Roberto Tobias (Michael Brandon) ist Schlagzeuger einer erfolgreichen Rockband und fühlt sich aufgrund seiner Popularität unantastbar. Der Ruhm hat ihm und seiner Frau Nina (Mimsy Farmer) ein luxuriöses Leben in der gehobenen Gesellschaft Italiens gesichert, aber auch viele Neider, die nun zu Roberto scheinbar aufschließen, denn seit geraumer Zeit fühlt er sich beobachtet und verfolgt. Nach einer Probe mit der Band kommt es in einem verlassenen Theater zu einer Konfrontation, in dessen Folge Roberto seinen vermeintlichen Verfolger stellt und Antworten von diesem verlangt, jedoch gerät die Konfrontation außer Kontrolle, als der Mann ein Messer zückt und Roberto angreift. Schockiert über das Ereignis verlässt Roberto den Tatort und begibt sich nach Hause, wo er weder seiner Frau noch der Polizei etwas von der Tat erzählt. Allerdings gab es einen Zeugen, der in den nächsten Tagen Roberto immer wieder Fotos von der Tat mit diversen Botschaften zukommen lässt, die den Musiker immer mehr unter Druck setzen und ihm schließlich gar den Schlaf rauben. Als die Drohungen immer heftiger werden und er seine labilen geistigen Zustand nicht mehr länger vor ihr verbergen kann, gesteht Roberto Nina, was geschehen ist und wie er seit Tagen erpresst wird. Auf Drängen Nina und auf dem Ratschlag seines Freundes Gottfried (Bud Spencer) folgend, engagiert Roberto einen Privatdetektiven (Jean-Pierre Marielle), der dem Treiben des Erpressers Einhalt gebieten soll, jedoch kann auch dieser die ersten Morde im Bekanntenkreis von Nina und Roberto nicht verhindern.
Das letzte Bild, das man sieht
Nach seinen Filmen Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe und Die neunschwänzige Katze folgte mit Vier Fliegen auf grauem Samt der (inoffizielle) Abschluss der Tier-Trilogie des italienischen Regisseurs Dario Argento. Inspiriert von dem Bericht deutscher Wissenschaftler, die angeblich eine Technik erfunden hatten, welche er es ermöglichen sollte, das letzte Bild, welches ein Mensch vor seinen Tod gesehen hat, zu rekonstruieren, verbanden Argento sowie Luigi Cozzi und Mario Foglietti dies zu einer Geschichte, die sich in die lange Reihe italienischer Gialli einordnet, jener für das Kino des Landes berühmte Mischung aus den beiden Genres Horror und Genre. Im Vergleich zu den anderen beiden Einträgen der Filmreihe gelingt es Argento Elemente des Spannungskinos – erzählerische wie auch formale – miteinander zu verbinden, was Vier Fliegen auf grauem Samt wesentlich experimenteller wirken lässt als seine Vorgänger.
Dass gerade eine solche Hypothese, egal, wie unwissenschaftlich sie auch sein mag, das Interesse eines Regisseurs wie Dario Argento weckt, sollte nicht weiter überraschen. Immer wieder geht in seinen Filmen um die verbotene Faszination des Sehens, wenn beispielsweise jemand ein Ereignis beobachtet, was er oder sie nicht sehen sollte, oder aber sich das Gesehene als eine Fassade für ein noch viel schlimmeres Verbrechen entpuppt. Wie schon die Protagonisten in Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe oder Die neunschwänzige Katze ist es ein Einblick in eine Welt abseits des Normalen, die eine tiefe Krise auslöst, in diesem Falle Roberto an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringt. Bis in seine Alpträume verfolgen ihn die Bilder, die ihm der Erpresser und spätere Mörder schickt und zerrütten die Grundfesten seines bisherigen Lebens und seiner Person.
Jedoch verweist diese Obsession mit den Bildern eines Mordes auf jenen dunklen Abgrund, den wir in uns tragen. Tatsachen, wie die eigentlich unlogische und zudem sehr gefährliche Weigerung Robertos Rom zu verlassen, mag man als Logikfehler betrachten, doch liegt ein solches Verhalten im Charakter eines Menschen wie Roberto begründet, der alles will, aber mit Sicherheit nicht die Kontrolle über sein Leben verlieren. Als Musiker von jeher auf eine bestimmte Weise mit einer Form der Spiritualität wie auch der Kontrolle (beispielsweise der Abläufe während einer Probe) verbunden, spielt Michael Brandon auf einnehmende Weise eine Figur, die sich dem dunklen Strudel nicht entziehen kann und lieber einen Schritt auf den Abgrund zu macht als einen zurückgeht, auch wenn in anderen Szenen, wie auch bei den anderen Darstellern, das Schauspiel etwas arg hölzern ist.
Grausame Theatralik
Argento ist einer der großen Künstler des Kinos, bei dem über das Visuelle Einblick gegeben wird in Figuren, in ihr dunkles Geheimnis und ihre Obsessionen. Mit großer Theatralik und unterstützt von der Filmmusik Ennio Morricones sind gerade die Mordszenen in Vier Fliegen auf grauem Samt in vielerlei Hinsicht kleine Filme für sich, gehorchen sie einer Spannungsdramaturgie, der man sich als Zuschauer kaum entziehen kann. Dabei muss es nicht unbedingt der Mord an einem Menschen sein, wie die fulminante Eröffnungsszene beweist, welche Roberto bei der Probe mit seinen Bandkollegen zeigt. Ganz in seiner Welt gibt er sich der Musik hin und nimmt es lächelnd zur Kenntnis, als sein letzter Hieb mit dem Schlagstock nicht nur das Stück beendet, sondern auch das Leben einer Fliege, die sich auf einem Becken des Schlagzeugs niederließ.
OT: „Quattro mosche di velluto grigio“
Land: Italien, Frankreich
Jahr: 1971
Regie: Dario Argento
Drehbuch: Dario Argento, Luigi Cozzi, Mario Foglietti
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Franco Di Giacomo
Besetzung: Michael Brandon, Mimsy Farmer, Jean-Pierre Marielle, Francine Racette, Bud Spencer
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