Es ist schon eine ganze Weile her, dass der ehemalige Marine John W. Creasy (Denzel Washington) einen Einsatz für das US-Militär geleitet hat oder an einem mitwirkte, dafür suchen ihn aber nach wie vor die Erinnerungen an vergangene Missionen heim. Der Einladung seines pensionierten Kollegen Paul Rayburn (Christopher Walken) folgend, reist er nach Mexiko, wo er eigentlich nur ein wenig Ablenkung, ein paar Drinks und ein gutes Essen erwartet. Doch Rayburn überrascht Creasy mit einem Jobangebot. Die Familie des reichen Geschäftsmannes Samuel Ramos (Marc Anthony) ist auf der Suche nach einem neuen Personenschützer für dessen Tochter Lupita (Dakota Fanning). Aufgrund seiner Depressionen zögert Creasy zunächst und auch die erste Begegnung mit Ramos und dessen Gattin Lisa (Radha Mitchell) verläuft nicht unproblematisch. Doch letztlich nimmt er den Job an und mit der Zeit gelingt es ihm sogar, einen Draht zu Lupita aufzubauen. Doch eines Tages passiert eben das, vor dem Lupitas Eltern schon immer graute, denn nach ihrem Klavierunterricht wird ihre Tochter entführt und Creasy lebensgefährlich verletzt. Nach Wochen im Koma erwacht der Ex-Marine, nur um festzustellen, dass die Behörden Lupita für tot halten und Creasy verdächtigt wird, mit den Kidnappern unter einer Decke zu stecken. Als er wieder bei Kräften ist, denkt er nicht daran, wieder in die Staaten zurückzukehren, sondern brennt auf Rache.
Verzerrte Bilder der Welt
Bereits in der 80er Jahren hatte US-Regisseur Tony Scott an einer Verfilmung des gleichnamigen Romans von A. J. Quinnell gearbeitet, musste das Projekt aber aufgeben, da sich kein Produzent fand. Schließlich wurde er durch Drehbuchautor Brian Helgeland wieder auf die Geschichte aufmerksam, da dieser an einem Skript arbeitete, welches er dann selbst inszenieren wollte, wobei sich die Produzenten schließlich für den im Actiongenre mittlerweile sehr erfahrenen Scott entschieden. Mit Man on Fire legte Tony Scott einen für sein Spätwerk sehr typischen Actionthriller vor, der sich vor dem ernsten Hintergrund der Verbrechensbekämpfung und der Zahl der Entführungen in Mittelamerika abspielt.
Zu Unrecht wurde das Werk Tony Scotts, teilweise auch noch heute, im Schatten der Filme seines älteren Bruders Ridley Scotts gesehen. Gerade ein Film wie Man on Fire beweist, wie Tony Scott nicht nur das Handwerk des Genrefilms beherrschte, sondern es über den Verlauf seiner Karriere auch entscheidend mitprägte, wenn es um Aspekte wie Darstellung des Helden sowie dessen Umwelt geht. Die starken Farben, die häufigen Überblendungen sowie die Kontraste sind vielleicht auf die Dauer etwas gewöhnungsbedürftig, treffen aber aus formaler Hinsicht den Kern einer Welt, in welcher Oberfläche, Fassade und Realität nicht immer klar voneinander zu unterscheiden sind. In Man on Fire steht die behütete und naturgemäß umzäunte wie auch rund um die Uhr überwachte Welt der Reichen im Kontrast zu der Realität der Armen, die in der Peripherie ihren Platz haben und deren Existenz sich die Charaktere nur bewusst werden über Verbrechen und die am Rande wahrgenommenen Bettler auf der Straße.
Wie schon in vielen anderen Hollywood-Produktionen, beispielsweise dem kongenialen Sicario von Denis Villeneuve oder einer Serie wie Breaking Bad, ist das Verbrechen ein Bestandteil des Alltags geworden. Innerhalb der Mauern des Anwesens lebt man die Illusion eines Lebens abseits des Elends und der Armut vor den Toren, vor welcher man die Augen verschließt oder die man einfach nicht wahrhaben will. Dabei nimmt sich Helgelands Skript wie auch Scotts Inszenierung die Zeit, eben jenes System zu zeigen, welches das Verbrechen als inhärentes Element begreift und etabliert hat. In diesem sind Menschen scheinbar nur Spielfiguren, doch jemand wie Creasy eine echte Gefahr, ist er doch eine Art Wiedergänger zwischen den beiden Sphären der Gesellschaft.
Geschichten gebrochener Helden
Speziell in den Jahren nach den Terroranschlägen des 11. Septembers war es an der Zeit einen neuen Helden zu etablieren, welcher sich von den Vorgängern der 80er und 90er Jahre absetzte, sodass sich ein Charakterdarsteller wie Denzel Washington als Actionheld einen Ruf machen konnte, was er bis heute noch glaubhaft tut. Nicht nur Werke wie Antoine Fuquas Training Day, sondern erst recht die Kollaborationen mit Tony Scott, unter denen Man on Fire die beste ist, beweisen nicht nur Washingtons Gespür für das Genre, wenn er beispielsweise von einer emotionalen Szene wechseln kann in eine Schießerei oder die Kaltblütigkeit seiner Figur unterstreicht, sondern auch seine Qualitäten, wenn es darum geht, gebrochene Helden wie John W. Creasy zu spielen.
Dieser bewegt sich, wie auch die Struktur des Filmes zeigt, in beiden Welten, wobei er in beiden immer irgendwie außen vorsteht. Gezeichnet aufgrund einer nur angedeuteten Vorgeschichte bestehend aus Militäreinsätzen, Entbehrungen und Gewalt, holt ihn nun diese Vergangenheit wieder ein, bis er wieder einen Zugang zu einer anderen Welt findet, wieder beginnt eine Person zu sein und sich schließlich an jenen rächt, die versuchen, ihm diese Welt wieder wegzunehmen. Vor dem Hintergrund des Genres mag diese Geschichte nicht überragend sein, doch gerade durch die Darstellung Washingtons erhält sie die nötige Erdung. So wirkt die Gewalt in Man on Fire, besonders in der zweiten Hälfte, eben nicht wie reiner Selbstzweck, wie es viele Kritiker dem Film vorwarfen, sondern ist eher Ausdruck einer verzweifelten Wut eines Helden, der sich dazu genötigt sieht, zu eben jenen Mitteln zu greifen, sie ihn schon einmal an den psychischen Abgrund brachten.
OT: „Man on Fire“
Land: USA
Jahr: 2004
Regie: Tony Scott
Drehbuch: Brian Helgeland
Vorlage: A. J. Quinnell
Musik: Harry Gregson-Williams, Lisa Gerrard
Kamera: Paul Cameron
Besetzung: Denzel Washington, Dakota Fanning, Christopher Walken, Giancarlo Giannini, Radha Mitchell, Marc Anthony, Mickey Rourke, Rachel Ticotin
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