Als am 11. März 2011 Japan von einem schweren Erdbeben getroffen wird, ist das nur der Auftakt für eine gleich dreifache Katastrophe. Denn diesem folgt ein riesiger Tsunami, welcher die an den Küsten gelegenen Orte und Städte bedroht. Dazu zählen auch die in Fukushima, einer Präfektur im Nordosten des Landes – und damit das dort gelegene Kernkraftwerk. Die viele Meter hohe Flutwelle verursacht dort nicht nur einen Stromausfall. Damit verbunden sind gewaltige Schäden in der Anlage. An gleich vier Reaktoren kommt es zu Kernschmelzen und der Freisetzung radioaktiver Stoffe. Schichtleiter Toshio Izaki (Koichi Sato) und Werkschef Masao Yoshida (Ken Watanabe) setzen alles daran, die Lage wieder unter Kontrolle zu kriegen. Doch das bedeutet gleichzeitig eine schwierige Entscheidung: Sollen sie das Leben ihrer Männer riskieren oder diese lieber in Sicherheit bringen?
Erinnerung an eine große Katastrophe
Neben diversen terroristischen Anschlägen und natürlich der Corona-Pandemie gehört sie zu den Katastrophen, welche die Menschheit zuletzt am meisten geprägt hat: der Reaktorunfall in Fukushima. Schon die vorangegangene Kombination aus Erdbeben und einem bis zu 40 Meter hohen Tsunami hätte gereicht, um weltweit Bestürzung auszulösen. Doch was die Leute vor den Fernsehen noch mehr schockierte, waren die Auswirkungen auf das Atomkraftwerk. Wenn das Hightech-Land Japan, das wie kein anderes auf Erdbeben und andere Naturkatastrophen vorbereitet ist, seine Anlagen nicht ausreichend schützen kann, wie soll das dann der Rest der Welt machen? Global wurde in Folge diese Form der Energiegewinnung zumindest in Frage gestellt. In einigen Ländern wurde der öffentliche Druck so groß, dass man sofort den Ausstieg aus der Atomkraft beschloss.
Dabei war das Unglück zum Teil zumindest von den Menschen selbst verschuldet, wie Fukushima demonstriert. Filme zu dem Thema hat es im Laufe der Zeit natürlich einige gegeben. Gerade der Dokumentarbereich wurde mit Werken wie dem herzzerreißenden Phone of the Wind: Whispers to Lost Families oder dem informativen Der ewige GAU? 10 Jahre Fukushima gut abgedeckt. Hier stehen jedoch nicht die Folgen im Mittelpunkt. Stattdessen rekonstruiert Regisseur Setsurō Wakamatsu die Ereignisse aus Sicht der Männer, die in der Anlage verzweifelt versuchen, ein noch größeres Unglück zu verhindern. Unter dem Namen Fukushima 50 gingen diese in die Geschichte ein, welcher dem Film auch seinen Originaltitel gibt.
Von Helden, Schurken und Idioten
Der Film ist dann auch eine Mischung aus Heldenverehrung und klassischem Katastrophenfilm. Ungewöhnlich für Letzteren ist jedoch der Einstieg. Wo in diesem Bereich normalerweise zwecks Schaffung von Identifikationsflächen erst eine recht lange Einführung der Figuren erfolgt – siehe etwa Die letzte Nacht der Titanic oder Skyfire –, da steigt Wakamatsu bei Fukushima mitten ins Geschehen ein. Lange gefackelt wird da nicht, es geht gleich mit dem Erdbeben und dem Tsunami los. Kurze Zeit später sehen wir bereits, wie die Männer im Kraftwerk im Dunkeln sitzen und erst einmal gar nicht wissen, wie ihnen geschieht. Das liegt einerseits daran, dass niemand für einen solchen Fall vorbereitet war. Aber auch die mangelnde Kommunikation von oben sorgte dafür, dass die Arbeiter mehr oder weniger auf sich gestellt waren.
Fukushima erzählt die eigene Geschichte daher zweigleisig. Einerseits beobachten wir die Leute vor Ort, die wieder und wieder Versuche starten, die Reaktoren zu kühlen und eine Explosion zu verhindern, unter dem Einsatz ihres eigenen Lebens. Andererseits erhalten wir Einblicke in die Reaktionen der Unternehmungsleitung, aber auch der Politik. Während Erstere dabei als klare Helden gezeigt werden, sind Letztere mehr oder weniger die Antagonisten. Mal ist es der Geiz, der sie fragwürdige Entscheidungen treffen lässt, mal der Versuch, die Sache unter den Teppich zu kehren. Dazwischen mischen sich auch Beispiele empörender Inkompetenz, wenn Leute zwar das Sagen haben, aber keine wirkliche Ahnung.
Spannend mit etwas Pathos
Das bedeutet gleich in zweifacher Hinsicht einen Angriff auf das eigene Nervenkostüm. Während der eine Strang reguläre Spannung mit sich bringt, ist der andere eher mit einem Aufregerfaktor versehen. Sonderlich in die Tiefe geht das dabei jedoch nicht, gerade auch im Hinblick auf die Personen. Bei Izaki und Yoshida gibt es immerhin einen Wiedererkennungswert, auch weil – etwas umständlich – mit Flashbacks und anderen persönlichen Geschichten gearbeitet wird. Die meisten der zahlreichen Figuren fallen aber kaum auf. Dafür gibt es zum Schluss noch Pathos und Sentimentalität, damit das Publikum möglichst ergriffen aus dem Film geht. An solchen Manipulationen sollte man sich daher nicht zu sehr stören. Sie machen zudem nur einen vergleichsweise kleinen Teil von Fukushima aus, das einen nicht nur neuen Respekt vor der Natur lehrt, sondern auch gemischte Gefühle gegenüber der menschlichen Rasse hinterlässt.
OT: „Fukushima 50“
Land: Japan
Jahr: 2020
Regie: Setsurō Wakamatsu
Drehbuch: Yōichi Maekawa
Vorlage: Ryûshô Kadota
Musik: Taro Iwashiro
Kamera: Shoji Ehara
Besetzung: Kôichi Satô, Ken Watanabe, Riho Yoshioka, Hidetaka Yoshioka, Narumi Yasuda, Shirō Sano, Yasuko Tomita
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