt hatte, ist Mario Casas inzwischen doch Stammgast im Genrebereich geworden. Auffällig ist dabei, wie oft der zuweilen als Beau verkannte Schauspieler Figuren spielt, die ambivalent sind und bei denen man gar nicht so sicher ist: Ist das noch Protagonist oder schon Antagonist? So geschehen beispielsweise in den Thrillern Der unsichtbare Gast oder Kings of the City. Beim ersten spielte er den Verdächtigen in einem Mordfall, beim zweiten einen Polizisten einer Einheit, die das mit dem Gesetz nicht so genau nehmen und im Zweifelsfall auch schon mal über Leichen gehen.
In Adiós – Die Clans von Sevilla ist er nun wieder mal als Gangster zu sehen, allerdings einer, der eigentlich ein normales Leben führen möchte. So sehen wir ihn zu Beginn, wie er das Gefängnis verlassen darf, um Zeit mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter zu verbringen. Die Sonne strahlt, die Figuren strahlen, nichts scheint das Glück ernsthaft gefährden zu können. Selbst die knappe Finanzlage – als Knacki verdient man nun mal nicht die Welt –, welche keine glamouröse Kommunion zulässt, verdirbt niemandem die gute Laune. Umso schockierender ist, wenn nach ein paar Minuten das Glück doch noch zerstört wurde: Von einer Sekunde zur nächsten ist das Leben der Santos auf den Kopf gestellt.
Wer schnappt den Täter?
Der Film dreht sich daraufhin vorrangig natürlich um die Frage, wer hinter dem Steuer des Wagens saß, der das junge Leben beendet hat. Interessant ist dabei, wie es zu zwei parallelen Ermittlungen kommt. Auf der einen Seite gibt es die offiziellen Ermittlungen durch die Polizei, welche sich an die Regeln zu halten versucht. Gleichzeitig zieht aber auch der Santos-Clan los, frustriert von den geringen Fortschritten und angetrieben von dem Gedanken, dass man so etwas unter sich regelt. Die Spannung von Adiós – Die Clans von Sevilla liegt deshalb nur zum Teil darin, wer der „Täter“ war, sondern welche der beiden Parteien diesen zuerst findet. Wird es Gerechtigkeit geben? Kommt es zu Selbstjustiz?
Die einzelnen Szenen bieten dabei im Grund nichts, was man nicht aus diesem Genre schon bestens gewohnt ist. Regisseur Paco Cabezas (Die Einkreisung) hat diese aber stimmungsvoll in Szene gesetzt und auch zusammengefügt. Die Aufnahmen von Sevilla, sonst eher aufgrund der großen Altstadt als Touristenzentrum bekannt, zeigt sich hier von seiner hässlichen, abgründigen, so gar nicht urlaubskonformen Seite. Bei den Figuren gilt das natürlich auch, zumal die Polizei hier eben keine strahlenden Helden stellt, sondern selbst Teil des Sumpfes ist. Heraus kommt eine Mischung aus Krimi, Thriller und Milieustudie, aus Rache, Wut und Fatalismus. Erst einmal in Gang gesetzt, gibt es kein Halten mehr, für keine der beteiligten Seiten. Mit dem tödlichen Unfall kommt es zu einer Kettenreaktion, an deren Schluss es keine Sieger mehr geben kann, so sehr hier auch alle gegeneinander ankämpfen. Die Frage nach einem Happy End stellt sich nicht, allenfalls die, wer am Ende noch mit dem Leben davonkommt – oder das, was davon übrig ist.
OT: „Adiós“
Land: Spanien
Jahr: 2019
Regie: Paco Cabezas
Drehbuch: José Rodríguez, Carmen Jimenez
Musik: Zeltia Montes
Kamera: Pau Esteve Birba
Besetzung: Mario Casas, Natalia de Molina, Ruth Díaz, Carlos Bardem
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