In den Zeiten von Corona, wankelmütigen Lockdowns und erzwungener Selbstisolation gab es einen Run auf alles, mit dem man sich alleine in der Wohnung beschäftigen kann. Das bedeutete nicht nur verschiedene Formen der Unterhaltung wie etwa Video- und Brettspiele sowie die bekannten Streamingdienste. Auch Baumärkte oder ähnliche Anbieter bekamen Zulauf ohne Ende, weil die Menschen die Zeit nutzen wollten, um das eigene Zuhause aufzumöbeln. Die Ereignisse von der Netflix-Dokumentation Das Hausboot liegen dabei schon länger zurück und nahmen ihren Anfang, als noch keiner ahnen konnte, was da auf uns zukommt. Und doch ist es irgendwie die perfekte Dokumentation für diese Tage, wenn wir Zeugen werden, wie ein heruntergekommenes Hausboot wieder auf Vordermann gebracht wird.
Berühmtheiten unter sich
Wobei es hier nicht um irgendein Hausboot geht. Genauso wenig haben sich da zwei Nobodys an die Arbeit gemacht. Stattdessen haben sich hier Olli Schulz und Fynn Kliemann zusammen getan – beide mit ihrer Musik und anderen Projekten medial sehr präsent – und kauften das ehemalige Hausboot des Sängers Gunter Gabriel. Das Ziel: Das Ganze zu renovieren und zu einem schwimmenden Tonstudio umzubauen. Für Kliemann ist das prinzipiell kein Neuland, ist er doch auch für seine diversen handwerklichen Arbeiten bekannt. Weder er noch Schulz ahnten dabei jedoch, worauf sie sich einlassen würden. Denn was anfangs noch wie ein cooles Schnäppchen wirkt, entpuppt sich bald als Fass ohne Boden, sowohl in Hinblick auf die Arbeit wie auch den finanziellen Aspekt.
Den Reiz von Das Hausboot machen dabei maßgeblich zwei Faktoren aus. Der eine ist in dem Thema an sich begründet. Sendungen über Renovierungsarbeiten oder auch Umgestaltungen von Wohnungen erfreuen sich schon lange größerer Beliebtheit. Die vierteilige Serie steht da deshalb in einer gewissen Tradition. Wie dort werden hier Wände eingerissen, Sachen neu gestrichen, alles irgendwie umdekoriert, mit dem Ziel, dass im Anschluss der Ort schöner sein soll. Der Unterschied ist nur, dass hier eben kein Haus von Grund auf neu gemacht wird, sondern ein Hausboot. Ein Nachteil ist das nicht. Es verleiht diesem Unternehmen sogar ein gewisses Flair, weil nun einmal die wenigsten von uns mit einem solchen Gefährt Erfahrungen haben.
Spaß durch dick und dünn
Der andere Faktor sind die beiden Protagonisten. Die sind zu Beginn des Projekts noch eher oberflächlich befreundet, wachsen mit der Zeit jedoch zusammen. Gleichzeitig wird die gemeinsame Arbeit aber auch zu einer gewaltigen Belastungsprobe. Was im Vorfeld noch so einfach aussah, wird zu einer Herkulesaufgabe, da Gabriel – so viel wird bald klar – nicht sonderlich pfleglich mit seinem Besitz umging. Einfach nur mal ein bisschen drüber pinseln ging nicht. Je mehr die zwei investieren, umso mehr müssen sie sich eingestehen, dass das vielleicht doch keine so schlaue Idee war. Denn am Ende muss so viel getan werden, dass es einfacher und vermutlich günstiger gewesen wäre, einfach gleich ein Neues zu kaufen. Doch bis sie das realisieren, stecken sie zu tief drin, was schnell zu Frustmomenten führt.
Doch wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte – oder alle anderen, die daheim vor den Bildschirmen sitzen und sich Das Hausboot anschauen. Denn es macht schon Spaß, wie eng hier das Konstruktive und das Destruktive beieinander liegen. Im einen Moment bestaunt man noch, wie etwas völlig Neues entsteht, im nächsten werfen sich die zwei irgendwelche Beschimpfungen an den Kopf. Tatsächliche Vorbildfunktion hat das natürlich weniger. Die Dokumentation lädt sicherlich nicht dazu ein, es ihnen gleichzutun und ein ähnlich wahnwitziges Projekt zu starten. Aber es macht schon Lust darauf, grundsätzlich etwas zu erschaffen, zumal zwischendurch auch kräftig musiziert wird. Und wenn am Ende das Hausboot dann steht, darf man sogar ein bisschen neidisch sein, was den zweien und ihrem Team gelungen ist.
OT: „Das Hausboot“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Regina Schlatter
Musik: Fynn Kliemann
Kamera: Bernd Hermes
Mit: Olli Schulz, Fynn Kliemann
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