Rain (Madison Iseman) hat Schizophrenie. Oft sieht und hört sie Dinge oder Personen, die nicht wirklich da sind. Eines Tages beobachtet sie durch ihr Fenster, wie ihre Nachbarin (Eugenie Bondurant) auf deren Dachboden mit einem Kind spielt – die Nachbarin ist allerdings kinderlos. Für Rain ist die Sache klar: Das Kind wurde entführt und gefangen gehalten! Leider stoßen ihre Beobachtungen nicht gerade auf offene Ohren, ihr Vater (Harry Connick Jr.) tut das Ganze als Halluzination ab. Einzig Caleb (Israel Broussard) glaubt ihr – aber ausgerechnet bei ihm ist sich Rain so gar nicht sicher, ob er überhaupt existiert.
Die Frage nach der richtigen Erinnerung
Ob aus Zeitgründen oder schlechter Recherche, in den meisten Filmen werden Augenzeugenberichte nicht als das dargestellt, was sie sind, sondern als Beweise, oder mindestens verbindliche Hinweise, aufgrund derer die Ermittler entscheidend vorankommen. Selbst bewusste Falschaussagen ausgenommen, sind Augenzeugen alles andere als eine zuverlässige Quelle. Damit eine Zeugenaussage als glaubhaft eingestuft werden kann, muss nicht nur das Geschehene richtig wahrgenommen worden, es muss darüber hinaus unverfälscht in Erinnerung sein sowie korrekt wiedergegeben werden können.
Ein Fehler in nur einem dieser Schritte kann bereits die gesamte Aussage nutzlos machen, und solche Fehler sind deutlich häufiger als anzunehmen wäre. Ob Drehbuchautorin und Regisseurin Castille Landon das alles weiß, ist nicht bekannt, unabhängig davon hat sie das Ganze aber mit einer interessanten Idee versehen. Während Rain sich sehr exakt an alles erinnert und keine Probleme mit der Wiedergabe gegenüber Dritten hat, lässt das Wissen um ihre Krankheit nicht nur die anderen daran zweifeln, ob sie die Begebenheiten richtig wahrgenommen hat, sondern letzten Endes auch sie selbst.
Was soll das alles?
Leider wurde nur wenig aus der spannenden Idee gemacht. Fear of Rain hält keinerlei Überraschungen parat, die zwei größten Fragen – ob Caleb wirklich existiert und ob die Nachbarin wirklich ein Kind entführt hat – kann sich jeder Zuschauer schnell selbst beantworten, auch wenn der Film erst sehr spät mit der Auflösung herausrückt. Dafür wartet er gegen Ende mit einem weiteren Twist auf – der leider so unnötig wie vorhersehbar ist. Da hilft es auch nicht gerade, dass der Film eine Laufzeit von fast zwei Stunden hat, immer wieder schaltet die an sich interessante Grundhandlung in den Leerlauf mit überflüssigen und/oder in die Länge gezogenen Szenen. Besonders furchtbar ist eine Szene, in welcher Rain ein Buch über Quantenmechanik in Calebs Auto entdeckt und ihn daraufhin fragt, ob er Automechaniker werden möchte. Es ließe sich eine ganze Abhandlung darüber schreiben, warum diese Szene überhaupt nicht in den Film passt.
Nie sonst wird Rain als irgendwie ungebildet charakterisiert (zugegeben werden die wenigsten Menschen erklären können, was Quantenmechanik genau ist, aber selbst wer den Begriff nicht kennt, dürfte dabei kaum an Autos denken) und nie sonst wird Calebs Interesse an dem Thema wieder aufgegriffen. Ansonsten wirft die Szene einige Probleme im Gesamtkontext des Films auf, die aufgrund von Spoilern hier jedoch nicht erörtert werden können. Das Schlimmste ist jedenfalls, dass diese Szene einzig und allein im Film zu sein scheint, weil Landon diesen grottigen Automechanikerjoke machen wollte. In derselben Szene wird auch der vermeintlich tiefgründigeren Titel entkräftet und so scheint die Protagonistin nur deshalb den ungewöhnlichen Vornamen Rain zu haben, um einen schlechten Witz machen zu können – schließlich ist dies die einzige Szene im gesamten Film, in der es regnet.
Unausgegorener Mix
Am Schauspiel gibt es nicht sonderlich viel auszusetzen. Sicher bleiben alle hinter ihren Möglichkeiten zurück, da das Skript nicht viel hergibt. Die Dialoge sind nicht besonders kreativ geschrieben, manche bewegen sich gar auf Seifenopernniveau, und Landon schien sich auch nicht klar darüber zu sein, ob sie nun einen Thriller, ein Coming-of-Age-Drama oder einen Film schreiben wollte, der Schizophrenie erforscht und verständlich macht. So ein Mix kann theoretisch sicher funktionieren, hier tut er es leider nicht.
OT: „Fear of Rain“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Castille Landon
Drehbuch: Castille Landon
Musik: Jamie Muhoberac
Kamera: Joshua Reis
Besetzung: Katherine Heigl, Harry Connick Jr., Madison Iseman, Isreal Broussard, Eugenie Bondurant
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