Vielleicht ist die Idee, dass doch jeder in seiner Meinung einzigartig ist, die vielen den Beruf des Kritikers zunächst einmal verdächtig macht. Nicht selten gehen die Meinungen von Kritik und Zuschauer, Betrachter oder Leser weit auseinander, was bei vielen schon zu der Frage führt, welche Aufgabe ein Kritiker eigentlich habe, wenn er oder sie doch zu einem Konsens entweder zu sehr oder gar nichts beitrage. Die Antwort führt darauf zurück, was wir uns generell unter einem Kritiker vorstellen und seinen/ihren Aufgaben, denn, um sich eine Meinung zu bilden, braucht es wenig, aber um Kritik zu üben, braucht es schon ein nicht geringes Maß an Vorkenntnissen, in den meisten Fällen sogar ein Studium in der Kunstrichtung, mit der man sich befasst. Darüber hinaus besteht die Aufgabe des Kritikers nicht zuletzt im Nachdenken, der Kontemplation über ein Kunstwerk, dessen Nachricht es zu erörtern gilt, vielleicht nicht immer im Sinne des Künstlers, aber als ein Weg des Findens einer Herangehensweise, welche man nun dem Betrachter mitteilt und als eine Möglichkeit darlegt.
Somit haben Kritiker, so sie ihre Tätigkeit ernst nehmen, die Aufgabe die Bedeutung eines Werkes zu erschließen und einen Beitrag zum Verständnis von Kunst zu leisten. Dennoch ist es eine besondere Herausforderung, besonders für einen Filmemacher, gerade diese Aufgabe des Nachdenkens, welche so zentral für den Kritiker ist, nachzustellen, dennoch hat sich der indische Regisseur Amit Dutta dies für seine Kurzdokumentation The Museum of Imagination über den bedeutenden indischen Kunstkritiker und -historiker B. N. Goswamy vorgenommen. Der Film, welcher 2013 unter anderem auf dem Internationalen Film Festival Rotterdam und der Viennale lief, basiert auf einer Reihe von Interviews mit Goswamy über Themen wie indische Kunst, sein Schaffen und die besondere Stellung des indischen Künstlers Nainsukh.
Ein Porträt in Abwesenheit
The Museum of Imagination: A Portrait in Absentia ist der vollständige Titel der Dokumention Duttas, womit der in gewisser Hinsicht bereits zusammenfasst, was den Zuschauer in den folgenden rund 20 Minuten erwarten wird. Weniger sind es die Aussagen Goswamys, die im Vordergrund stehen, sondern die Pausen oder die Momente des Schweigens, wie Dutta in einem Kommentar gleich zu Anfang des Films erklärt. Diese Leerstellen füllt Dutta auf mit verschiedenen Darstellungen aus der indischen Kunst, meist entnommen aus den zahlreichen Veröffentlichungen Goswamys oder eben mit assoziativ wirkenden Sequenzen. Gleich zu Anfang fällt hierbei das interessante Sounddesign Duttas auf, welches beispielsweise ein Bild wie die Tötung des Pferdedämons durch Krishna auditiv zum Leben erweckt.
Als Basis für die Struktur der Dokumentation mag die Aussage Goswamys dienen, dass Bilder für ihn Teil seiner Erinnerung und seiner Kindheit sind, und damit essenzieller Bestandteil des Museums der Imagination. Das Nachdenken, welches Dutta versucht abzubilden oder nachzuempfinden, besteht in der Verknüpfung all dieser Gedanken, der Ordnung und der Lebendig-Machung einer Darstellung, was dann wiederum an den Leser oder den Betrachter vermittelt wird. Die Darstellung, wie eben jenes Bild Krishnas mit dem Dämon, wird zu einer Projektionsfläche für diese Gedanken, welche Dutta einfallsreich und kreativ einzufangen versucht.
OT: „The Museum of Imagination“
Land: Indien
Jahr: 2012
Regie: Amit Dutta
Drehbuch: Amit Dutta
Kamera: Mrinal Desal, Dhanajai Singh
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)