Pohlmann und die Zeit der Wünsche
© ARD Degeto/Susanne Schroeder/Boris Laewen

Pohlmann und die Zeit der Wünsche

Kritik

Pohlmann und die Zeit der Wünsche
„Pohlmann und die Zeit der Wünsche“ // Deutschland-Start: 4. Dezember 2020 (Das Erste)

Tom Pohlmann (Benjamin Sadler) ist eher ein Mensch der Zahlen als der Worte. Während er als Architekt durchaus erfolgreich ist, hat er doch große Schwierigkeiten dabei, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Vor anderen sprechen zu müssen, das ist für ihn ein absoluter Albtraum. Die Herausforderung ist daher groß, als er nach einem Verkehrsunfall dazu verdonnert wird, in der Kinderstation eines Krankenhauses Sozialstunden leisten zu müssen. Dabei trifft er nicht nur Sarah Wünsche (Marlene Morreis) wieder, die er bei besagtem Umfall fast umgefahren hätte, sondern auch ihren Sohn Paul (Oskar Netzel), der immer wieder an rätselhaften Anfällen leidet. Und das ist nicht das einzige Problem der alleinerziehenden Mutter, braucht sie doch dringend Geld, um ihren Pleite gegangenen Kiosk retten zu können …

Süß-besinnliches zu Weihnachten
Wenn wir uns auf Weihnachten zubewegen, wird nicht nur unsere Ernährung zunehmend süßlicher, wenn Plätzchen, Schokolade, Glühwein und sonstige Kalorienbomben locken. Auch bei Filmen wird dann auf viel Zuckerguss gesetzt. Genauer überschlagen sich TV-Sender, Kinos und Streamingdienste dann immer, jeder möchte mit besonders warmherzigen Mutmachern die Gunst der Stunde nutzen und ein möglichst großes Publikum ansprechen. Filme sollen dann schön sein, uns daran glauben lassen, dass alles in dieser Welt gut werden kann. So auch bei Pohlmann und die Zeit der Wünsche, das zwar inhaltlich nur bedingt etwas mit Weihnachten zu tun hat, aber unverkennbar für diese Zeit konzeptioniert wurde.

Tatsächlich erinnert Pohlmanns Werdegang schon ein wenig an den des wohl berühmtesten Weihnachtsmuffels Ebenezer Scrooge aus Eine Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens, dessen Rückbesinnung auf das Wesentliche zur Blaupause für unzählige weitere festlich gestimmte Erzählungen wurde. Ein Menschenfeind ist der Architekt zwar nicht, auch Geiz scheint keine seiner hervorstechenden Eigenschaften zu sein. Aber er interessiert sich nicht groß für andere, hat nur Augen für seine Arbeit. Gemeinsam ist beiden Werken zudem, dass hier ein kranker Junge zum Katalysator wird. Statt der aufdringlichen Geister gibt es hier dann Comics, welche Pohlmann und Paul beide gerne lesen bzw. lasen und die zum Bindeglied zwischen ihnen werden.

Die Erinnerung an die eigene Kindheit mittels gezeichneter Superhelden ist dabei noch der interessanteste Einfall bei Pohlmann und die Zeit der Wünsche. Ansonsten sahen sich Regisseur Matthias Tiefenbacher und sein Co-Autor Martin Douven nicht unbedingt in der Pflicht, an den Konventionen einer solchen Geschichte zu rütteln. Dass der Architekt und die alleinerziehende Mutter sich nach dem holprigen Start romantisch annähern werden, das ist ebenso fester Teil der Film-DNA wie die Erkenntnis von Pohlmann, dass er Kinder eigentlich doch ganz gerne hat. Er brauchte nur einen freundlichen Schubs in die richtige Richtung.

Viel Klischee, wenig Witz
Das kann man dann schön und beseelend finden, vielleicht auch in seiner Vorhersehbarkeit beruhigend in einem Jahr, in dem irgendwie nichts so lief wie geplant und gewohnt. Oder man findet es eben langweilig, wie Pohlmann und die Zeit der Wünsche hier ein Klischee nach dem anderen abarbeitet, sowohl bei der Geschichte wie auch den Figuren auf Autopilot geschaltet hat. Ein bisschen lebt das noch von dem Kontrast der beiden Hauptfiguren, wenn sie impulsiv ist und so gar nicht auf den Mund gefallen, während er schon herumstammelt und Schweißausbrüche bekommt, wenn man ihn nur anschaut. Darauf lässt sich aber nicht wirklich viel Beziehung aufbauen. Wenn die zwei mit der Zeit dann doch Gefühle füreinander entwickeln, dann bleibt das erst einmal eine Behauptung des Drehbuches. Nachvollziehbar vorgelebt wird es nicht. Hier geschieht zu viel zu schnell, um irgendwie glaubhaft zu sein.

Und auch beim Humor sollte man sich nicht wirklich etwas erhoffen. Ein Architekt im schicken Anzug, der jetzt Kinderkacke wegmachen und sich eine Clownsnase aufsetzen soll? Das ist nicht unbedingt die hohe Kunst der Komik. Später gab man den Versuch witzig zu sein, dann vollends auf. Da dominiert dann der Wohlfühlfaktor. Wer diesen suchen, der wird bei Pohlmann und die Zeit der Wünsche zwar schon fündig. Und natürlich tut es irgendwie gut, wie da jemand aus seiner Komfortzone herauskommt und sich Menschen finden, die auf ihre Weise verloren waren. Mehr als harm- und ambitionslose Berieselung ist das aber nicht, ein Film, der seinen mangelnden Gehalt mit umso mehr Zucker zu verdecken versucht.

Credits

OT: „Pohlmann und die Zeit der Wünsche“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Matthias Tiefenbacher
Drehbuch: Matthias Tiefenbacher, Martin Douven
Musik: Biber Gullatz, Andreas Schäfer
Kamera: Hanno Lentz
Besetzung: Benjamin Sadler, Marlene Morreis, Oskar Netzel, Marc Hosemann, Antje Mairich, Anna König

Bilder

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„Pohlmann und die Zeit der Wünsche“ erzählt von einem einzelgängerischen Architekten, der eine alleinerziehende Mutter und ihren kranken Sohn kennenlernt und sein Leben neu überdenkt. Die Tragikomödie verläuft dabei streng nach Schema, macht sowohl bei Figuren wie auch Geschichte nur das Nötigste. Dafür gibt es gesteigerten Wohlfühlfaktor mit viel Zuckerguss.
4
von 10