Vielleicht ist es nur eine Binsenweisheit oder doch nur eine Aussage, um einen Kunstschaffenden zu beruhigen, aber vielleicht liegt im Scheitern eines Projektes tatsächlich immer auch etwas Positives. Getreu eines berühmtem Zitat des irischen Autors Samuel Beckett ist Scheitern sowieso ein integraler Bestandteil des künstlerischen Prozesses, wobei besonders wichtig ist, nach einem Fehlschlag einen neuen zu wagen, auch mit dem Risiko zu rechnen, dass dieser abermals nicht zum Erfolg führen wird. Man denke nur an all die Drehbuchfassungen, die geschrieben wurden, bis man endlich mit der Produktion beginnen konnte, oder an all die Regisseure, die einige Szenen vielleicht 100 Mal drehen mussten, weil es einfach nicht klappen wollte. Wie dem auch sei, Scheitern und Gelingen bedingen einander und sind immer miteinzukalkulieren, doch im Moment des Fehlschlages kann dies wohl kaum einen trösten, sondern eigentlich nur noch mehr frustrieren.
Zu einer solchen Erkenntnis wird wohl der britischer Dokumentarfilmer Terence Dixon gekommen sein, als er sich Anfang der 1970er Jahre nach Paris aufmachte, um den US-amerikanischen Autor James Baldwin zu interviewen. Aufgrund seiner literarischen Arbeiten wie den Romanen Gehe hin und verkünde es vom Berge oder den Essays Was es heißt, ein Amerikaner zu sein, in denen Baldwin nicht nur sein außerordentliches erzählerisches wie formales Talent bewies, sondern sich zudem mit der politisch-gesellschaftlichen Situation der USA befasste, insbesondere den Lebensbedingungen der Afroamerikaner. Nach den Attentaten auf Malcolm X und Martin Luther King sowie nach einem frustrierenden Versuch mit Hollywood an einem Projekt über das Leben von Malcolm X zusammenzuarbeiten, hatte sich Baldwin ins Exil nach Frankreich begeben, wo ihn Dixon und sein Team aufsuchte, um mit ihm über sein literarisches Werk zu reden.
Chronik eines gescheiterten Dialogs
Schon nach wenigen Minuten wird deutlich, dass aus dem oberflächlich gesehen einfachen Projekt ein heikles Unterfangen geworden ist, reagiert Baldwin zunehmend abweisend auf die Versuche Dixons, ihn zu interviewen, was diesen zusehends frustriert und verärgert. Einem Gespräch über Fragetechnik und thematische Ausrichtung des Interviews scheint Baldwin, zumindest impliziert dies sowohl der Schnitt wie auch das Voice-Over Dixons dies, zwar nicht aus dem Weg zu gehen, doch zeigt seine Körpersprache eine Mischung aus Ungeduld und Belustigung, spielt sich doch hier etwas ab, was Baldwin nicht zum ersten Mal erfährt, nämlich eine Grenze in der Wahrnehmung, die sich durch die kulturellen wie auch individuellen Dispositionen Dixons und Baldwins erklärt. In einem vielsagenden Segment thematisiert der Schriftsteller diese Unterschiede, wenn es um das Verständnis seiner Flucht aus den USA als Exil geht, was sich aber bereits in seinen eigenen Lebensbedingungen ankündigte, waren diese doch schon lange vor den historischen Ereignissen der 1960er unerträglich geworden.
Jedoch ergibt sich aus diesem Scheitern auch die Möglichkeit eines Dialoges, den nun vor allem Baldwin bestreitet, der in vielen Szenen über seinen Interviewpartner hinaus den Zuschauer direkt anzusprechen scheint. Es geht Baldwin nicht um die Beibehaltung für Dixon scheinbar verwirrender Regeln für das Interview und die Dokumentation, sondern es geht um ein Narrativ um die eigene Person, um den Autor wie auch die politische Person Baldwins, die sich nicht mit den Absichten der Dokumentarfilmer verträgt, aber für den Schriftsteller immens wichtig ist. Seine eigene Geschichte oder sein Kampf – je nach Lesart – gelten einer Befreiung, einem Widerstand gegen die Instrumentalisierung, wie es teils bei Martin Luther King wie auch Malcolm X geschah, die zwar intellektualisiert und für viele zu Symbolen geworden sind, doch auf wenig Verständnis stießen, wenn es darum ging, was sie eigentlich ansprechen wollten, wenn auch mit divergierender Ausprägung.
OT: „Meeting the Man: James Baldwin in Paris“
Land: UK, Frankreich
Jahr: 1972
Regie: Terence Dixon
Kamera: Jack Hazan
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