Bei Netflix haben Verbrechen eigentlich immer Konjunktur. Neben den zahlreichen Krimis und Thrillern, die der Streamingdienst produziert oder einkauft, sind es vor allem die True Crime Dokus, welche eine feste Fangemeinde haben. Wobei diese Filme und Serien trotz zumindest verwandter Themen eine große Bandbreite vorweisen können. Zuletzt gab es mit Crack: Kokain, Korruption und Konspiration einen Einblick in den brutalen Drogenkampf der 1980er. Davor erfolgte in Der Yorkshire Ripper die Rekonstruktion eines Serienmörders, der in den 1970ern in England sein Unwesen trieb und der in Anlehnung an den berühmten Prostituierten-Mörder Jack the Ripper benannt wurde.
Die Spuren eines brutalen Rätsels
Night Stalker: Auf der Jagd nach einem Serienmörder geht nun in eine ähnliche Richtung. Diesmal verschlägt es uns wieder in die 1980er, als in Kalifornien ein Mann sein Unwesen treibt, der gleich auf mehrfache Weise nicht zu fassen ist. Zum einen tat sich die Polizei schwer damit, verwendbare Spuren zu finden. Aber es war auch die Willkürlichkeit, mit der er vorging, die vor Rätsel stellte. Ob Mann oder Frau, Kind oder Großeltern, er tötete sie alle, verging sich zum Teil an ihnen. Mal hinterließ er satanische Symbole, mal übergab er sich auch nur oder onanierte auf den Teppich.
Die vierteilige Serie zeichnet dabei das Phänomen chronologisch nach, von den ersten Morden bis zum Ende des Täters. Wer dieser ist, bleibt hier daher lange offen, vermutlich damit das Publikum besser selbst ein wenig miträtseln kann, was für eine Art Mensch hinter allem steckt. Wobei Night Stalker: Auf der Jagd nach einem Serienmörder hier gar nicht groß ins Detail geht. Wir erfahren zwar später den Namen des Killers und was aus ihm wurde. Eine tatsächliche Charakterisierung findet jedoch nicht statt. Die Dokumentation verrät, wer es war, schweigt sich aber darüber aus, wo er herkam, was ihn angetrieben hat und wie er zu dem werden konnte, der er am Ende war.
Viel Atmosphäre
Das mag mit der Schwerpunktverschiebung zusammenhängen: Regisseur Tiller Russell ist mehr an den Menschen interessiert, die unfreiwillig Teil der Geschichte wurden. Da kommen ehemalige Opfer und deren Angehörige zu Wort, deren Leben für immer zerstört wurde. Vor allem aber Gil Carillo und Frank Salerno stehen im Mittelpunkt, die zwei Männer, die damals den Verbrecher jagten. Aus deren Aussagen und historischen Aufnahmen wird hier ein stimmiges, in sich schlüssiges Bild zusammengesetzt. Man bekommt als Zuschauer ein Gespür dafür, wie es damals gewesen sein muss, einem solchen unerklärlichen Grauen ausgesetzt zu sein. Aber auch wie schwierig dieses Jagd war.
Dafür wurde einiges ins Drumherum investiert. Vielleicht sogar zu viel: Night Stalker: Auf der Jagd nach einem Serienmörder verwendet viele der üblichen Tricks, die in diesem Bereich inzwischen üblich sind. Da wurde schon viel Wert auf eine schmissige Inszenierung gelegt, inklusive der passenden Musik. Das ist unterhaltsam und fesselnd, droht aber immer mal wieder ins Reißerische abzugleiten. Es geht hier am Ende dann doch vor allem um den Nervenkitzel, weniger den reinen Informationsgehalt. Wen das nicht stört und mal wieder eine recht klassische True Crime Doku mit Gänsehautfaktor sehen möchte, der wird mit diesem Blick in menschliche Abgründe auf jeden Fall ausreichend bedient.
OT: „Night Stalker: The Hunt for a Serial Killer“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Tiller Russell
Musik: Brooke Blair, Will Blair
Kamera: Nicola Marsh
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