Für meinen Glauben Dévoilées
© Vegafilm

Für meinen Glauben

Inhalt / Kritik

Für meinen Glauben Dévoilées
„Für meinen Glauben“ // Deutschland-Start: 22. Februar 2019 (Arte)

Für die junge Anaïs (Lola Créton) steht fest: Es kann nicht mehr weitergehen wie bisher, die Welt ist zu verkommen, um weiterhin tatenlos zuzusehen. Aus diesem Grund ist sie auch zum Islam übergetreten, in der festen Überzeugung, etwas verändern zu können. Obwohl sie versucht, ihren neuen Glauben vor ihrer Familie zu verbergen, ahnt diese, dass sich da etwas geändert hat. Vor allem ihre Mutter Léa (Julie Gayet) verzweifelt daran, findet sie doch immer weniger Zugang zu ihrer Tochter. Während Anaïs unter dem Einfluss von Extremisten immer mehr radikalisiert, zeigt ihre Großmutter Isabelle (Marthe Keller) Verständnis – auch weil sie selbst ein Geheimnis hat, von dem sie nie jemandem erzählt hat …

Wenn Frauen sich radikalisieren

Zumindest dem Klischee nach sind im Islam Frauen nur Menschen zweiter Klasse: Sie müssen sich verhüllen, ihren Männern absolut hörig sein, dürfen keine Entscheidungen selbst treffen. Dass sie das überhaupt mit sich machen lassen, ist nur das Ergebnis einer Gehirnwäsche, die von Geburt an einsetzt. Denn wenn du von Anfang an nur hörst, dass du nichts wert bist, dann glaubst du es auch. Umso verwirrender ist dann, wenn Frauen sich bewusst für ein solches Leben entscheiden. Wenn sie zuvor frei waren, selbstständig, nur um das alles aufzugeben. Immer mal wieder werden im Kino oder dem Fernsehen solche Geschichten erzählt, sei es in dem Film Der Himmel wird warten oder der Serie Kalifat. Sie alle zeigen Töchter aus gutem Haus, die sich quasi aus heiterem Himmel radikalisieren und der sündigen Welt den Krieg erklären.

Der schweizerische TV-Film Für meinen Glauben geht in eine ganz ähnliche Richtung. Erneut gibt es hier eine junge Frau, die zu einer sehr gewalttätigen Interpretation des Islams konvertiert, während die Familie hilflos drumherum sitzt. Letzteres geschieht natürlich wieder einmal, weil die Kommunikation innerhalb der Familie nicht funktioniert. Beide Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber, sehen sich nicht in der Lage, über das Thema offen zu reden. Stattdessen gibt es nur Anschuldigungen und Aggression. Dass das nicht sonderlich konstruktiv ist, ist klar. Es ist auch etwas frustrierend, da das Drama dem Publikum keine wirkliche Erklärung liefert für ihren Sinneswandel, nur das Ergebnis.

Beeindruckende Wut

Wobei Anaïs immerhin mehr sein darf als nur das simple Sprachrohr der radikalen Männer. Immer wieder macht sie deutlich, dass sie niemandes Sklavin sein will, nicht einmal die ihres neuen Mannes, wie der entsetzt feststellen muss. Sie ist eben nicht das willenlose Frauchen, das sich im Staub wälzt, sondern ist so voller Wut und Tatendrang, dass niemand wirklich vor ihr sicher ist. Das ist dann auch mit Feuereifer von Lola Créton (Die wilde Zeit) gespielt, die derart durch die Gegend wütet, dass man dabei immer mal wieder zusammenzuckt. Schöner wäre es nur gewesen, wenn Regisseur und Co-Autor Jacob Berger in Für meinen Glauben auch etwas mehr zu der Wut gesagt hätte. Seine Protagonistin wiederholt zwar ständig ihre zum Teil nachvollziehbaren, zum Teil abstrusen Ansichten. Wie sie zu diesen kam, bleibt aber offen.

Dafür rückt im Laufe des Film Großmutter Isabelle in den Mittelpunkt. Ist sie zu Beginn nur die verständnisvolle Oma, die sich um Vermittlung bemüht, wird bald klar, dass sie ihre Gründe hat, weshalb sie ihrer Enkelin so viel Verständnis entgegenbringt. Für meinen Glauben zeigt auf diese Weise einige interessante Parallelen, wenn hier zwei Geschichten erzählt werden, die Jahrzehnte auseinanderliegen und doch einiges gemeinsam haben. Richtig in die Tiefe geht das Drama dennoch nicht. Berger wusste nicht wirklich, was er außerhalb der üblichen Klischees erzählen wollte. Auch eine Auseinandersetzung mit der Religion findet nicht statt.

Ein bisschen Spannung muss sein

Allenfalls die Thrillerelemente, die er nach und nach einbaut, stechen da noch etwas hervor. Wobei da auch schon wieder etwas dicker aufgetragen wurde, Für meinen Glauben löst sich dann von den rein zwischenmenschlichen Geschichten und will lieber groß Spannung erzeugen. Das funktioniert durchaus, zu hoch sollten die Erwartungen daran aber nicht sein. Letzten Endes wurde das hier dann eben doch „nur“ fürs Fernsehen produziert. Ob es einen solchen Film nun unbedingt gebraucht hätte, darüber kann man sich streiten, da er der Diskussion eigentlich nichts hinzuzufügen hat, von dieser zeitlosen Komponente einmal abgesehen. Man kann sich aber schon den Abend damit vertreiben.

Credits

OT: „Dévoilées“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Jacob Berger
Drehbuch: Jacob Berger, Noémie Kocher
Musik: Julien Painot
Kamera: Felix von Muralt
Besetzung: Marthe Keller, Julie Gayet, Lola Créton, Cléa Eden, Bruno Todeschini, Yann Philipona, Pierre Banderet, Lyes Salem

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Für meinen Glauben“ tritt eine junge Frau zum Islam über und radikalisiert sich immer mehr, die Familie steht hilflos daneben. Der Film versucht dabei Verständnis für die Protagonistin aufzubauen, bleibt dabei aber eher an der Oberfläche. Dafür gibt es eine interessante historische Komponente und im weiteren Verlauf kleinere Thrillerelemente.
6
von 10