Die Mutter ist schon seit einer Weile tot, nun ist auch noch der Vater gestorben. Doch was bedeutet das für die drei Kinder Jack (Kacey Mottet Klein), Lisa (Anamaria Vartolomei) und Mathis (Andrea Maggiulli)? Zunächst wird noch darüber diskutiert, ob die drei nicht beim Onkel unterkommen könnten. Stattdessen beschließt der 19-jährige Jack jedoch, sich erst einmal selbst um seine Geschwister zu kümmern. Einfach ist das nicht, umso mehr, da das Geld knapp ist, die Eltern nicht genügend vorgesorgt haben. Außerdem wären da noch die seltsamen Aktivitäten des verstorbenen Vaters, bei denen die Kinder unbedingt herausbekommen wollen, was es damit auf sich hat …
Die Alternative zur normalen Familie
Auch wenn sich das Bild der Familie natürlich im Laufe der Zeit gewandelt hat, so bedeutet es normalerweise doch nach wie die Kombination aus Vater, Mutter und Kind. Doch was, wenn diese Konstellation nicht existiert, weil jemand fortgegangen ist oder gestorben, sie vielleicht von Anfang an anders aussah? Diverse Filmemacher haben sich dieses Thema in den letzten Jahren angenommen und alternative Familienkonstrukte aufgezeigt. In Shoplifters – Familienbande kamen völlig Fremde zusammen, um gemeinsam eine Quasi-Familie aus Kleindieben zu formen. In Mein Leben mit Amanda muss ein junger Mann die Tochter seiner bei einem Anschlag verstorbenen Schwester aufnehmen, was ihn zunächst vor große Probleme stellt.
In Nur Kinder ist das prinzipiell ziemlich ähnlich. Erneut ist es hier ein junger Mann, der ein Kind in seine Obhut nimmt. Erneut ist er dazu eigentlich überhaupt nicht bereit, weiß selbst noch nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Bemüht ist Jack zwar, man merkt ihm diverser Reibereien zum Trotz an, wie wichtig die beiden anderen ihm sind. Vor allem Mathis nimmt bald einen großen Raum in seinem Leben ein, kann er doch – anders als die selbstständige Lisa – noch nicht wirklich etwas auf die Beine stellen. Der Film zeigt, wie er sich in seiner Schulklasse zurechtfindet, auch dank eines Mädchens, nach und nach versucht, so etwas wie eine Identität aufzubauen.
Die Geschichte zweier Brüder
Wichtiger noch ist aber das Verhältnis zwischen den zwei Brüdern. Dieses weist eine große Dynamik auf. Da wechseln sich schöne, rührende Szenen ab, wenn die beiden etwas zusammen unternehmen und das Band zwischen beiden spürbar wird. Genauso gut kann es aber sein, dass im nächsten Moment schon wieder die Fetzen fliegen, ohne dass man dabei genau weiß warum. Nur Kinder fehlt dabei eine klar erkennbare Entwicklung. Wo solche Filme von nicht ganz freiwilligen Zusammenführungen normalerweise damit enden, dass sich zwei entfremdete Personen nähergekommen sind, da kommt man hier ungefähr dort wieder heraus, wo man angefangen hat.
Das liegt auch daran, dass Regisseur und Drehbuchautor Christophe Blanc unterwegs diverse Abzweigungen nimmt und in anderen Themengebieten herumfährt. Das ist grundsätzlich zwar durchaus eine mögliche Maßnahme, um für Abwechslung zu sorgen, vielleicht auch anderweitig mehr Tiefe herzustellen. Bei Nur Kinder wird man hingegen nie wirklich schlau draus, was diese Nebenstränge nun genau sollen. Ob es nun das Verhältnis zwischen Jack und Lisa ist, ein raffgieriger Verwandter oder die Odyssee, um hinter die rätselhaften Aktivitäten des Vater zu kommen: Nichts davon führt wirklich zu etwas. Außer zu einer längeren Laufzeit, was nicht zwangsläufig etwas Positives ist.
Schöne Momente des Alltags
Doch zwischen diesen etwas irritierenden Einschüben finden sich eine Reihe recht schöner Szenen. Das sind vor allem die zwischen den beiden Brüdern, wenn sie im Alltag oder auch unterwegs gezeigt werden, in mal skurrilen, dann wieder völlig banalen Momenten. In diesen Moment gelingt es Blanc sehr gut, seinen beiden Protagonisten nahezukommen und das spezielle, intime Verhältnis der der Jungen aufzuzeigen. Lob gebührt an der Stelle dem begehrten Nachwuchsdarsteller Kacey Mottet Klein und seinem jungen Kollegen Andrea Maggiulli, der in Nur Kinder sein Debüt gibt und dabei gleich eine ungeheure Präsenz demonstriert. Für diese Szenen allein schon es sich schon, hier einmal vorbeizuschauen und den jungen Menschen etwas Gesellschaft zu leisten, die schneller erwachsen werden müssen als andere, dabei aber wie der Titel schon sagt eigentlich noch Kinder sind.
OT: „Just Kids“
Land: Frankreich, Schweiz
Jahr: 2019
Regie: Christophe Blanc
Drehbuch: Christophe Blanc, Béryl Peillard
Musik: Florencia Di Concilio
Kamera: Noé Bach
Besetzung: Kacey Mottet Klein, Andrea Maggiulli, Anamaria Vartolomei, Angelina Woreth, Yves Caumon, Ahmed Abdel Laoui
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