Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten
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Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten

Inhalt / Kritik

Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten
„Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten“ // Deutschland-Start: 27. August 2009 (Kino) // 11. November 2010 (DVD/Blu-ray)

Dank ihres Aussehens hat es die Edelkurtisane Léa de Lonval (Michelle Pfeiffer) zu einem ansehnlichen Vermögen gebracht, das sie nun, da sie in die Jahre gekommen ist, einfach genießen möchte. Dabei hat sie es sich immer zum Prinzip gemacht, sich ihren Klienten emotional nicht zu sehr zu nähern, das würde schließlich nur das Geschäft riskieren. Eine Ausnahme bildet Fred (Rupert Friend), den sie seit seiner Kindheit kennt und dem sie den Kosenamen Chéri gegeben hat. Eigentlich wollte sie sich um den Sohn ihrer Freundin und einstigen Rivalin Charlotte Peloux (Kathy Bates) nur eine Zeit lang kümmern. Doch aus der Gefälligkeit wird eine Affäre, später auch mehr. Beide sind dabei darauf bedacht, ihr Verhältnis nicht zu ernst zu nehmen – bis Charlotte ihren Sohn mit Edmée (Felicity Jones) verheiraten will …

Die unsichtbaren Frauen

Die französische Autorin Colette war eine bedeutende Feministin, lange bevor der Kampf um die Gleichberechtigung von Frauen den Mainstream erreichte. Dabei war sie durchaus jemand, der die Massen erreichen konnte: Ihre ersten Werke über die heranwachsende Claudine waren ein großer Erfolg. Allerdings einer, von dem sie nicht viel hatte, da die Bücher seinerzeit unter dem Namen ihres Mannes erschienen – Frauen, die Bücher schreiben, waren damals schließlich noch eher seltene Erscheinungen. Ihr 1920 veröffentlichter Roman Chéri war einer der ersten wichtigen, die unter ihrem eigenen Namen erschienen. Erneut stehen hier vor allem Frauen im Mittelpunkt, auch wenn der Titel sich auf die männliche Hauptfigur bezieht. Aber es sind Frauen, die schon einiges im Leben mitgemacht haben.

Genauer beginnt die Geschichte und der damit verbundene Spielfilm Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten aus dem Jahr 2009 mit einer Begegnung zwischen zwei ehemaligen Kurtisanen. Für Protagonistinnen war das natürlich eine eher ungewöhnliche Wahl. Das Leben mit diesem Beruf wird jedoch nur zu Beginn tatsächlich thematisiert. Die Adaption gibt einen kurzen Einblick in die Situation der Damen, die während der legendären Belle Époque – die Zeit vom späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert – zu Wohlstand gekommen sind. Als tatsächliches Porträt ist das aber zu wenig, da die damit verbundenen Themen bald schon zu den Akten gelegt werden. Stattdessen geht es um das Verhältnis zwischen der Titelfigur und der deutlich älteren Léa.

Das Spiel an der Oberfläche

Das mag man dann bedauerlich finden, vielleicht sogar oberflächlich. Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten setzt sich nie so wirklich mit der Zeit oder dem Stand dieser Frauen auseinander und belässt es lieber bei einigen schönen Schauwerten in Form von Kulissen und Kostümen. Aber auch diese Geschichte hat einige interessante Aspekte zu bieten. Eine Frau, die mit einem deutlich jüngeren Mann anbändelt, das ist selbst heute nicht selbstverständlich. Vor hundert Jahren, als der Roman erschien, war es das noch sehr viel weniger. Am Ende ist der Altersunterschied auch ein maßgeblicher Grund dafür, dass die Beziehung zwischen beiden scheitert, scheitern muss. Auch wenn sich die Frauen einige Freiheiten erkämpft haben und ein selbstbestimmtes Leben führen, so sind sie letztendlich doch noch Opfer ihrer Erwartungen.

Allerdings braucht Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten relativ lang, bis es mal tatsächlich zu dem Thema kommt. Vielmehr schlingert der Film ein wenig zwischen den Genres hin und her, ist mal bissige Komödie, dann wieder schwelgerisches Drama, bis dann doch die Liebe durchbricht. Als reine Romanze ist der Mix, der bei der Berlinale 2009 Weltpremiere hatte, dann auch zu wenig. Regisseur Stephen Frears (Die Queen) lässt die Beziehung der beiden eher an der Oberfläche, nicht zuletzt weil beide Figuren sie aber auch dort haben wollen. Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen findet nicht statt, auch weil beide das nie gelernt haben. Léa hat sich aus beruflichen Gründen auf eine rein oberflächliche Belustigung spezialisiert, Chéri ist mit einer gleichgültigen Mutter aufgewachsen, die ihm nie Liebe nähergebracht hat.

Exzellente Besetzung

Dass das trotz der geringen Tiefe sehenswert ist, ist dabei dem Ensemble zu verdanken. Kathy Bates (Misery) macht Spaß als Mutterdrache, die sich über alle hinwegsetzt. Rupert Friend (Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit) überzeugt als unreifer, selbstsüchtiger Jüngling, der seine Sehnsucht und innere Leere hinter Sarkasmus versteckt. Vor allem aber darf Michelle Pfeiffer (Wo ist Kyra?) beweisen, welches Ausnahmetalent sie ist, wenn sie Charme, Biss und Verletzlichkeit fließend ineinander übergehen lässt. Wenn hinter dem verführerischen Lächeln längst alles zu bröckeln begonnen hat und die Tragik einer Frau zum Vorschein kommt, die ständig umschwärmt war, alles und jeden haben konnte – nur nicht die eine große Liebe.

Credits

OT: „Chéri“
Land: UK, Deutschland, Frankreich
Jahr: 2009
Regie: Stephen Frears
Drehbuch: Christopher Hampton
Vorlage: Colette
Musik: Alexandre Desplat
Kamera: Darius Khondji
Besetzung: Michelle Pfeiffer, Rupert Friend, Felicity Jones, Kathy Bates

Bilder

Trailer

Filmfeste

Berlinale 2009
Filmfest München 2009

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„Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten“ ist ein schön anzusehender Mix aus Drama, Komödie und Liebesfilm, der sicherlich an vielen Stellen recht oberflächlich ist. Und doch ist die Liebesgeschichte um eine frühere Edelkurtisane und den deutlich jüngeren Sohn einer Rivalin, welche keine sein darf, ein sehenswerter, exzellent gespielter Film um unterdrückte Gefühle und wie wir zu Gefangenen unserer Erwartungen werden können.
7
von 10