Als David (Anastasios Soulis) und Nadja (Nanna Blondell) heirateten, waren sie noch voller Hoffnung auf ein erfülltes gemeinsames Leben! Inzwischen ist davon nicht mehr viel übrig. Zu viel Stress bei der Arbeit, zu wenig Zeit gemeinsam – die Ehe steckt in einer tiefen Krise. In der Hoffnung, dass ihnen eine kleine Auszeit gut tun würde, beschließen sie, im abgelegenen Norden Schwedens Urlaub zu machen und die Zweisamkeit zu genießen. Doch schon auf dem Weg dorthin kommt es zu einem unschönen rassistischen Zwischenfall mit der lokalen Bevölkerung, welche die dunkelhäutige Nadja beschimpft. Der eigentliche Albtraum beginnt hingegen erst in der folgenden Nacht, als sie im Wald zelten und hören, wie jemand draußen herumschleicht. Jemand, der mit einem Gewehr auf sie zielt …
Die Idylle als Todesfalle
Wenn es Städter aufs Land verschlägt, dann hat das meistens eine der folgenden Konsequenzen. 1. Sie lernen von der einheimischen Bevölkerung wieder, worauf es im Leben ankommt, und werden zu besseren, ausgeglicheneren Menschen. 2. Sie werden von den Einheimischen ermordet. Beispiele für Letzteres gibt es ohne Ende. Horrorfilme wie The Texas Chain Saw Massacre bedeuten immer die Begegnung mit zurückgebliebenen, gerne auch mal inzestuösen Proleten, deren einziger Höhepunkt der ist, wenn man sie mal wieder Fremde schlachten dürfen. Wenn David und Nadja mitten ins Nirgendwo fahren und sie schon auf dem Weg dorthin Streit mit rassistischen Idioten haben, dann weiß das genreerfahrene Publikum daher: dreht um!
Eine ganze Weile hält sich der schwedische Netflix-Film Red Dot dann auch brav an die Genrevorlagen. Wenn sie auf einmal zur Jagdbeute werden, da draußen jemand ist, der sie ermorden will, läuft das schon ziemlich genau so ab, wie man sich das vorstellen würde. Wobei der schwedische Thriller dabei von seinem Setting profitiert. Abgelegene Wälder sind immer ein dankbarer Schauplatz für solche Geschichten, eingeschneite umso mehr. Von allem abgeschnitten sein, sich nur mühsam vom Platz fortbewegen zu können, das ist schon ziemlich gemein. Hinzu kommt: Die zwei sitzen praktisch auf dem Präsentierteller, der Titel des Films kommt nicht von ungefähr. Das war schon ein netter, cleverer Einfall.
Eine Jagd wie immer
Ansonsten fehlen aber leider die Ideen. Der Reiz des Settings hält dann doch nicht auf Dauer, zumal er zwangsläufig wenig Abwechslung bringt. Wenn dann das Drehbuch ein bisschen nachlässiger ist wie hier, kommt es schon über kurz oder lang zu Monotonie. Dann und wann wird zwar in Red Dot versucht, diese etwas zu durchbrechen, indem das übliche Spiel mit der Hoffnung getrieben wird. Ist das nun die Rettung oder der Tod? Da werden neue Orte entdeckt, es kommt zu anderen Begegnungen. Eine wirkliche Kursänderung bedeutet dies aber nicht. Ein Großteil der Handlung besteht darin, dass David und Nadja davonlaufen und irgendwie aus der Schusslinie geraten wollen.
Erst gegen Ende hin beweisen Regisseur Alain Darborg und sein Co-Autor Per Dickson, dass sie doch noch mehr mit ihrer Geschichte bezweckten, als anderthalb Stunden lang ein Paar durch den Schnee zu jagen. Tatsächlich schlägt Red Dot noch mal einen ziemlichen Haken. Das Ergebnis ist jedoch zwiespältig. Auf der einen Seite bekommt der Netflix-Film dadurch noch mal eine schöne Ambivalenz, wenn man nicht mehr so sicher ist, was man denken soll. Gleichzeitig sind Wendungen oft aber etwas billig, wenn sie zum Selbstzweck werden. Die Kunst ist es, etwas zu erzählen, was vieles im Rückblick anders erscheinen lässt, mit dem Publikum also gespielt wurde. In der Hinsicht geschieht aber viel zu wenig, weshalb das hier ziemlich willkürlich und zurechtgebogen erscheint.
Solide Abenduntehaltung
Insgesamt reicht es daher nur fürs solide Mittelfeld. Stärken hat Red Dot zwar schon einige, wozu neben den Bildern auch das Ensemble zählt. Nanna Blondell (Operation Red Snake – Band of Sisters) und Anastasios Soulis (Eine schöne Bescherung) machen ihre Arbeit schon gut als Paar, das erst in einer Krise steckt und danach in Lebensgefahr schwebt. Auch ein paar der Auseinandersetzungen mit der Gegenseite können sich sehen lassen, wenn die Ereignisse eskalieren und erste Verluste zu beklagen sind, von den diversen Verletzungen ganz zu schweigen. Damit kann man sich schon einen Abend vertreiben, der Thriller erfüllt seinen Zweck. Mehr als das sollte man aber nicht erwarten.
OT: „Red Dot“
Land: Schweden
Jahr: 2021
Regie: Alain Darborg
Drehbuch: Alain Darborg, Per Dickson
Musik: Carl-Johan Sevedag
Kamera: Benjam Orre
Besetzung: Nanna Blondell, Anastasios Soulis, Thomas Hanzon
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