Experimentierfreude? Lust am Risiko? Das sind eher weniger die Stärken von Posy (Christa B. Allen). Sie hat sich ein hübsches kleines Leben erarbeitet. Und spätestens wenn sie demnächst heiratet, ist alles komplett unter Dach und Fach. Doch dann begegnet sie eines Tages in einer Bar Jack (Richard de Klerk), der sie gleich ein wenig umgarnt und umschmeichelt. Mehr als das ist aber nicht drin, so viel steht für sie fest. Schließlich ist sie verlobt, er sogar verheiratet. Ihre Cousine Laura (Amber Goldfarb) sieht das hingegen ganz anders und ermuntert sie dazu, die ihr verbleibende Zeit noch einmal richtig zu genießen. Dabei ahnt sie nicht, dass Jack gemeinsam mit Stella (Inga Cadranel) ganz andere Ziele verfolgt …
Das darfst du nicht tun!
In Horrorfilmen oder Thrillern hat es große Tradition: Wann immer Figuren etwas Verbotenes tun, werden sie dafür bestraft. Das kann mal Sex vor der Ehe sein – ein beliebtes Todesurteil in den 80ern –, das Betreten verbotener Orte, vielleicht die Inbesitznahme von Gegenständen, die niemand haben soll. Hoch im Kurs stehen auch Affären, die fast immer irgendwie ein böses Ende nehmen, und sei es nur, weil der andere sich als Psychopath entpuppt. Wenn in The Queen of Sin eine Frau in Lebensgefahr gerät, weil sie ihren Freund so ein bisschen betrügt, mit einem verheirateten Mann auch noch, dann ist das nicht wirklich überraschend, sondern vielmehr konsequent im Sinne konservativer Werte.
Dabei sollte man sich von dem Titel nicht irreleiten lassen. Posy ist so gar keine „Queen of Sin“, sie traut sich nicht einmal wirklich, davon überhaupt zu träumen. Tatsächlich wird bis zum Schluss nicht klar, weshalb der Film diesen Titel trägt. Ob da nicht vielleicht jemand in der Excel-Tabelle einfach in der Reihe verrutscht ist. Andererseits passt ein unsinniger Titel zu einem Thriller, der auch sonst selten Sinn ergibt. Und er passt zu den Figuren, die sich mal willkürlich, dann wieder dämlich verhalten, gerne auch schon mal in Kombination. Denn anders würde die Geschichte ja nicht vorankommen.
Die Suche nach Sinn oder Spannung
Sofern man bei The Queen of Sin überhaupt von einer Geschichte reden mag. Eigentlich wird nie so richtig klar, was der kanadische Thriller denn überhaupt erzählen will. Selbst nach der Hälfte des Films darf man sich fragen: Wann geht das hier eigentlich mal los? Dabei fängt das Ganze noch relativ stimmungsvoll an. Wenn wir zu Beginn des Films einer sichtlich mitgenommenen Frau durch einen Wald folgen, dann vermitteln die Bilder gleich das Gefühl, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Auch an anderen Stellen zeigt Kameramann Serge Desrosiers sein Talent für stimmungsvolle Aufnahmen und effektive Perspektiven. Seine Arbeit ist die mit Abstand beste des gesamten Films, selbst wenn das leider in dem Umfeld nicht wirklich viel heißt.
Dabei ist es nicht einmal so, dass man sich bei The Queen of Sin vergleichbar aufregen kann wie bei Eine zweite Meinung, ein weiterer TV-Thriller des kanadischen Produktionsstudios Incendo. Vielmehr regiert hier die Langeweile und das Unverständnis, wie bei dem Film jemand auf die Idee kommen konnte, dass er in der Form unterhaltsam ist. Die Figuren sind mal nichtssagend, dann wieder überzogen, die Dialoge lieblos runtergeschrieben. Es ist nicht einmal so, dass hier so wahnsinnig viel passieren würde und man deshalb einen Grund hätte dranzubleiben. Zum Ende hin wird zwar schon die Intensität erhöht, auch vorher gibt es den einen oder anderen gewaltsamen Zusammenstoß. Tatsächliche Spannung entsteht daraus aber nicht. Dafür hätte es dann doch so etwas wie ein Konzept oder ein Ziel gebraucht. Oder wenigstens Spaß an der Sünde.
OT: „The Queen of Sin“
Land: Kanada
Jahr: 2018
Regie: Jean-François Rivard
Drehbuch: Laurie Finstad-Knizhnik
Musik: James Gelfand, Louise Tremblay
Kamera: Serge Desrosiers
Besetzung: Christa B. Allen, Richard de Klerk, Amber Goldfarb, Inga Cadranel, Sergio Di Zio
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