Season of the Witch
© capelight pictures

Season of the Witch

Inhalt / Kritik

Crazies
„Season of the Witch“ // Deutschland-Start: 19. März 2021 (Bonusfilm auf dem Mediabook zu „Crazies“)

Nach Außen hin erscheint die Ehe von Joan (Jan White) und Jack Mitchell (Bill Thunhurst) ganz normal zu sein. Doch schon seit geraumer Zeit plagen Joan nicht nur schlimme Alpträume, sondern zudem eine gewisse Leere. Besonders während der langen Geschäftsreisen ihres Gatten überkommt die Hausfrau und Mutter immer wieder die Langeweile, sodass die Einladung einer Freundin, einer Tarot-Sitzung beizuwohnen, wie eine willkommene Abwechslung erscheint. Skeptisch, aber auch mit einer gewissen Faszination nimmt Joan die Sitzung wahr wie auch die diversen Requisiten Marions (Virginia Greenwald), einer selbsternannten Hexe. Wieder daheim macht Joan Bekanntschaft mit Gregg (Raymond Laine), einem Lehrer ihrer Tochter an der Universität, der sie und ihre Freundin nicht nur durch seine freche Art für sich gewinnt, sondern sie mit Marihuana bekannt macht. Letztlich wird Joan wütend über die in ihren Augen herablassende Art, mit der Gregg sie und ihre Freundin behandelt, und bricht das Treffen ab. Als sich Jack abermals auf eine Geschäftsreise begibt, fühlt sich Joan einsamer denn je und erinnert sich an ihre Faszination mit der Hexerei. Aus Neugierde besorgt sie sich Kerzen Bücher über Hexerei und diverse andere Requisiten, um sich einmal selbst in dunkler Magie zu testen und Gregg für sich zu gewinnen. Was zunächst nur als Ablenkung gedacht war, stellt sich schon bald als ernste Angelegenheit heraus.

Ausweg aus der Kontrolle

Wie schon bei George A. Romeros zweiten Projekt als Regisseur There’s Always Vanilla ist auch die Entstehung von Season of the Witch, der auch unter dem Titel Hungy Wives bekannt ist, alles andere als unproblematisch verlaufen. Der eigentlich als Kommentar auf den Feminismus der 1960er Jahre intendierte Film wurde vom Verleih nämlich nicht nur stark gekürzt, sondern als scharfer Kontrast zur Absicht Romeros als Softcore-Porno vermarktet, was die kommerziellen Chancen von Season of the Witch aber nicht gerade erhöhte. Erst Jahre später konnte Romero seine ursprüngliche Fassung wiederherstellen. In dieser verbirgt sich dann auch jener teils sehr scharfzüngige Kommentar auf die Macht des Patriarchats und die Stellung der Frau in der Gesellschaft, mit vielen Verweisen auf die Figur und Geschichte der Hexe in Literatur und Film.

Schon die erste Sequenz des Streifens betont die Absicht des Filmemachers Season of the Witch als Satire auf Konformismus und Patriachat zu inszenieren. In einer von Nahaufnahmen dominierten, sich später als Albtraum herausstellenden Sequenz sieht sich Joan als Gefangene ihres Mannes, der sie wie ein Haustier an der Leine führt und letztlich in einen Zwinger zusammen mit anderen Hunden sperrt. Mangelt es diesen wie auch anderen Bilder im Werke Romeros an Subtilität, so überzeugt solche Ideen vor allem wegen ihrer technischen Umsetzung, die trotz, oder gerade wegen, des fehlenden Budgets bemerkenswert ist und die Entwicklung Romeros als Filmemacher zeigt. Insbesondere das Sounddesign trägt zur verstörenden Atmosphäre bei, erinnert bisweilen an die surrealen Bilder eines Luis Bunuel und bildet einen scharfen Kontrast zu der „normalen“ Fassade, die Joan aufrechterhält, obwohl diese sie zunehmend erdrückt und verschwinden lässt.

In diesem Zusammenhang bildet die Figur der Hexe einen möglichen Ausweg aus diesem Verhältnis. Für Joan ist die Hexe und deren Praktiken zunehmend mehr als nur eine reine Ablenkung vor der Langeweile ihres Alltags, sondern die Möglichkeit eines Auswegs, vor allem aber ein Mittel der Machtausübung, vor allem über Männer, auch wenn Romero die übernatürliche Dimension dieses Aspekts bewusst offenlässt. Die Kontrolle des Patriarchats, die sich durch selbstgefällig vorgetragene Zurechtweisungen wie bei Gregg oder dem Rückgriff auf verbale wie auch physische Gewalt wie bei Joans Mann zeigt, findet in Season of the Witch ihre Entsprechung in der Hexerei, durch die sich nun Joan in einer Position wähnt, aus der sich Macht ergibt.

Der Mythos der modernen Hexe

In gewisser Weise erscheint Season of the Witch wie ein Vorgänger zu Romeros Vampirfilm Martin, wenn es darum geht den Ursprung eines Phänomens oder eine Sehnsucht offenzuhalten. In jedem Falle ergibt sich durch die Stellung als Hexe für Joan ein neues Bewusstsein, welches einhergeht mit vor allem sexueller Wunscherfüllung und generell einer neuen Identität, die sich nicht nur in von einem patriarchalen, zunehmend repressiven Rollenbild wiederfindet, in dem sie sich immer weniger wiederfindet. Hierbei kommt Romeros semi-dokumentarischer Ansatz zum Tragen, der, wenn man die bereits erwähnten Albtraumsequenzen einmal außen vor lässt, gut geeignet dafür ist, nachzuvollziehen, welche Entwicklung die von Jan White mit großem Mut und Überzeugung gespielte Joan durchmacht.

Wie der Vampir oder die Untoten ist auch die Hexe, im Rahmen des Horrorfilms, jenes andere, vor dem man(n) sich fürchtet. Durch ihr Ausbrechen, oder den Versuch eines solchen, durchbricht Joan die Normalität ihres Umfeldes und wird zunehmend zu einer Bedrohung, was Romero kombiniert mit der klaustrophobisch anmutenden Atmosphäre von Joans Heim sowie den übernatürlichen Elementen.

Credits

OT: „Season of the Witch“
Land: USA
Jahr: 1972
Regie: George A. Romero
Drehbuch: George A. Romero
Musik: Steve Gorn
Kamera: George A. Romero
Besetzung: Jan White, Raymond Laine, Joedda McClain, Bill Thunhurst, Ann Muffly

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

„Season of the Witch“ ist eine Mischung aus Drama und Gesellschaftssatire, mit einigen wenigen Elementen aus des Horrorgenres. George A. Romero erzählt von einer Emanzipation aus dem Konformismus und der Kontrolle eines patriarchal bestimmten Systems, der zwar nicht unbedingt subtil ist, aber durchaus viele interessante und sehr sehenswerte Sequenzen beinhaltet, die nicht zuletzt die Entwicklung des Regisseurs in Sachen Inszenierung betonen.
7
von 10