Nachdem seine Freundin die Beziehung zu Sho (Eita) beendet hat, ist der junge Mann völlig verzweifelt, vor allem, weil sie als Grund angab, er sei einfach zu langweilig und würde es im Leben zu nichts bringen. Ein Überraschungsbesuch seines Vaters (Teruyuki Kagawa) reißt Sho aus seiner Lethargie, denn sein Vater trägt eine Urne mit sich mit den sterblichen Überresten von Shos Tante, die vor wenigen Tagen unter mysteriösen Umständen ermordet wurde. Da Sho im Moment weder eine Beziehung noch eine Arbeit hat, trägt ihm sein Vater auf, die Wohnung seiner verstorbenen Tante aufzusuchen und diese aufzuräumen, damit man die Angelegenheit schnell hinter sich bringen könne. Sho, der noch nie etwas von seiner Tante wusste, wurde diese doch in jungen Jahren von ihrer Familie verstoßen, lernt anhand der Dinge, die er in ihrer Wohnung sowie eines Nachbarn, der ein besonderes Faible für Punkmusik hat, viel über Matsuko (Miki Nakatani), was für ein Mensch sie war, wie es zum Bruch mit ihrer Familie kam und wie es zu ihrem Tod kam. Durch die Geschichten des Nachbarn wie auch vieler anderer Menschen erfährt Sho davon, wie die einstige Lehrerin aufgrund eines Vorfalls mit einem Schüler, den sie schützen wollte, nicht nur von der Schule verwiesen wurde, sondern schließlich den Namen ihrer Familie in den Schmutz zog. Während Matsuko gesellschaftlich immer weiter absteigt und schließlich als Prostituierte arbeitet, versucht einzig ihre Schwester Kumi (Mikako Ichikawa) Kontakt zu ihr aufzubauen, doch es scheint so, als sei Matsuko verloren und suche nach ihrem eigenen Glück, nachdem ihre Familie sie einst so im Stich gelassen hat.
Leben wie im Märchen
Wie bei vielen seiner Kollegen zeichnet sich auch die Filmografie des Japaners Tetsuya Nakashima durch ihre Eigenwilligkeit aus, wobei Werke wie Geständnisse – Confessions oder Kamikaze Girls nicht nur die verschiedenen künstlerischen Facetten, sondern nicht zuletzt für teils recht wilde Mischungen aus verschiedenen Genreelemtenten sind. Diese Besonderheit seiner Filme findet großen Anklang bei Publikum wie auch der Kritik, so hatte Memories of Matsuko beispielsweise insgesamt 14 Nominierungen bei den dreißigsten Japanese Academy Awards, wobei er letztlich in drei Kategorien gewann. Basierend auf einem Roman des Autors Muneki Yamada erzählt Memories of Matsuko die Geschichte einer Frau, bei der es nicht nur um Themen wie Glück, Vergebung und Einsamkeit geht, sondern auch, woran man festmachen kann, ob ein Leben glücklich ist.
Während die Geschichte sehr ernste Themen bedient und teils recht drastische, verstörende Szenen zeigt, erscheint die Form des Musicals wie ein Widerspruch zu dem Dargestellten, so, als verweigere sich die Protagonistin der Realität. Bis zu einem gewissen Grad mag hier sicherlich Eskapismus eine Rolle spielen, doch trifft dies bei weitem nicht den Kern, muss man die Geschichte Matsukos vor dem Hintergrund bewerten, wie sie sich selbst sah oder wie sie ihr Leben erzählt und wie dies in den Augen anderer wirkte. Die Erinnerungen, die Sho nach und nach offenlegt, ergeben eine bunte Collage einer Person, die er, wie der Zuschauer, erst kennenlernen muss und bei der man auf die Zeugnisse Dritter angewiesen ist, wenn es darum geht, zu verstehen, wer dieser Mensch überhaupt war.
Interessanterweise fasst die Opulenz der Musical-Szenen Lebensabschnitte zusammen, deutet aber auch auf einen Menschen hin, der sich, trotz widriger Umstände, nicht zu einem Opfer oder einer Unglücklichen abstempeln lassen will. Das Bunte und Märchenhafte und teils sehr Kindliche dieser Szenen betont den Trotz in Aussagen wie, dass man sich nicht geschlagen geben will. Erzählerisch wie formal unterstreicht Nakashimas Inszenierung, insbesondere die Musik Gabriele Robertos, die Vielfalt eines Lebens, den Willen der Protagonistin, nicht aufzugeben, erst recht nicht den Traum eines Märchens oder eines Glücks, das vielleicht gar nicht mehr so lange auf sich warten lässt.
Glück und Vergebung
Neben diesen Aspekten muss man auch die Darstellung Miki Nakatanis als Matsuko loben, für die sie völlig zu Recht mit zahlreichen Auszeichnungen, unter anderem einem Japanese Academy Award bedacht wurde. Sowohl die dramatischen Szenen wie auch die vielen Musical-Einlagen offenbaren immer neue Aspekte von Matsuko, teils sehr widersprüchliche und irritierende Details, was ihren Charakter und dessen Entwicklung interessant und spannend macht. Es geht letztlich um „ihr Glück“, wie sie es an einer Stelle sagt, ein Konzept, dessen Definition sie bestimmt und in das sie sich nicht hereinreden lassen will, weder von ihrer Familie, die von ihr nichts hören will, noch von ihren Freunden, die unter der Prämisse doch nur „das Beste“ zu wollen, ein Mitbestimmungsrecht auf Matsukos Leben einfordern.
Noch lange wird die Figur Matsuko wohl beim Zuschauer im Gedächtnis bleiben, ihre Entwicklung sowie die teils schrecklichen Prüfungen, die sich durchlaufen musste. Von einem Hoch der Gefühle geht es hinab in einen Abgrund der Einsamkeit und des Schmerzes, wobei Regisseur Nakashima die Form des Musicals nutzt, um eben diese Extreme erzählerisch wie formal auszuloten, sodass der Bruch keinesfalls gekünstelt wirkt, sondern wie das Auf und Ab eines Lebens, welches alles andere als bedeutungslos war, sondern sich dem Konzept von Normalität, was auch immer das sein soll, entzog.
OT: „Kiraware Matsuko no Issho“
Land: Japan
Jahr: 2006
Regie: Tetsuya Nakashima
Drehbuch: Tetsuya Nakashima
Vorlage: Muneki Yamada
Musik: Gabriele Roberto
Kamera: Masakazu Ato
Besetzung: Miki Nakatani, Eita, Yusuke Iseya, Teruyuki Kagawa, Mikako Ichikawa
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