Eigentlich war die 16-jährige Vivian (Hadley Robinson) immer darauf bedacht, möglichst wenig irgendwo anzuecken und einfach irgendwie weiterzumachen. Doch das ändert sich, als Lucy Hernandez (Alycia Pascual-Peña) an ihre Schule wechselt. Denn die lässt sich von niemandem etwas gefallen, nicht einmal von dem eingebildeten Football-Schönling Mitchell Wilson (Patrick Schwarzenegger). Nach und nach stellt Vivian dabei fest, wie ungerecht es an ihrer Schule zugeht, wie tief Sexismus und Rassismus Teil des Geschehens sind. Und so entschließt sie, inspiriert von ihrer Mutter Lisa (Amy Poehler), die selbst als Jugendliche eine Rebellin war, anonym ein feministisches Magazin in ihrer Schule zu veröffentlichen, in dem sie alles anprangert, was dort schief geht …
Der ganz alltägliche Sexismus
In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Ungleichbehandlung von Frauen stark gewachsen. Unterstützt von der #MeToo-Bewegung, die von systematischer Ausnutzung und Missbrauch berichtete, wurde an vielen Stellen darüber diskutiert, was schief läuft, wo es Benachteiligungen gibt und wie man diesen begegnen kann. So auch in Filmen. Neuestes Beispiel ist die Netflix-Tragikomödie Moxie. Zeit, zurückzuschlagen, welche den noch immer dominierenden Sexismus an Schulen in den Mittelpunkt rückt. Ein Sexismus, der viele Formen annehmen kann, dabei von vielen nicht als solcher erkannt wird oder zumindest geduldet. Dabei ist der Film mehr als nur der bloße Versuch, ein Trendthema für sich zu reklamieren. Stattdessen basiert er auf einem Roman von Jennifer Mathieu, der bereits 2015 erschienen ist – also einige Jahre vor der Bewegung.
Aktuell ist die Adaption aber auch mit der Verspätung. Dass Mädchen nicht knapp bekleidet durch die Schule laufen dürfen, während es bei den männlichen Schülern völlig egal ist, zeugt noch immer von einer Doppelmoral. Wenn sich jemand wie Mitchell alles herausnehmen kann, ohne jegliche Konsequenzen mobben darf, während seine Mitschülerinnen schon bei dem kleinsten „Verstoß“ bestraft werden, dann erkennt so ziemlich jeder, dass es hier eine Ungleichbehandlung gibt. Soll ja auch. Moxie. Zeit, zurückzuschlagen will in der Hinsicht kein sonderlich subtiler Film sein, sondern seine eigene Aussage klar und deutlich mit dem Publikum teilen, um auf diese Weise zu bestärken oder zumindest Alternativen aufzuzeigen.
Zwischen Klischee und Ambivalenz
Wobei der Film zumindest bemüht ist, nicht bloß an den Geschlechtergrenzen entlang in gut und böse einzuteilen. Während Mitchell nicht mehr ist als ein gut aussehendes Klischee, wird bei anderen mehr Ambivalenz gewagt. So werden die Mädchen beispielsweise ausgerechnet von dem Lehrer Mr. Davies (Ike Barinholtz) unterstützt, während die Schulleiterin Marlene Shelly (Marlene Shelly) alle Anschuldigungen gegenüber Mitchell unter den Teppich kehren will, um bloß keinen Ärger zu bekommen. Mit Seth Acosta (Nico Hiraga), der als potenzieller Freund von Vivian noch ein wenig Romantik in die Geschichte bringt, gibt es ebenfalls eine unerwartete Unterstützung, die zudem an einer Stelle schön gegen das Klischee geschrieben wurde.
Doch die eigentliche Geschichte ist natürlich die von Vivian, die sich in einem unübersichtlichen, turbulenten Umfeld selbst sucht und dabei manchmal auch daneben langt. Themen und Einflüsse gibt es dabei genug. Da wäre ihre Mutter, die sie zur Selbständigkeit aufmuntert, aber kaum Bezug findet. Ihre beste Freundin Kiera Pascal (Sydney Park) wiederum fühlt sich im Stich gelassen und bringt mit ihrer chinesischen Herkunft noch einmal einen ganz anderen Aspekt in den Film. Spätestens als ihre erste Liebe ansteht, weiß sie so gar nicht mehr, was sie noch tun soll, was richtig und was falsch ist. Moxie. Zeit, zurückzuschlagen ist deshalb nicht allein die Geschichte eine feministischen Widerstandes, sondern auch eine, die fest in der Coming-of-Age-Tradition verankert ist.
Zu viele Stränge, zu wenig Tiefgang
Grundsätzlich ist die Themenvielfalt dabei schon ein Pluspunkt. Gleichzeitig tat sich Regisseurin Amy Poehler (Wine Country) aber schwer damit, alles wirklich harmonisch miteinander zu verknüpfen. So mancher Strang wird hier nur stiefmütterlich behandelt oder zum Schluss etwas abrupt aufgelöst. Da hätte es an vielen Stellen mehr Tiefgang gebraucht. Gleichzeitig ist der Film mit einer Laufzeit von rund 110 Minuten aber auch so schon zu lang. Anstatt so viele Fronten gleichzeitig zu eröffnen und dann verkümmern zu lassen, wäre mehr Fokussierung vielleicht nicht verkehrt gewesen. Dennoch ist Moxie. Zeit, zurückzuschlagen ein insgesamt solides Werk, das zwar nicht immer ganz geglückt und glaubwürdig ist – mal wieder werden die Schüler und Schülerinnen von Leuten weit jenseits der 20 verkörpert –, der jüngeren Zielgruppe aber einiges zu sagen hat. Und dem einen oder anderen Erwachsenen gleich dazu.
OT: „Moxie“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Amy Poehler
Drehbuch: Tamara Chestna, Dylan Meyer
Vorlage: Jennifer Mathieu
Musik: Mac McCaughan
Kamera: Tom Magill
Besetzung: Hadley Robinson, Lauren Tsai, Patrick Schwarzenegger, Nico Hiraga, Sydney Park, Josephine Langford, Clark Gregg, Ike Barinholtz, Amy Poehler, Marcia Gay Harden
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