Krauses Zukunft
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Krauses Zukunft

Inhalt / Kritik

„Krauses Zukunft“ // Deutschland-Start: 5. Februar 2021 (Das Erste) // 26. Februar 2021 (DVD)

Für den ehemaligen Dorfpolizisten Horst Krause (Horst Krause) ist das schon ein ziemlicher Schlag ins Gesicht: Der Gasthof hat seine Speisekarte geändert, einfach so. Aber nicht nur so ein bisschen, sondern richtig massiv. In Zukunft soll es hier statt Fleisch nun vegetarisches Essen geben. Und das ist nicht die einzige Veränderung, die Krause auf dem Magen liegt. So hat es sich Bürgermeister Stübner (Boris Aljinovic) in den Kopf gesetzt, das Dorf zu einem Urlaubsort umzuwandeln und ganz viele Touristen anzuziehen. Als dann auch noch die Staatssekretärin Hummel (Rosa Falkenhagen) auftaucht und die Einwohner und Einwohnerinnen dafür gewinnen will, einen Windradpark zu errichten, reicht es Krause endgültig. Ist das denn zu viel verlangt, dass einfach alles so bleibt wie immer?

Ein Polizist auf Abwegen

Ein bisschen durfte man seinerzeit ja schon mit den Augen rollen. Als gäbe es in Deutschland nicht schon genug Krimireihen und -serien, braucht es dann wirklich noch Spin-offs derselben? So geschehen 2007, als ein Ableger von Polizeiruf 110 an den Start ging. In diesem sollte ein wenig das Privatleben des Polizisten Horst Krause beleuchtet werden, losgelöst von Fällen. Schließlich wollten wir alle schon einmal wissen, was Ermittler so treiben, wenn sie gerade keine Mörder jagen. Doch das Konzept ging auf. Seither werden in unregelmäßigen Abständen neue Filme gedreht. Selbst als Krause 2016 aus der zugrundeliegenden Serie ausschied, ging es weiter, nun eben mit dem pensionierten Polizisten.

Mit Krauses Zukunft folgt bereits der achte Teil der ARD-Reihe. Das bedeutet für das Publikum, dass es nicht nur ein Wiedersehen mit Horst Krause gibt, sowohl dem Schauspieler wie auch seiner gleichnamigen Rolle, sondern auch mit der restlichen Dorfbevölkerung. Leichen oder sonstige Verbrechen gibt es dort nach wie vor nicht. Anders als etwa Die Bestatterin: Die unbekannte Tote kürzlich, wo das ländliche Setting genutzt wurde, um menschliche Tragödien und kriminelle Abgründe zu beleuchten, da ist das hier deutlich alltäglicher und leichter. Für die Figuren geht es aber trotz fehlender Leichen um Leben und Tod, wenn über Mittel und Wege gestritten wird, das Dorf zu retten.

Die Suche nach der dörflichen Identität

Damit einher geht auch ein Perspektivwechsel: Anstatt vergangene Mordfälle zu rekonstruieren, steht hier der Blick nach vorne im Mittelpunkt. Es geht auch nicht darum, die Identität eines Verbrechers zu bestimmen, sondern die eigene. Wer sind wir? Was macht uns und unser Dorf aus? Krauses Zukunft ist also durchaus nachdenklicher, als es die zugrundeliegenden Krimis sind. Der Film ist auch nachdenklicher als viele Titel, die sich sonst so auf dem Sendeplatz Freitag im Ersten tummeln. Themen wie Vegetarismus, grüne Wende, Gentrifizierung und Verlust von Identität sind schließlich nicht selbstverständlich in einem solchen Umfeld.

Dennoch machte Regisseur und Drehbuchautor Bernd Böhlich (Und der Zukunft zugewandt) kein bleischweres Betroffenheitsdrama daraus. Vielmehr setzt der von Anfang an für die Reihe zuständige Filmemacher erneut auf kauzige, markante Figuren in dörflicher Umgebung, die sich schon mal gegenseitig so richtig anblaffen dürfen. Man ist ja schließlich unter sich. Sonderlich feinsinnig ist das dann vielleicht nicht, aber doch noch weit von dem oft derben Provinzhumor entfernt, der in sonstigen Komödien oft zur Anwendung kommt. Es gibt weniger direkte Gags als vielmehr konstante Reibung zwischen Menschen, die alle einen eigenen Dickkopf haben und es nicht so wirklich gewohnt sich, sich auszutauschen und ein bisschen über sich selbst zu reflektieren.

Sympathisches Ensemble

Das ist sympathisch, auch dank eines Ensembles, das viel Spaß am Spiel zeigt. Da macht es dann auch nichts, wenn die Handlung überschaubar bleibt. Es reicht, die diversen Figuren aufeinander loszulassen und abzuwarten, was geschieht. Vor allem die Konstellation der drei Krause-Geschwister, verkörpert von Krause, Carmen-Maja Antoni und Angelika Böttiger, trägt dazu bei, dass man sich hier gerne eine kleine Auszeit gönnt. Die Balance aus Überspitzung und Alltäglichkeit funktioniert dabei. Man darf hier über ganz grundsätzliche Dinge nachdenken, welche tatsächlich gesellschaftlich relevant sind, und dabei trotzdem immer wieder schmunzeln.

Credits

OT: „Krauses Zukunft“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Bernd Böhlich
Drehbuch: Bernd Böhlich
Musik: Sebastian Schmidt
Kamera: Florian Foest
Besetzung: Horst Krause, Carmen-Maja Antoni, Angelika Böttiger, Pauline Knof, Rosa Falkenhagen, Steffen Groth, Boris Aljinovic

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Vegetarisches Essen im Wirtshaus, Touristenanstürme und Windräder: In „Krauses Zukunft“ muss sich eine Dorfbevölkerung mit allerlei Veränderungen auseinandersetzen. Tatsächlich überzeugt die TV-Komödie mit einer Mischung aus kauzigen Figuren und gesellschaftlich relevanten Themen, wenn hier gemeinsam nach einem Weg in die Zukunft gesucht werden muss.
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von 10