Language Lessons
© Jeremy Mackie

Language Lessons

Inhalt / Kritik

Language Lessons
„Language Lessons“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Die Begeisterung von Adam (Mark Duplass) hält sich schon schwer in Grenzen, als er von seinem Ehemann Will (Desean Terry) zum Geburtstag einen Online-Sprachkurs für Spanisch geschenkt bekommt. Nicht nur, dass er sich davon überrumpelt fühlt. Er weiß zudem nicht, wie er in seinen von Routinen geprägten Alltag so etwas unterbringen soll. Und dann auch noch 100 Stunden! Dennoch lässt er sich probehalber darauf ein. Tatsächlich ist ihm seine Lehrerin Cariño (Natalie Morales) auf Anhieb recht sympathisch, beide plaudern sie munter drauf los, ohne zu ahnen, dass sich ihr Leben bald sehr verändern wird …

Das Leben durch einen Bildschirm

Die direkten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Filmbranche waren sehr schnell spürbar. Kinos wurden geschlossen, zahlreiche Filme verschoben oder auf Streamingdienste abgeschoben, einige Serien mussten aufgrund der strengen Hygiene-Auflagen beim Dreh auch gestrichen werden. Und dann gab es noch Filme und Serien, die explizit auf die Pandemie und das Leben mit dem Lockdown verwiesen, die einen reißerisch (Songbird), die anderen mit Humor – siehe einige Folgen in Homemade oder Social Distance. Man wollte dort möglichst viele Menschen mitnehmen, indem man ihnen klar macht, dass wir doch alle im selben Boot sitzen. Das schafft ein gewisses Verbundenheitsgefühl.

Language Lessons geht da einen etwas anderen Weg, einen eigenen Weg. Der Film verweist nicht auf die Pandemie, thematisiert keine Krankheiten oder andere dadurch verursachte Notlagen. Dennoch handelt es sich um ein Werk, das eindeutig von dieser Zeit geprägt ist. So wird die Geschichte allein durch Aufnahmen erzählt, die entweder am Laptop oder am Handy entstanden sind, je nachdem ob sich die beiden von daheim aus melden oder sich private Nachrichten schicken. Andere Menschen gibt es kaum, sie tauchen höchstens mal in Erzählungen auf. Die Folge: Nahezu der gesamte Film fußt auf Unterhaltungen, welche die zwei online führen.

Spiel mit Nähe und Distanz

Language Lessons ist dabei natürlich nicht der erste Film, der auf eine solche Idee gekommen ist. Desktop-Ansichten wurden in den letzten Jahren immer mal wieder zum Rahmen von Erzählungen, lange vor Corona. Das geschah jedoch eher als Gimmick oder auch zum Zwecke der Spannungssteigerung, wenn die jeweiligen Protagonisten und Protagonistinnen zu Gefangenen des kleinen Ausschnitts wurden. Regisseurin Natalie Morales, die zusammen mit Mark Duplass das Drehbuch schrieb und auch die Hauptrolle übernahm, zeigt uns mit ihrem Film jedoch viel mehr, was es bedeutet, mit einem anderen Menschen nur auf diese Weise kommunizieren können. Wie es ist, wenn die einzige Interaktion die ist, auf einen Bildschirm zu schauen.

Besonders am Herzen lag den beiden dabei offensichtlich das Spiel mit Distanz und Nähe. Immer wieder dreht sich Language Lessons darum, wie sich die zwei näherkommen, wie sich zwischen zwei völlig Fremden eine Freundschaft entwickelt. Um den Sprachgehalt geht es bei den Stunden irgendwann schon gar nicht mehr, wenn Adam und Cariño sich alles Mögliche erzählen. Es ist dann auch eine wahre Freude, die beiden zusammen zu sehen, obwohl sie nicht zusammen sind. Da geht es mal um den Alltag, es wird viel herumgealbert, bei dem Mischmasch zwischen Englisch und Spanisch. Gleichzeitig zeigen Morales und Duplass auf, dass es hierbei Grenzen gibt. Dass diese Nähe, welche das ständige Starren auf das Gesicht eines anderen impliziert, auch eine Täuschung sein kann. Gerade der inzwischen so selbstverständliche Umgang mit den neuen Medien, welche aus den banalsten Situationen eine Bühne bauen, führt dazu, dass vieles zu einer Fassade geworden ist. Das bleibt auch den beiden Figuren nicht verborgen, als die Gespräche immer tiefer werden und sie nicht so recht wissen, wie sie sich verhalten sollen.

Viele Themen mit dabei

Das allein hätte schon einen sehr interessanten Film ergeben können. Leider war das den zweien aber nicht genug. Stattdessen führt die Tragikomödie, welche auf der Berlinale 2021 Weltpremiere hatte, noch eine Reihe weiterer Themen auf, von der Schere zwischen Arm und Reich über Vorurteile und Diskriminierung bis zu Schicksalsschlägen, alles sollte irgendwo noch mit rein. Zumindest punktuell geht damit Language Lessons die Leichtigkeit und Natürlichkeit verloren, mit der hier durchaus gepunktet wird. Weniger hätte es da auch getan. Dennoch ist die mit geringen Mitteln und heimlich gedrehte Geschichte um eine Fernfreundschaft ein sehr schöner Film. Ein sehr aufbauender Film auch, der in Zeiten von Isolation und Einsamkeit Trost spenden kann, egal ob da draußen nun ein Virus wütet oder nicht. Am Ende wird Adam zwar nur minimal etwas über die spanische Sprache gelernt haben. Andere Erkenntnisgewinne gab es aber durchaus, dazu immer wieder Anlass zum Lächeln. Und das ist doch nie verkehrt.

Credits

OT: „Language Lessons“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Natalie Morales
Drehbuch: Mark Duplass, Natalie Morales
Musik: Gaby Moreno
Kamera: Jeremy Mackie
Besetzung: Mark Duplass, Natalie Morales

Trailer

Filmfeste

Berlinale 2021

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Language Lessons“ schließen ein Mann und seine Spanischlehrerin, die sich nur online sprechen, Freundschaft. Um die Sprache an sich geht es in dem Film dabei kaum. Dafür spricht die Tragikomödie selbst viele Themen an, die uns heute so umtreiben, allen voran jenes, wie virtuelle Kommunikation ein Spiel aus Distanz und Nähe ist. An manchen Stellen wäre weniger mehr gewesen. Schön ist das Ergebnis aber auch so, spendet gerade in einer Zeit andauernder Isolation dringend notwendigen Trost.
8
von 10