Als der junge US-Amerikaner Eric (Nat Wolff) nach Norwegen reist, um alte Verwandte zu besuchen, macht er eine unheimliche Erfahrung: Immer wieder kommt es in seiner direkten Umgebung zu rätselhaften Ereignissen, Bäume fangen von allein an zu brennen. Während Eric durch die Wälder streift, trifft er auf eine Gruppe von Jugendlichen, was zum Tod eines von ihnen führt. Kurze Zeit später sitzt er in Untersuchungshaft, wo die junge Psychologin Christine (Iben Arkelie) versucht, der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei stellt sie fest, dass Eric tatsächlich über große Kräfte verfügt, die dieser aber nicht kontrollieren kann. Als er später in die USA zurückgebracht werden soll, kommt es dann auch zur Katastrophe …
Wir sind doch alle ein bisschen unsterblich
In einer Welt, in der andauernd irgendwelche Figuren mit übermenschlichen Kräften auftauchen, ist das Außergewöhnliche längst gewöhnlich geworden. Das bedeutet für die entsprechenden Geschichtenerzähler*innen, dass sie schon ein bisschen etwas anders machen müssen, um aus der Masse hervorstechen zu können. Es kann ja nicht jeder ein Branding à la Marvel oder DC Comics haben, um damit alles Mögliche zu verkaufen. Für den norwegischen Filmemacher André Øvredal bedeutete dies, dass er nach zwei Werken in den USA (The Autopsy of Jane Doe, Scary Stories to Tell in the Dark) mit Mortal – Mut ist unsterblich wieder in seine Heimat zurückkehrt und sich an nordischen Sagen bedient.
Das ist schon irgendwie verständlich. Nachdem der Donnergott Thor von Hollywood vereinnahmt und als Eigenkreation verkauft wurde, ist es nur recht und billig, hier mal wieder etwas Grundlagenforschung zu betreiben. Vor allem ist die nordische Mythologie eine derart reichhaltige und faszinierende, dass es an ein Wunder grenzt, wie nur wenige sich an diesen frei verfügbaren Schatz bedienen. Dann und wann versucht man sich zwar schon mal daran, vor einem Jahr startete beispielsweise die Netflix-Serie Ragnarök. Doch da ist noch deutlich mehr drin, mit einem entsprechenden Budget ausgestattet haben die Geschichten und Legenden das Potenzial für ein überwältigendes Spektakel.
Mortal ist jedoch weit von diesem Spektakel entfernt. Zwar lässt Øvredal schon früh Funken sprühen, zeigt seinen Protagonisten mit einer ganzen Reihe spannender Fähigkeiten. Wo Comic-Helden oft nur eine spezielle zur Verfügung steht, mit denen sie ihre Abenteuer zu bestreiten haben, da ist Eric von der Vielzahl überwältigt. Ob nun Feuer, Wasser oder Blitz, er kann irgendwie alles, was mit Natur zu tun hat. Hinzu kommen heilende Kräfte und eine Affinität zu Pflanzen. Das macht ihn jedoch gleichzeitig ziemlich austauschbar, da dieses Sammelsurium nur wenig zur Charakterisierung dient. An einer Persönlichkeit der Figur hat der Regisseur und Co-Autor ohnehin kein Interesse. Die ist einfach nicht da.
Zu langsam, zu oberflächlich
Bei einem reinen Actionfilm wäre das nicht zwangsläufig ein Problem gewesen. Doch eben das soll Mortal nicht sein. Tatsächlich überrascht die internationale Coproduktion durch ein sehr geringes Tempo. Auch wenn gleich zu Beginn die Fähigkeiten zum Einsatz kommen und damit ein Vorgeschmack auf die Möglichkeiten gegeben werden, geht es im Anschluss in erster Linie darum, diese Fähigkeiten zu unterdrücken. Vergleichbar zu Werken wie Freaks – Sie sehen aus wie wir handelt der Film von einem Menschen, der von seinen gottgleichen Anlagen überfordert ist. Das wurde zuletzt zwar etwas inflationär gebraucht, betrübte Helden sind in dem Bereich nun wirklich keine neue Erscheinung mehr. Mit der richtigen Detailarbeit ließe sich daraus aber schon etwas machen.
Umso bedauerlicher ist, dass eben diese Detailarbeit fehlt. Nicht nur Eric, auch Christine leidet unter akutem Persönlichkeitsschwund, was die forcierte Romanze zwischen beiden zu einer reinen Zeitverschwendung macht. Der Film ist so sehr auf Tragik ausgerichtet, dass dabei das Leben vergessen wurde. Die Mystery-Elemente, wenn zunächst alle rätseln, was es mit den Fähigkeiten auf sich hat, ist ebenfalls eher lieblos und unnötig in die Länge gezogen. Der interessanteste Aspekt ist noch der, wie Menschen von heute auf die Ankunft eines Gottes reagieren würde, der keiner der Weltreligionen entspricht. An den Stellen erinnert Mortal an die Serie Messiah. Zusammen mit den schönen Aufnahmen Norwegens und den soliden Spezialeffekten gibt es daher schon den einen oder anderen Grund, warum man sich das hier anschauen kann. Es sind nur leider nicht so viele, wie man sich bei dem Thema und dem Team gewünscht hätte. Spätestens beim abrupten Ende ist die Enttäuschung groß, dass da nicht mehr herausgeholt wurde.
OT: „Torden“
IT: „Mortal“
Land: Norwegen, USA, UK
Jahr: 2020
Regie: André Øvredal
Drehbuch: André Øvredal, Norman Lesperance, Geoff Bussetil
Musik: Marcus Paus
Kamera: Roman Osin
Besetzung: Nat Wolff, Iben Arkelie, Per Frisch, Per Egil Aske, Priyanka Bose
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