Für immer Eltern
© ZDF/Arte/Jürgen Olczyk

Für immer Eltern

Inhalt / Kritik

Für immer Eltern
„Für immer Eltern“ // Deutschland-Start: 19. März 2021 (Arte)

Eigentlich freuten sich Anja (Anja Schneider) und Michael Wagner (Devid Striesow) darauf, endlich mal ein bisschen Ruhe und Zeit für sich zu haben. Aber zu früh gefreut. Als Sohn Niklas (Max Schimmelpfennig) aus seiner WG geworfen wird und er bei keinem seiner Freunde unterkommt, zieht er kurzfristig eben wieder bei ihnen ein. Sind ja nur ein paar Tage, so sagt er. Doch es dauert nicht lange, bis es zu ersten Konflikten kommt. Nicht nur, dass Alina (Anouk Elias), die Freundin des Sohnemannes, gleich mit einzieht und auf Konfrontation geht. Niklas selbst steht zudem vor einer wichtigen Prüfung bei seinem Referendariat an der Schule, was nicht nur ihn ziemlich nervös macht …

Das Leben kommt später

Die Menschen mögen einerseits immer älter werden. Gleichzeitig hat sich für viele aber auch der Zeitpunkt nach hinten verschoben, bis das Leben wirklich los geht. Der Eintritt ins Berufsleben erfolgt später, das Kinderkriegen ebenfalls. Ein Aspekt, der sich in diesem Zusammenhang beobachten lässt: Es kommt zunehmend vor, dass die Leute als Erwachsene immer noch bei den Eltern leben. Das berühmte Hotel Mama eben. Für Filmschaffende ist das ein dankbares Thema. Vor allem im komödiantischen Bereich wird gerne erzählt, wie die erwachsenen Kinder – meist zum Leidwesen ihrer Eltern – noch oder wieder daheim wohnen. Die französischen Komödien Tanguy – Der Nesthocker und Willkommen im Hotel Mama etwa zeigen genüsslich, wie ein solches spätes Familienleben für jede Menge Reibungen sorgen kann.

Das ist beim deutschen Kollegen Für immer Eltern nicht anders. Wobei die Zusammenkunft hier zumindest von beiden Seiten nicht gewünscht war. Niklas versucht nach seinem WG-Ende zunächst verzweifelt sein Glück bei Freunden. Die Eltern willigen erst nach einigem Zögern und Zähneknirschen ein. Nach einem recht zuversichtlichen und harmonischen Einstieg dauert es dann auch erwartungsgemäß nicht lange, bis die ersten Streitigkeiten entstehen. Da geht es um die üblichen Konfliktherde, welche jedes Zusammenleben bestimmen, unabhängig von der Konstellation. Da steht mal die Frage im Raum, wer denn den Müll rausbringt oder die Einkäufe macht. Selbst ein bisschen nächtliche Ruhestörung darf nicht fehlen.

Die ewige Selbstsuche

Für immer Eltern versteift sich aber nicht darauf, einfach nur einen Streitpunkt nach dem anderen vorzubringen. Auch die Neigung zur Karikatur, wenn zu Beginn etwa um einen veganen Lebensstil gerungen wird, ist nicht von Dauer. Vielmehr nutzt Drehbuchautor Peter Probst (Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer) das Szenario, um ganz grundsätzlich darüber nachzudenken: Was will ich eigentlich vom Leben? Welche Träume habe ich? Und wie realistisch sind die? Im Fall der Eltern wird dies durch eine Fotografie von einem Berg versinnbildlicht, die in der Wohnung hängt und sie ständig daran erinnert, dass sie doch einmal dorthin wollten. Wenn eben dieses Bild früh zu Boden kracht, nachdem der Filius wieder eingezogen ist, dann ist das ein durchaus netter Einfall mit Symbolkraft.

Doch im Mittelpunkt der Überlegungen steht Niklas selbst. Der wird anfangs als ziemlicher Schluffi dargestellt, der sich nur mühsam und mit viel Unterstützung anderer durchs Leben mogelt. Ein typischer Nichtsnutz, der nur in den Tag hineinlebt und es nicht einmal schafft, pünktlich zur Schule zu kommen. Doch im Laufe von Für immer Eltern stellt er sich als durchaus tragische Figur heraus, über den immer wieder andere bestimmt haben, der selbst nie ein Mitspracherecht erhielt, weil sein Umfeld es besser zu wissen meinte. Einer, der so zu einem Gefangenen der Erwartungen anderer wurde. Das wird auch bei seinen Bemühungen im Referendariat offensichtlich, wo er immer wieder mit neuen Ideen ankommt, aber an dem strengen Rahmen der Regeln und Bestimmungen scheitert.

Spöttisch und versöhnlich

Für immer Eltern ist deshalb eben nicht allein eine Komödie, die sich an einem schwierigen Zusammenleben erfreut. Vielmehr handelt es sich um eine Art verspäteten Coming-of-Age-Film rund um einen jungen Mann, der zum ersten Mal lernt, seinen eigenen Weg zu gehen. Das wechselt zwischen spöttisch und schön. Zum Schluss darf es dann auch versöhnlich werden, wenn die Selbstsuche zwar noch kein erfolgreiches Ende genommen hat, aber wenigstens eine Selbstsuche sein darf. Insofern macht der Film Mut, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, in sich hineinzuhorchen und auch mal auszuprobieren. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, ob man nun Eltern oder Sohn ist, in einer Wohnung lebt oder auf Berge kraxelt. Für neue Wege ist es schließlich nie zu spät.

Credits

OT: „Für immer Eltern“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Florian Schwarz
Drehbuch: Peter Probst
Musik: Florian Van Volxem, Sven Rossenbach
Kamera: Philipp Sichler
Besetzung: Devid Striesow, Anja Schneider, Max Schimmelpfennig, Pauline Fusban, Anouk Elias, Shenja Lacher

Bilder



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In „Für immer Eltern“ zieht ein junger Mann gezwungenermaßen wieder bei seinen Eltern ein, was zu jeder Menge Reibungen führt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine reine Konfliktkomödie. Vielmehr nimmt der Film das zum Anlass, um ganz allgemein über Selbstsuchen, den Kampf mit Erwartungen und unerfüllte Träume zu sinnieren.
7
von 10