Als im August 1939 der Lehrer einer englisch-deutschen Mädchenschule im Süden Englands spurlos verschwindet, engagiert die Schulleiterin Miss Rocholl (Judi Dench) probeweise Thomas Miller (Eddie Izzard) als Vertretung. Zunächst scheint dort alles in Ordnung zu, nach anfänglichen Schwierigkeiten erhält er das Vertrauen der deutschen Jugendlichen. Doch als kurze Zeit später die Leiche seines Vorgängers gefunden wird und der Verdacht im Raum steht, es könne sich um Mord handeln, wächst in Miller der Zweifel, dass alles an der Schule mit rechten Dingen vor sich geht. Diese Zweifel verstärken sich noch weiter, als er Zeuge wird, wie Miss Rocholl und die Lehrerin Ilse Keller (Carla Juri) Nazipropaganda hören. Denn zeitgleich spitzt sich die internationale Lage immer weiter zu …
Der Ernst des Krieges
Ein bisschen verwundert durfte man schon sein. Als bekannt wurde, dass Eddie Izzard, eine Größe der britischen Comedy, bei Six Minutes to Midnight zum ersten Mal ein Drehbuch schreiben würde, lag es eigentlich auf der Hand, dass es sich um eine Komödie handeln wird. Tatsächlich ist die genderfluide Künstlerin, die gleichzeitig die männliche Hauptrolle übernahm, hier aber ungewohnt ernst unterwegs. Izzard und Andy Goddard (A Kind of Murder), der hier Regie führte und ebenfalls am Drehbuch schrieb, nehmen uns immerhin mit in die Zeit unmittelbar, bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach. Darüber will wohl nicht einmal sie Scherze machen.
Unklar ist dabei jedoch: Was genau soll Six Minutes to Midnight eigentlich sein? Die Geschichte, die erzählt wird, basiert auf einer wahren Begebenheit, so erfährt man ganz zum Schluss. Aber nicht jede Geschichte, die wahr ist, verdient es damit auch, erzählt zu werden. Gezeigt wird eine Schule in England, in der Töchter von Nazi-Größen Schülerinnen sind. Daraus könnte man vielleicht ableiten, dass da eine große Verschwörung im Gange war. Dass da vielleicht irgendwelche Geheimagentinnen ausgebildet werden, die von innen heraus England angreifen sollen. Stattdessen gingen sie dort aber nur zur Schule und sollten, als die Konflikte zwischen Deutschland und England eskalierten, von dort wieder wegkommen.
Wo ist das Problem?
Obwohl das eigentlich recht naheliegend ist, verkauft Goddard seinen Film aber als eine Art Spionagethriller. Ständig schleicht Miller umher, belauscht die Frauen an der Schule, in der Erwartung, dabei kompromittierendes Material zu finden, welches die Nazi-Sympathisantinnen überführt. So richtig brisant wird es aber nicht. Eigentlich passiert einen Großteil der anderthalb Stunden lang so gut wie nichts, das dafür mit todernster Miene. Erst gegen Ende hin dreht Six Minutes to Midnight dann doch noch auf, so als hätte man sich in letzter Minute daran erinnert: Oh, stimmt, wir wollten noch was Spannendes zeigen! Nur ist das dann sowohl zu spät wie auch zu wenig.
Mühe gab man sich dabei schon. Der Film nutzt dann so alles, was das Spionagefach so hergibt, von Verfolgungsjagden über Schusswechsel bis zu doppelten und dreifachen Verrätern. Das ist dann aber zum einen wieder überzogen, fast schon eine Parodie auf einen Thriller. Zum anderen wirkt es wie ein Fremdkörper, da die Geschichte einfach nicht genug dafür hergibt. Das ist in vielerlei Hinsicht schade, da die Ausstattung edel ist, die Bilder schön. Hinzu kommt das hochkarätige Ensemble, das in Nebenrollen sowohl britische Größen wie James D’Arcy und Jim Broadbent als auch deutsche Nachwuchsschauspielerinnen wie Maria Dragus enthält. Schön ist zudem, dass im englischen Original tatsächlich viel Deutsch gesprochen wird – ein korrektes Deutsch sogar. Aber das hilft alles nichts, wenn die Grundidee des Films derart wenig erzählenswert ist.
OT: „Six Minutes to Midnight“
Land: UK
Jahr: 2020
Regie: Andy Goddard
Drehbuch: Andy Goddard, Celyn Jones, Eddie Izzard
Musik: Marc Streitenfeld
Kamera: Chris Seager
Besetzung: Eddie Izzard, Judi Dench, Carla Juri, James D’Arcy, Jim Broadbent, Maria Dragus, Tijan Marei
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