Die Psychologin Dr. Emily Reilly (Chloë Sevigny) wird von ihrem Kollegen Dr. Phillips (Peter Stormare), dem Leiter eines geheimen Regierungsexperiments, konsultiert und für das Projekt angeworben. Sie soll den Verlauf des Experiments an vier Testpersonen mitverfolgen, beobachten und bewerten, wobei sie Phillips immer wieder auf die absolute Geheimhaltung hinweist. Auf dem Videoband wird sie Zeuge, wie Crawford (Timothy Hutton), Paul (Nick Cannon), Tony (Shea Whigham) und Kerry (Clea DuVall) in einen Raum kommen, einen längeren, schriftlichen Test absolvieren und schließlich von Phillips in den Verlauf des Experiments eingeführt werden, an dessen Ende jeder Teilnehmer mit 250 Dollar entlohnt wird. Insgesamt umfasst das Experiment vier Stufen, an deren Ende immer ein Teilnehmer eliminiert wird. Dabei ist nur ein Teil des Experiments eine Aufzeichnung, den Hauptteil kann Emily live verfolgen. Während die Teilnehmenden immer verzweifelter versuchen, einen Ausweg zu finden, sieht es Emily schließlich in ihrer Verantwortung, diesen zu helfen, auch wenn dies sehr gefährlich ist.
Kontrolle der Gedanken
Nach seinem ganz ordentlichen Beitrag zum Reboot der Texas Chainsaw Massacre-Reihe drei Jahre zuvor folgte 2009 mit Experiment Killing Room der nunmehr fünfte Spielfilm des südafrikanischen Regisseurs Jonathan Liebesman, der sich später mit Filmen wie Teenage Mutant Ninja Turtles einen Namen gemacht hat. Im Gegensatz zu diesen ist Experiment Killing Room ein gänzlich anderer Film, dessen Minimalismus sich in den wenigen Schauplätzen der Handlung niederschlägt, der aber auch von seiner Thematik her einen ganz anderen Weg geht. Basierend auf einer Reihe von Experimenten der CIA, in denen getestet wurde, inwiefern man das Bewusstsein der Probanden kontrollieren und verändern kann, erzählt Liebesman eine Geschichte über Kontrolle und Überwachung sowie Vertreter einer Weltordnung, die alles tun, sich in einem neuen Krieg zu behaupten.
Bereits die Anlage von Liebesmans Spielfilm erinnert selbst an eine Art Versuchsanordnung. Die anonyme, meist in weiß gehaltene Testkammer sowie der dunkle Überwachungsraum, in dem sich die beiden Psycholog*innen befinden, sind die hauptsächlichen Handlungsorte der Geschichte. Die Atmosphäre ist von Beginn an klaustrophobisch, erinnert eher an ein Gefängnis oder ein Verhörzimmer und wird durch die Lichtgestaltung wie auch das konstante Gefühl der Überwachung hervorgehoben. Bisweilen erinnert dies an Oliver Hirschbiegels Das Experiment, welches ebenfalls auf einem realen Ereignis basierte und die dramatischen, teils sehr drastischen Verläufe noch weiter betonte. Jedoch geht die Ähnlichkeit zu diesen Werken über die rein formale Ebene weit hinaus.
Innerhalb der Logik des Experiments findet eine klare Hierarchisierung statt, ein auf die Spitze getriebenes Abbild gesellschaftlich wie auch politisch legitimierter Kontrolle. Bereitwillig und mit teils hoher Tendenz zur Selbstoffenbarung füllen die Teilnehmer die Testbögen aus, sind bereit, sich für eine bis zu diesem Zeitpunkt eher in vagen Andeutungen erklärtem Experiment über acht Stunden einschließen zu lassen, alles nur für einen vergleichsweise mageren Lohn von 250 Dollar. Gleich zu Beginn bemerkt man das Informationsdefizit der Teilnehmer, welches von diesen gar nicht erst hinterfragt wird, und inwiefern diese sich stets, über den ganzen Film hinweg, in Mutmaßungen ergehen, während das Experiment an sich zu jeder Zeit einer Kontrolle und Beobachtung unterliegt. Ein versöhnliches Ende erscheint eher unwahrscheinlich und das Drehbuch spielt mehr als einmal mit dieser Auflösung, deren Kontext aber eher traumartig und damit unwahrscheinlich bleibt.
Kontrolle der Realität
Über die Verbindung des Experiments zur amerikanischen Gesellschaft im Kontext des Krieges gegen den Terror erschließt sich noch eine andere, sehr lohnenswerte, aber auch sehr erschreckende Lesart des Films. Ohne die am Schluss folgende Auflösung der eigentlichen Absicht des Experiments vorwegzunehmen, ist schnell klar, dass es hier um den Krieg einer Ideologie geht, die auch mit Gewalt ihren Sieg erzwingen will. Immer wieder versuchen die Probanden vage Hinweise in ihrem Raum, von eingeritzten Botschaften an den Wänden bis hin zu den Fragen, welche sie beantworten müssen, zu interpretieren und sich eine Realität, eine Erklärung und damit einen Ausweg zu konstruieren. Jedoch sind dies Sackgassen, ähnlich der zahlreichen Verschwörungstheorien, die man schon zur Genüge kennt, und welche Teil einer ganz anderen Realität sind, welche die Testpersonen wie auch der Rest der Bevölkerung bestenfalls erahnen kann.
In Bezug auf den Gesamtzusammenhang zwar logisch, aber spannungstechnisch vielleicht eher ungeschickt erscheint diese Betonung auf Kontrolle, macht sie doch bereits nach wenigen Minuten einen großen Teil der Handlung offenbar. Bediente sich Vincenzo Natalis Cube nur der Perspektive der vermutlichen Probanden, berücksichtigt Liebesman beide Sichtweisen, was immer wieder transparent macht, dass jede Konversation und Handlung der Probanden keineswegs überrascht und im Verlauf des Experiments einer gewissen Logik folgt.
OT: „The Killing Room“
Land: USA
Jahr: 2009
Regie: Jonathan Liebesman
Drehbuch: Gus Krieger, Ann Peacock
Musik: Brian Tyler
Kamera: Lukas Ettlin
Besetzung: Chloë Sevigny, Nick Cannon, Timothy Hutton, Clea DuVall, Shea Whigham, Peter Stormare
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