Weihnachten naht, das bedeutet auch beim Fernsehen Hochbetrieb. So arbeitet der erfolgreiche Produzent Francis Xavier Cross (Bill Murray) bereits an einem sehr speziellen Programm, mit dem er ein möglichst großes Publikum vor die Bildschirme locken will. Er selbst kann mit Weihnachten dafür weniger anfangen. Eigentlich hasst er es sogar. Und auch seine Mitmenschen liegen ihm nicht sonderlich am Herzen: Er knausert bei den Geschenken, einen Mitarbeiter feuert er kurz vor den Feiertagen, seine eigene Familie kann ihm gestohlen bleiben. Dafür erscheint ihm eines Tages sein eigentlich schon vor Jahren verstorbener Boss Lew Hayward (John Forsythe) und macht eine rätselhafte Ankündigung. Drei Geister sollen Frank erscheinen und ihm seine Missetaten vor Augen führen …
Ein Klassiker in vielen Formen
Unter den vielen Weihnachtsgeschichten, die im Laufe der letzten Jahrhunderte geschrieben wurden, ist die von Charles Dickens zweifelsfrei eine der berühmtesten. Das Schicksal des hartherzigen, verbitterten Geschäftsmannes, der mithilfe dreier Geister, die ihm die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft vor Augen führen, erkennt, worauf es ankommt und zu einem besseren Menschen wird, rührt bis heute. Kein Wunder also, dass die Novelle seit ihrer Veröffentlichung 1843 unzählige Male adaptiert wurde. Mehrere Hundert Fassungen für die Bühne, das Kino oder das Fernsehen folgten. Und da sind die zahlreichen Nachahmer noch nicht einmal eingerechnet, die mehr oder weniger dreist Elemente der Geschichte klauten.
Bei einer solchen Masse an Versionen ist es natürlich nicht ganz einfach hervorzustechen. Ein Film, dem das gelungen ist: Die Geister, die ich rief von 1988. Dabei war die Komödie mit Bill Murray seinerzeit sehr umstritten. Ein bisschen scheiden sich auch nach wie vor die Geister an dem Werk. Sowohl bei Kritiken wie auch am Dreh Beteiligten sind alle möglichen Meinungen zu finden, vom Desaster bis zum Meisterwerk. Drehbuchautor Michael O’Donoghue ließ beispielsweise vor seinem Tod kein gutes Haar an dem Werk. Auch Murray zeigte sich unzufrieden, nannte vor allem Differenzen mit Regisseur Richard Donner (Die Goonies, Lethal Weapon) als Grund für seine Enttäuschung. Der soll ein viel lauteres Spektakel bevorzugt und damit die subtileren Feinheiten des Skripts zerstört haben.
Tatsächlich ist Die Geister, die ich rief eine recht eigene Version der bekannten Geschichte. Der grundsätzliche Ablauf der Ereignisse ist dabei schon gleich geblieben. Es geht auch hier um einen verbitterten, geizigen Mann, der drei Geistern begegnet und durch sie einen Sinneswandel erfährt. Die offensichtlichste Veränderung dabei ist, wie die Novelle von Dickens in die Gegenwart verlegt wurde. Zudem wurde aus einem regulären Geschäftsmann ein TV-Produzent. Damit einher gehen satirische Tendenzen, die es im Original nicht gab. Beschäftigte sich das Buch nur mit der Besinnlichkeit von Weihnachten, prangert der Film die Ausnutzung eben dieser Besinnlichkeit an. Was ein Fest der Familie war, ist zu einem des Kommerzes geworden. Gemeinsamkeit misst sich inzwischen daran, wer wem welche Geschenke kauft.
Eine wahnsinnig unrunde Mischung
Weihnachten zu kritisieren und es gleichzeitig zu zelebrieren, ist natürlich ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Tatsächlich tat sich Donner auch mit dem Wechsel schwer, umso mehr, da er es in der ersten Hälfte so richtig krachen ließ. Mit einem grotesken Actionfeuerwerk beginnt der Film, später bewegt sich das teilweise in die Horrorrichtung. Und selbst wenn Die Geister, die ich rief sich mal bodenständig gibt, ist der Film von Zynismus geprägt, von einer lustvollen Bösartigkeit, die es so bei Dickens nicht gab. Scrooge war ursprünglich „nur“ gleichgültig den Menschen gegenüber. Frank scheint sie alle zu verachten und genießt es, seine Macht auszuspielen. Wenn ausgerechnet dieser Mensch am Ende Gott beschwört, sich in Rage redet und einen fröhlichen Gesang anstimmt, dann kommt das schon sehr aus dem Nichts.
Andererseits passt es irgendwie auch zu einem Film, bei dem der Wahnsinn System hat. Auch wenn die Geschichte als solche bekannt ist, geschieht doch andauernd etwas Eigenartiges und Unvorhergesehenes. Einer der verblüffendsten – und besten – Einfälle war, aus dem Geist der Gegenwart eine tollpatschige, gewalttätige Fee zu machen. Die Szenen mit Carol Kane gehören auf jeden Fall zu den absoluten Höhepunkten des Films. Und natürlich war und ist es ein großes Vergnügen, Bill Murray (Ghostbusters – Die Geisterjäger) als herablassendem TV-Produzenten zuzusehen, wie er das Weihnachtsfest durch den Dreck zieht. Diese Mischung aus Satire und Slapstick, aus Anarchie und Kitsch ist sicher nicht rund. Aber es hat schon einen Grund, warum sie später zum Kult wurde und selbst von Leuten gern angeschaut wird, die sonst einen großen Bogen um Weihnachtsfilme machen.
OT: „Scrooged“
Land: USA
Jahr: 1988
Regie: Richard Donner
Drehbuch: Mitch Glazer, Michael O’Donoghue
Vorlage: Charles Dickens
Musik: Danny Elfman
Kamera: Michael Chapman
Besetzung: Bill Murray, Karen Allen, John Forsythe, Bobcat Goldthwait, Carol Kane, Robert Mitchum, Michael J. Pollard, Alfre Woodard
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 1988 | Bestes Make-up | Thomas R. Burman, Bari Dreiband-Burman | Nominierung |
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