Als der Ordnungshüter Travis (Simon Baker) bei einem Einsatz im Norden Australiens die Kontrolle verliert, endet das in einem Massaker, das die Mitglieder einer indigenen Gruppe mit dem Leben bezahlen müssen. Während er selbst den Vorfall aufarbeiten möchte, bestehen seine Vorgesetzten darauf, alles zu vertuschen. Zwölf Jahre später arbeitet Travis, der nach diesem Ereignis den Dienst quittiert hat, als Kopfgeldjäger. Sein neuester Auftrag ist der, den Aborigine-Krieger Baywara (Sean Mununggur) zu fangen, der immer wieder die Lager der weißen Siedler überfällt und dort massive Zerstörungen anrichtet. Dabei steht Travis der junge Gutjuk (Jacob Junior Nayinggul) als Fährtenleser zur Seite, der damals selbst das Massaker überlebt hat und im Anschluss bei Missionaren und Missionarinnen aufgewachsen ist …
Das verdrängte Verbrechen
In einem Jahr, das zumindest eine Zeit lang im Zeichen einer weltweiten Protestbewegung gegen systematischen Rassismus und Polizeigewalt gegenüber der schwarzen Bevölkerung stand, ist es nur richtig, wenn auch auf die historische Komponente und vergangene Verbrechen verwiesen wird. Den Löwenanteil solcher filmischer Geschichtsstunden machen oft Dramen rund um die Sklaverei aus, gerade die in den USA. Ein anderes, ebenso schäbiges Kapitel in der Geschichte des weißen Mannes ist die brutale Unterdrückung der indigenen Stämme in Australien. Nach der Entdeckung des Kontinents und der Beanspruchung durch die Briten wurde die Kolonisierung ab dem späten 18. Jahrhundert vorangetrieben, man raubte ihnen immer mehr Land, auch vor Gewalt schreckte man nicht zurück.
In High Ground – Der Kopfgeldjäger sind seither bereits anderthalb Jahrhunderte vergangen, das Verhältnis ist aber nicht besser geworden. „Man kann ein Land nicht teilen“, sagt einer der weißen Männer an einer Stelle im Film und bringt damit die eingeforderte Hierarchie auf den Punkt: Australien gehört den Weißen, die schwarzen Wilden haben keinen Platz darin. Immer wieder kommt es in der Geschichte zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, bei denen die technisch überlegenen Europäer meist den Sieg davon tragen. Beispiele für Abscheulichkeiten gibt es genug, von Vergewaltigung bis zu einer Rechtsprechung, die klar macht: Töten von Schwarzen ist okay, Töten von Weißen ist Mord, der gesühnt werden muss.
Grausamkeit vor idyllischer Kulisse
Diese menschenunwürdigen Vorfälle und die brutalen Momente hinterlassen auch deshalb größeren Eindruck, weil sie vor einer idyllischen Kulisse stattfinden. Tatsächlich hat man bei High Ground anfangs das Gefühl, dass es sich um einen Imagefilm der australischen Regierung handelt, welcher Werbung für die Schönheit der Natur machen soll. Da gibt es malerische kleine Flüsse vor einer imposanten Felswand, die Wälder erstrecken sich mit ihrem saftigen Grün bis zum Horizont. Wen die Sehnsucht packt, mal wieder ein Stückchen unberührtes Land zu erkunden und ganz nahe bei sich zu sein, der findet hier viel Inspiration. Bis zu den Szenen, wenn besagtes Grün von Blut verschmiert ist und sich in dem idyllischen Fluss die Leichen stapeln.
Dabei fällt High Ground nicht in die Exploitation-Kategorie. Vielmehr sind diese Gewaltszenen so beiläufig und zurückhaltend, als hätte Regisseur Stephen Maxwell Johnson einen Dokumentarfilm gedreht und nur zufällig die Massaker mit seiner Kamera festgehalten. Wo andere diese Momente groß in Szene setzen, da ist das hier mehr Routine. Es kommt auch keine dramatische – oder anderweitige – Musik zum Einsatz, mit der das Publikum in eine bestimmte Richtung gelenkt werden soll. Die Mischung aus Actionthriller und Western hat zwar einen beachtlichen Bodycount, wenn im Laufe des Films kaum einer mit dem Leben davonkommt. Sie bleibt dabei jedoch auf Distanz.
Das gilt leider auch für die Figuren, bei denen nicht wirklich viel Arbeit investiert wurde. Am meisten geschieht da noch bei Travis, der als Weißer mit einem Gewissen irgendwie zwischen den Fronten steht. Bei den anderen gibt es, unabhängig von der Hautfarbe, nur die üblichen Stereotype, bei denen die persönliche Note fehlt. Da war The Nightingale – Schrei nach Rache, welches ebenfalls mit dem Rachemotiv und der Ungleichbehandlung in Australien arbeitete, doch mit sehr viel mehr Wucht verbunden. Und auch bei der Geschichte bleibt der Film, der bei der Berlinale 2020 Premiere feierte, beim Bewährten, hält sich streng an die übliche Chronologie der Ereignisse. So schockierend der erste Gewaltausbruch auch ist, so wenig wird man im Anschluss noch überrascht. Dennoch, als Themenbeitrag hat High Ground seine Berechtigung, zeigt der Film mit dem Verweis auf das Historische doch, wie weit die Wurzeln heutigen Übels zurückreichen und wie groß die Last der Vergangenheit wiegt.
OT: „High Ground“
Land: Australien
Jahr: 2020
Regie: Stephen Maxwell Johnson
Drehbuch: Chris Anastassiades
Musik: Cristobal Tapia de Veer
Kamera: Andrew Commis
Besetzung: Simon Baker, Jacob Junior Nayinggul, Jack Thompson, Callan Mulvey, Witiyana Marika, Esmerelda Marimowa, Sean Mununggur
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