Tatort: In der Familie II
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Tatort: In der Familie – Teil 2

Kritik

Tatort In der Familie
„Tatort: In der Familie – Teil 2“ // Deutschland-Start: 6. Dezember 2020 (Das Erste)

Nach den Vorfällen in Dortmund sind Sofia Modica (Emma Preisendanz), ihr Vater Luca (Beniamino Brogi) und Pippo (Emiliano de Martino) in München untergetaucht. Doch auch dort finden sie keine Ruhe. So kommt es zwischen Sofia, die ihre Mutter vermisst, und Domenico Palladio (Paolo Sassanelli), einem hochrangigen Mitglied der ‚Ndrangheta, regelmäßig zu Reibereien. Als dieser Luca und Pippo erneut für seine kriminellen Machenschaften einsetzt, sind ihnen die Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) auf der Spur, unterstützt von dem Dortmunder Kollegen Peter Faber (Jörg Hartmann), der selbst noch eine Rechnung offen hat. Dabei ahnt Sofia nicht, dass es ihr eigener Vater war, der ihre Mutter getötet hat …

Neuer Schauplatz, alte Abgründe
In der langlebigen Tatort-Reihe ging es meistens darum: Irgendjemand wurde ermordet und das jeweilige Ermittlerteam, das vor Ort im Einsatz ist, muss herausfinden wer. In der Jubiläumsausgabe In der Familie, die anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Reihe ausgestrahlt wurde, brach man gleich doppelt mit dem Ansatz. Zum einen führte man dort zwei regional getrennte Teams zusammen, genauer die Dortmunder und die Münchner, was zu jeder Menge Kompetenzgerangel führte. Der Film war zudem kein Whodunnit. Wer da wen umgebracht hat, war von Anfang an klar. Stattdessen zeigte man die Auswüchse des organisierten Verbrechens in der Peripherie, bei denen zwei Familien gegeneinander ausgespielt wurden: die Familie der Modica, die eine kleine Pizzeria betreiben, und die „Familie“ der ‚Ndrangheta, welche diese für geheime Drogengeschäfte nutzten.

Der zweite Teil wechselt nun den Schauplatz von Dortmund nach München, was auch eine personelle Neuausrichtung mit sich bringt. Von den Dortmundern ist nur noch Faber mit von der Partie, der zudem nicht viel mehr als ein Gaststar ist, während die Münchner das Sagen haben. Wobei auch die nicht so wirklich im Mittelpunkt stehen. Sie sind zwar kräftig am Ermitteln, aus dem Thema des Drogenhandels wurde Geldwäsche und Korruption in politischen Kreisen. Der deutlich spannendere Aspekt betrifft aber wieder die Familie an sich, deren Geschichte parallel zu den Ereignissen rund um die Polizei erzählt wird. Genauer ist es Sofia, die in dem erneut von Bernd Lange verfassten Drehbuch in den Fokus rückt.

Die Tragik einer kriminellen Familie
War der erste Teil ein Thriller mit dramatischen Elementen, wandelt sich In der Familie nach dem schockierenden Ende des Vorgängers vollends in eine Tragödie. Sofia, die zum Opfer der kriminellen Machenschaften wurde, schlittert selbst immer tiefer in den Abgrund. Aus der Jugendlichen wird ein Mensch, der so sehr getrieben ist von seinen negativen Gefühlen, von Schmerz und Wut, dass die Spannung des Tatort-Films in der Frage liegt, wie weit das alles noch gehen wird. Vor allem: Was geschieht, wenn sie die Wahrheit über ihre Mutter erfährt, von der sie anfangs noch annimmt, dass sie lebt? Kann nach den grausamen Vorfällen überhaupt noch eine Familie weitermachen?

Was mit Palladio geschieht, ob das Ermittlertrio ihn dingfest machen kann, wird dadurch schnell zur Nebensache. Klar ist dieser von Paolo Sassanelli auf eine derart überzeugende schmierig-widerwärtige Art verkörpert, dass man ihn allein schon deshalb hinter Gittern sehen will. Wobei Sympathieträger in In der Familie allgemein rar gesät sind. Faber führt sich wie die Axt im Walde auf, die Münchner Kollegen sind von aggressivem Frust definiert, bei den Verbrechern braucht man ohnehin nicht zu suchen, da deren Mangel an Charisma dem an Skrupeln in nichts nach steht. Regisseurin Pia Strietmann zeigt uns eine triste, graue Welt der Abgründe, aus der es kein Entkommen gibt und in der Konzepte wie gut und böse irgendwie keine wirkliche Entsprechung mehr haben.

In der Familie ist deshalb weniger für ein Publikum geeignet, das beim traditionellen Kampf gegen das Verbrechen dabei sein will, den man mit der Reihe verbindet. Vielmehr ähnelt das den diversen Filmen und Serien, die aus dem Inneren des kriminellen Sturms heraus berichten, Porträts einer Parallelwelt, in der viele Gesetze keine Gültigkeit mehr besitzen. Auch wenn dabei streckenweise nicht viel passiert, der Film mehr auf eine innerliche brodelnde Intensität setzt, das Ergebnis ist trotz diverser Klischees schon spannend und bewegend zugleich und damit ein zwar unerwarteter, aber würdiger Jubiläumstitel des Dauerbrenners.

Credits

OT: „Tatort: In der Familie“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Pia Strietmann
Drehbuch: Bernd Lange
Musik: Florian van Volxem, Martina Eisenreich
Kamera: Florian Emmerich
Besetzung: Udo Wachtveitl, Miroslav Nemec, Jörg Hartmann, Ferdinand Hofer, Emma Preisendanz, Beniamino Brogi, Emiliano De Martino, Paolo Sassanelli

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Im zweiten Teil von „In der Familie“ wird die tragische Komponente noch weiter vorangetrieben, wenn vollends alles in einem Sumpf aus Gewalt und Korruption versinkt. Der Jubiläumstitel der „Tatort“-Reihe ist dabei weniger klassischer Krimi als vielmehr eine Mischung aus Familiendrama und Thriller, bei dem das Konzept von gut und böse keine Bedeutung mehr hat.
7
von 10