Als Personenschützerin hat sich Sam Carlson (Noomi Rapace) einen erstklassigen Ruf erarbeitet. Dabei bringt sie nichts so leicht aus der Ruhe, bei ihren Einsätzen in Kriegsgebieten hat sie es gelernt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Als sie engagiert wird, um die verwöhnte Erbin Zoe Tanner (Sophie Nélisse) zu beschützen, sieht das für sie zunächst daher nur nach einem leichten Routinejob aus. Doch es kommt anders. In der Nacht dringen schwer bewaffnete Männer in der Residenz ein und überwältigen das Sicherheitsteam. Zwar gelingt es Sam und Zoe zu fliehen und von Polizisten aufgesammelt zu werden. Die Freude währt jedoch nur kurz: Als klar wird, dass die vermeintlichen Helfer mit den Verbrechern zusammenarbeiten, kommt es zu einem Kampf mit fatalen Folgen. Denn nun sind die zwei Frauen nicht nur vor den unbekannten Angreifern auf der Flucht. Auch die Justiz ist ihnen auf den Fersen …
Frauen im Actionrausch
Deftige Actionszenen, die waren lange eine überwiegend männliche Domäne. Sicher, die eine oder andere Heldin gab es in dem Bereich schon, allen voran die beiden Vorzeigekämpferinnen Ellen Ripley (Aliens – Die Rückkehr) und Sarah Connor (Terminator 2 – Tag der Abrechnung). Doch von Gleichberechtigung ist in diesem Genre auch Jahrzehnte später wenig zu sehen. Wenn in Close – Dem Feind zu nah eine Personenschützerin die Aufgabe hat, alle bösen Buben über den Haufen zu schießen oder anderweitig um die Ecke zu bringen, dann ist das noch immer eine absolute Ausnahmeerscheinung. Zu Unrecht, wie sich hier bald herausstellt. Denn Sam nimmt es mit jedem auf, fürchtet sich vor keinem, gleicht einem Wirbelwind, der durch die gegnerischen Reihen hinwegfegt.
Dabei ist das in Ansätzen sogar noch vergleichsweise geerdet und an der Realität ausgerichtet. Tatsächlich ist die Figur der Sam sogar von einem echten Menschen inspiriert. Genauer stand Jacquie Davis hier Pate, die in der echten Welt so manchen Promi oder einflussreiche Person beschützt hat. Um ein Biopic handelt es sich bei Close – Dem Feind zu nah jedoch nicht. Dafür zeigt der Film auch zu wenig Interesse an seinen Figuren. Wenn die verwöhnte Göre Zoe sich als einsamer, empfindsamer Mensch auf der Suche nach Bindung herausstellt oder Sam zu einer Ersatzmutter mit tragischer Vorgeschichte umgedeutet wird, dann ist das alles andere als spannend. Da hätte es schon noch mehr als abgestandene Klischees gebraucht, um so etwas wie Tiefe zu erzeugen.
Der Griff in die Klischeekiste
Auch sonst hat sich Regisseurin und Co-Autorin Vicky Jewson bei ihrem dritten Film kreativ sicherlich nicht verausgabt. Weder bringt die Handlung irgendwelche nennenswerten Überraschungen mit sich, einen Großteil des Ablaufs kann man ziemlich genau immer vorhersagen. Noch lohnt es sich, die vermeintlichen Wendungen ernst zu nehmen, obwohl sie als solche verkauft werden sollen. In Close – Dem Feind zu nah geschieht nichts, was in dem Bereich des Actionthrillers nicht schon unzählige Male gezeigt worden wäre. Punkte, die inhaltlich hätten interessant sein können, wenn es etwa um fragwürdige Geschäftspraktiken oder Geopolitik geht, werden ignoriert. Allenfalls der Sprachenfaktor, wenn in Marokko ständig zwischen Englisch, Französisch und Arabisch gesprochen wird, sticht noch ein wenig hervor.
Nun muss sein solcher Film natürlich nicht das Rad neu erfinden. Das erwartet das Zielpublikum gar nicht. Und doch ist es schade, wie austauschbar die weibliche Ausgabe geworden ist. Dass da am Ende nicht mehr draus wurde als nur ein weiterer B-Movie. Ansehen kann man den sich. Noomi Rapace (What Happened to Monday?, The Secrets We Keep – Schatten der Vergangenheit) darf erneut beweisen, dass sie sich in dem Genreumfeld zu Hause fühlt und sich nicht vor den männlichen Kollegen verstecken muss. Im Vergleich zu den oben genannten Ikonen des weiblichen Actionkinos ist Close – Dem Feind zu nah aber maximal zweite Wahl. Ein Film, den man sich zwischendurch anschauen kann, wenn es mal ein bisschen krachen soll, der aber im Anschluss gleich wieder vergessen ist.
OT: „Close“
Land: UK, USA
Jahr: 2019
Regie: Vicky Jewson
Drehbuch: Vicky Jewson, Rupert Whitaker
Musik: Marc Canham
Kamera: Malte Rosenfeld
Besetzung: Noomi Rapace, Sophie Nélisse, Indira Varma, Eoin Macken
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)