Dr. Benjamin McKenna (James Stewart) und seine Frau Jo (Doris Day) sind zusammen mit ihrem Sohn Hank auf Urlaub in Marokko. Auf der Busfahrt nach Marrakesch machen sie die Bekanntschaft von Louis Bernard (Daniel Gélin), der geschäftlich in der Stadt zu tun hat und sich als Fremdenführer anbietet. Als er die McKennas zum Abendessen ausführen will, ist er jedoch verhindert und lässt sich entschuldigen, was die McKennas zwar verwundert, aber nicht mehr weiter kümmert, als sie Edward und Lucy Drayton (Bernard Miles und Brenda de Banzie) kennenlernen und sich mit ihnen anfreunden. Erst am folgenden Tage sehen sie Bernard wieder, als er tödlich verwundet in den Armen Benjamins auf einem Marktplatz stirbt. In seinen letzten Worten gibt er sich als britischer Spion zu erkennen, der Einzelheiten über das geplante Attentat an einem europäischen Diplomaten in London weiß. Im Polizeirevier erhält McKenna einen Anruf, in dem ihm ein Fremder sagt, man habe Hank entführt und würde ihn töten, sollten er oder seine Frau auch nur ein Wort von dem aussagen, was Bernard ihm zuflüsterte. Zwar sitzt der Schock tief, jedoch denken Benjamin und Jo nicht daran, einfach tatenlos abzuwarten. Aus Angst, Hank könne etwas passieren, wenn sie mit den Behörden reden, versuchen die Eheleute eigenhändig sich auf die Suche nach den Entführern zu machen und geraten dabei immer mehr ins Zentrum einer internationalen Verschwörung.
Die Ohnmacht des Einzelnen
Eigentlich hatte Regisseur Alfred Hitchcock immer betont, sehr zufrieden mit Der Mann, der zuviel wusste von 1934 zu sein, der nicht nur einer seiner größten kommerziellen wie auch künstlerischen Erfolge war, sondern ihm zudem maßgeblich den Weg nach Hollywood ebnete. Dennoch sagte er in den berühmten Interviews mit Francois Truffaut über sein Lebenswerk, dass die erste Version in seinen Augen eher das Werk eines „talentierten Amateurs“ sei, wohingegen die neue Fassung der Film „eines Profis“ sei. Unabhängig davon, welche Version man bevorzugt oder wie man zu der Aussage des Regisseur steht, ist die allgemein bekanntere Fassung von 1956 ein packender Thriller, der nicht nur Hitchcock auf dem Höhepunkt seiner Kunst zeigt, sondern zeigt, wie gerade in Zeiten globaler Konflikte und der Spionage die Familie wie auch das Private angegriffen wird.
Das Donnern eines Beckens während eines Orchesterauftritts, der Nachhall, oder besser gesagt, die Nachbeben sind das zentrale Motiv auch der Neufassung von Der Mann, der zuviel wusste. Ausgestattet mit einer gewissen Unschuld sowie dem Glauben an Recht und Ordnung gehen Charaktere wie die McKennas durch die Welt, sind irgendwo zwischen Weltoffenheit und dem spießigen Konformismus der USA in den 1950ern angelegt. Wie ein Fremdkörper wirken Doris Day und James Stewart, jene Verkörperungen des „everday America“ durch ihre jeweiligen Arbeiten als Darsteller, inmitten des unübersichtlichen, chaotischen Marktplatzes von Marrakesch. Wie um dies zu betonen, ist gerade jenes Fremdeln mit der anderen Kultur die Pointe vieler leicht komödiantischer Szenen, beispielsweise, wenn sich Benjamin mit den Essgewohnheiten der Marokkaner ringt. Diese Normalität, diese Werte und dieses Betonen des Privaten gegenüber dem Öffentlichen gerät bei Hitchcock, wie in so vielen seiner Filme der 50er Jahre, in Angriff und wird Stück für Stück zersetzt.
Denn umso schockierender stellt sich jener plötzliche Einbruch politischer Konflikte ein mit der Zerstörung der Familieneinheit. In den Gesichtern seiner Helden zeigt sich die Ohnmachtserfahrung, die sich sogleich auf den Zuschauer überträgt, jene Hilflosigkeit angesichts von Konflikten und Zusammenhängen, welche man weder versteht noch durchblickt. Ein Rückzug ins Private ist nicht mehr möglich und nur noch das Handeln hilft, das Werden zum Helden und zur Heldin, was Hitchcock als ein spannendes Ringen inszeniert von Menschen, die sich mit Rollen abgeben müssen, von denen sie nie dachten, sie würden sie jemals ausfüllen müssen.
Das Werk eines Profis
Mag die Aussage Hitchcocks in Gegenwart Truffauts als Arroganz erscheinen, so ist sie doch mit Blick auf die technische und erzählerische Brillanz nicht unangemessen. Gerade die Szenen in London, die im Studio gedrehten Aufnahmen in der Kirche oder in der Botschaft sowie das dramaturgisch meisterhaft inszenierte Finale in der Royal Albert Hall gehören sind noch heute Beispiele dafür, wie Hitchcock durch clevere Regiearbeit, gepaart mit der geschickten Kameraarbeit Robert Burks’ und George Tomasinis Schnitt, eine nicht auszuhaltende Spannung erzeugt, die sich im Spiel der Schauspieler und Detailaufnahmen zeigt.
Ein nicht unwesentlicher Bestandteil und ein wichtiger Aspekt für den Film ist die Musik Bernard Herrmanns, die gerade in dem schon erwähnten Finale ihre volle Wirkung zeigt. Als Ergänzung zu den Bildern ist sie kaum wegzudenken, betont sie doch die Dramatik der Situation und das, was für die Figuren auf dem Spiel steht.
OT: „The Man Who Knew Too Much“
Land: USA
Jahr: 1956
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: John Michael Hayes
Musik: Bernard Herrmann
Kamera: Robert Burks
Besetzung: James Stewart, Doris Day, Brenda de Banzie, Bernard Miles, Christopher Olsen, Daniel Gélin, Reggie Nalder
https://www.youtube.com/watch?v=2fHGz3PaYgA
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 1957 | Bestes Lied | Jay Livingston, Ray Evans | Sieg |
Cannes | 1956 | Goldene Palme | Nominierung |
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