The Life Aquatic with Steve Zissou Die Tiefseetaucher
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Die Tiefseetaucher

Kritik

The Life Aquatic with Steve Zissou Die Tiefseetaucher
„Die Tiefseetaucher“ // Deutschland-Start: 17. März 2005 (Kino) // 18. August 2005 (DVD)

Es lief schon mal besser beim Ozeanographen Steve Zissou (Bill Murray). Schlimm genug, dass seine einst so gefeierten Dokumentarfilme immer weniger Leute interessieren, musste er beim Dreh des letzten zusätzlich einen schweren Verlust verkraften: Sein bester Freund und Taucher Esteban du Plantier wurde von einem zehn Meter langen, leuchtenden Hai gefressen. Zudem nagt es an ihm, dass sein jüngerer Konkurrent Alistair Hennessey (Jeff Goldblum), der zudem der Ex-Mann von Zissous inzwischen entfremdeter Frau Eleanor (Anjelica Huston) ist, alle Fördergelder und Preise einheimst. Und so beschließt er, noch einmal da raus aufs Meer zu fahren, den Hai zu finden, der du Plantier gefressen hat, und diesen zu töten – aus Rache. Mit an Bord sind sein mutmaßlich unehelicher Sohn Ned Plimpton (Owen Wilson), der Deutsche Klaus Daimler (Willem Dafoe) und die schwangere Reporterin Jane Winslett-Richardson (Cate Blanchett), welche über die Expedition berichten will …

Größenwahn in der Tiefe

Wes Anderson brauchte nicht lange, um zu einem Kritikerliebling zu avancieren. Mit Rushmore und Die Royal Tenenbaums etablierte er sich schnell als Meister des kunstvoll-skurrilen Films, dem auch die Stars schnell zu Füßen lagen. Vom Blockbuster-Status war er jedoch weit entfernt. Der kultisch verehrte Autorenfilmen war mit seinen wundersamen Bilderwelten voll schräger Charaktere zwar für gute Einspielergebnisse gut, jedoch nicht für hervorragende. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und so wurde Die Tiefseetaucher mit einem für seine Verhältnisse astronomischen Budget von 50 Millionen Dollar ausgestattet, deutlich teurer als alles, was er zuvor gedreht hatte – und teurer als das, was danach kam. Denn am Ende ging er mit seiner Unterwasserexpedition baden: Der Film wurde ein Flop, auch bei Kritikern kam er nicht gut an.

Inzwischen hat sich das ein wenig gewandelt. Und tatsächlich steckt ja auch viel Gutes in Die Tiefseetaucher. Das fängt schon bei dem Schiff an, mit dem Zissou und sein Team unterwegs sind. Äußerlich macht das nicht viel her. Ein Rundgang enthüllt jedoch eine ganz eigene, wunderbar kauzige Welt, vollgestopft mit Objekten aus besseren Tagen. Vor allem die Vielzahl der Zimmer, die wie in einem Puppenhaus angeordnet sind und im luxuriöser Unsinn schwelgen, machen den Ausflug lohnenswert. Hinzu kommen die tierischen Bewohner, die darin umherschwimmen. Tiere gibt es ohnehin immer wieder in dem Film zu bewundern, leuchtend-surreale Exemplare, die schon mal aus dem Nichts auftauchen können.

Zwischen Spott und Staunen

Die Jagd auf den Hai ist dabei jedoch nur der Rahmen der Handlung. Ein Anlass, um über viele andere Dinge zu reden, Figuren vorbeizuschicken oder zu träumen. Sie wird dadurch auch nie wirklich spannend, Anderson bleibt trotz allem Anderson und kein Actionregisseur, mit Der weiße Hai und Konsorten hat das hier nichts zu tun. Wichtiger als die Expedition an sich ist das Thema des Films bzw. des Filmemachens. Von Anfang an liegt darauf ein großer Fokus: Die Geschichte beginnt mit einem Besuch des Festivals Loquasto, dessen Name nicht ganz zufällig an Locarno erinnert. Und obwohl Anderson selbst Dauergast bei solchen Festivals ist, Die Tiefseetaucher lieft selbst auf der Berlinale 2005, lässt sich an vielen Stellen sein Spott herauslesen.

Gleichzeitig ist der Film aber auch durchaus warmherzig. Zissou mag ein abgehalfterter Typ sein, der nicht mehr viel übrig hat für seinen Beruf und andere Menschen. Er ist sich jedoch dessen bewusst und trägt immer noch die Sehnsucht in sich, dass das alles anders sein könnte. Das ist mit Bill Murray, mit dem Anderson zuvor und später bei Moonrise Kingdom und Grand Budapest Hotel zusammenarbeitete, natürlich ideal besetzt. Kaum einer versteht es wie er, knorrigen Zynismus mit Melancholie auszufüllen. Und wenn er am Ende doch noch seinem größten Gegner gegenübersteht, dann geht nicht nur ihm das Herz auf. Dem Publikum geht es ganz ähnlich, wenn es wieder wundern und staunen darf, eine Welt entdecken, die man längst vergessen hat.

Allerdings dauert es sehr lange, bis der Film mal an dieser Stelle ankommt. Zwischenzeitlich ist dann auch gar nicht mehr klar, worauf Anderson hinaus will, ob er überhaupt einen Plan hat für seine Expedition. Da geht es um Zissou, um die vielfältigen Beziehungen der Figuren, zwischendurch wird sich auch mal über Actionfilme lustig gemacht oder um ausbeuterische Arbeit – die namenlosen Praktikanten und Praktikantinnen sind einer der Running Gags. Nun ist ein Film nicht zwangsweise durch das Ziel definiert, bei Genres wie dem Road Movie geht es um den Weg, nicht das Ende. Dennoch, so ganz funktioniert das nicht mit diesem wilden Haufen. Die Tiefseetaucher ist etwas zu angestrengt bei dem Versuch, vieles ist hier holprig, banal oder wiederholt sich zu sehr. Aber selbst wenn die Expedition zu den schwächeren Werken des Regisseurs zählt, sehenswert ist sie schon, alleine schon der zahlreichen liebevollen Details wegen, die das bloße Anschauen selbst zu einer Art Expedition machen.

Credits

OT: „The Life Aquatic with Steve Zissou“
Land: USA
Jahr: 2014
Regie: Wes Anderson
Drehbuch: Wes Anderson, Noah Baumbach
Musik: Mark Mothersbaugh
Kamera: Robert Yeoman
Besetzung: Bill Murray, Owen Wilson, Cate Blanchett, Anjelica Huston, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Michael Gambon

Bilder

Trailer

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Berlinale 2005
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„Die Tiefseetaucher“ gilt zwar als der schwächste Film von Wes Anderson. Doch die Geschichte um einen wild zusammengewürfelten Haufen, der gemeinsam Jagd auf einen Hai macht, hat trotz allem viel zu bieten. Hier darf wieder gestaunt werden, zahlreiche Details bewundert, während ein von Bill Murray angeführtes Ensemble in unbekannte und doch vertraute Welten vorstößt.
7
von 10