Es ist ein schwieriger Auftrag, den Kriminalpsychologin Cathrin Blake (Désirée Nosbusch) da aufgetragen bekommt: Sie soll bei einem Täter-Opfer-Gespräch vermitteln. Auf der einen Seite ist Greg O’Leary (Gavin Fullam), der zehn Jahre im Gefängnis saß, weil er als Anhänger der Neuen IRA an einem Bombenanschlag beteiligt war. Ihm gegenüber sitzt Daniel Ward (Parnell Scott), dessen Vater bei dem Anschlag ums Leben gekommen ist und der diesen Vorfall bis heute nicht verarbeitet hat. Doch auch Greg wird von seiner Vergangenheit verfolgt, da er noch immer fest an seine Mission von damals glaubt. Sehr zum Ärger von seiner Frau Aideen (Roisin O’Neill), die endlich ein normales Leben will und sich zwischen ihn und seine ehemaligen Mitstreiter stellt …
Die Folgen eines alten Konfliktes
Lange hatte es so ausgesehen, als sei in Nordirland Frieden eingekehrt. Auch wenn der Konflikt zwischen denen, die Teil des Vereinigten Königreiches bleiben wollen, und denen, die für eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland, nie wirklich gelöst wurde: Seit dem Karfreitagsabkommen 1998 sind die bewaffneten Auseinandersetzungen auf ein Minimum geschrumpft. Zuletzt kochte das Thema aber wieder hoch, als Nordirland von England zum Brexit gezwungen wurde, obwohl dort eine proeuropäische Mehrheit lebt. Nun wird immer wieder um harte Grenzen gestritten, sei es zwischen Nordirland und Irland oder zwischen Nordirland und Großbritannien. Und damit um die Zukunft des Landes.
Da passt es zeitlich geradezu unheimlich gut, wenn sich Der Irland-Krimi: Vergebung dieses Themas annimmt. Anders als beim Vorgänger Das Verschwinden, welches einen einzelnen und persönlichen Entführungsfall behandelte, steht beim vierten Teil der ARD-Krimireihe damit ein stärker gesellschaftlicher Aspekt im Vordergrund. Verbunden wird dies, der Titel kündigt es bereits an, mit einem sogar universellen Thema. Wie mit den tiefen Wunden umgehen, welche die Kämpfe und Auseinandersetzungen hinterlassen haben? Kann ich jemanden vergeben, der mir ein solches Leid zugefügt hat? Und wie sieht es in den Tätern aus, wenn sie mit den Konsequenzen ihrer Tat konfrontiert werden?
Trotz guter Atmosphäre zu wenig
Dass der Film erneut recht ruhig ist und mehr mit einer Drohkulisse arbeitet als mit einer echten Handlung, ist im Vergleich zum letzten Teil deshalb weniger gravierend. Denn dieses Mal nähert sich die Reihe stärker einem Drama an und gibt sich nachdenklicher. Wobei man sich nicht allzu viel Tiefgang in der Hinsicht erhoffen sollte. Wer sich mit dem Nordirlandkonflikt nicht auskennt, wird hier kaum verstehen, worum es überhaupt geht. Genauso bleibt die Konfliktbearbeitung völlig an der Oberfläche. Der Irland-Krimi: Vergebung schneidet die relevanten Themen zwar an, verpasst es aber, tatsächlich darüber zu diskutieren. Beide Seiten sind nicht wirklich zu einem Austausch bereit. Entscheidende Dialoge finden dann auch noch abseits der Kamera statt, so als wollte man um jeden Preis verhindern, dass es tatsächlich mal spannend wird. Zum Ende hin kommt es zwar schon zu mehreren Anläufen in diese Richtung, ohne das aber konsequent zu verfolgen.
Zum Teil wird das zwar wieder durch die Atmosphäre ausgeglichen, welche erneut ruhig, ernst und melancholisch ist, unterstützt von den passenden Bildern einer rauen Natur. Aber eben nur zum Teil. Zumal ein anderes Problem der Reihe bestehen bleibt: Cathrin Blake ist eine furchtbar blasse Protagonistin, die nicht in der Lage ist, eine Geschichte zu tragen. Man hätte sie auch komplett aus Der Irland-Krimi: Vergebung streichen können, ohne dass es einen nennenswerten Unterschied gemacht hätte. Gleiches gilt für ihre schwierige Beziehung zum Sohn, welche wohl für mehr Emotionalität sorgen soll, ohne dass das Drehbuch viel investiert. Aufgrund des wichtigen Themas und der Aufnahmen kann man hier dann zwar reinschauen. Doch das ist angesichts der Möglichkeiten frustrierend wenig.
OT: „Der Irland-Krimi: Vergebung“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Züli Aladag
Drehbuch: Christian Schiller, Marianne Wendt
Musik: Sebastian Fillenberg
Kamera: Roland Stuprich
Besetzung: Désirée Nosbusch, Declan Conlon, Mercedes Müller, Rafael Gareisen, Vincent Walsh, Gavin Fullam, Roisin O’Neill, Parnell Scott, Ely Solan
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