Nach vielen Jahren als Berichterstatterin bei der The Morning Post und einer unglücklichen Ehe mit Chefredakteur Walter Burns (Cary Grant) hat Hildegard „Hildy“ Johnson (Rosalind Russell) beschlossen, den Beruf an den Nagel zu hängen und ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Mit ihrem Verlobten Bruce (Ralph Bellamy) hofft sie auf ein ruhigeres Leben, mit einer Familie und einem Haus, in dessen Heimatstadt Albany, wo er eine Arbeit als Versicherungsangestellter hat. Jedoch macht ihr Burns den Abschied alles andere als leicht, denn nicht nur scheint er die Pläne des jungen Paares sabotieren zu wollen, indem er sie aufhält, zum Essen einlädt und vor allem Bruce wegen seiner Pläne für die Zukunft aushorcht, sondern er will Hildy zudem für eine besonders wichtige Story gewinnen. Dabei geht es um die bevorstehende Hinrichtung von Earl Williams (John Qualen), der des Mordes an einem Polizisten beschuldigt wird, obwohl Williams beteuert, dies nicht getan zu haben. Schließlich lässt sich Hildy auf das Geschäft ein, noch eine letzte Story für die Zeitung zu betreuen, wenn Walter im Gegenzug eine Versicherungspolice von ihrem Verlobten abkauft. Noch während sich Burns untersuchen lässt und die nötigen Papiere unterschreibt, macht sich Hildy auf zum Gefängnis, wo früh am nächsten Morgen die Hinrichtung stattfinden soll. Im Gefängnis findet Hildy den völlig erschöpften und aufgelösten Williams vor, der ihr den Ablauf der Tat erklärt, wobei er nach wie vor seine Unschuld beteuert. Hildy sieht eine Chance, in ihrem Bericht eine andere Sicht auf die Tat zu schildern, von Earls psychischen Probleme zu sprechen, doch schließlich überschlagen sich die Ereignisse.
Die Story des Lebens
Stand der Name Howard Hawks in den 1920er Jahren noch für Action- und Gangsterfilme, stand sein Wechsel zur Produktionsfirma Columbia Pictures auch unter dem Zeichen eines Imagewechsels für den Regisseur, der sich nun auch dem Genre der Screwball Komödie widmete. Neben Arbeiten wie Napoleon vom Broadway oder Es geschah in einer Nacht gehört wohl insbesondere Sein Mädchen für besondere Fälle zu den interessantesten Beiträgen Hawks zu diesem Genre. Basierend auf einem Theaterstück aus der Feder Ben Hechts und Charles MacArthurs erzählt Hawks Verfilmung von dem Wert von Anstand und Moral im Kontext einer Welt, in der vor allem das eigene Image und der Ruf am wichtigsten erscheinen.
Wie viele seiner Projekte ist auch Sein Mädchen für besondere Fälle geprägt von den hohen Ambitionen Hawks, der seine Schauspieler nicht nur zu Improvisationen motivierte, was die Produktion in die Länge zog, sondern der auch mithilfe eines entsprechenden Soundmischers die Geschwindigkeit der Dialoge erhöhte. Dieser Ideenreichtum ist mehr als nur eine technische Spielerei, sondern eine sehr weitsichtige Vision von einer Realität, in der Geschwindigkeit alles bedeutet und in welcher niemand zur Ruhe kommt. Auch wenn man seine Methoden vielleicht verurteilen mag, so lässt sich doch Walters Vermutung schwer leugnen, wenn er denkt, dass Hildy nicht gemacht ist für ein ruhiges Familienleben, ist sie doch angesteckt worden von dem Tempo, das der Beruf mit sich bringt. Als Zuschauer kommt man besonders in der Originalversion des Filmes fast nicht mit, wenn das Gespräch flink zwischen Themen hin und her springt, so, als ob die Figuren, zumindest jene, die der Zeitungsbranche angehören, immer unter Strom stehen.
Gerade das Genre der Screwball-Komödie, von jeher durch seine schnellen Dialoge und sein Timing bekannt, wird in der Inszenierung Hawks zu einer passenden Metapher für eine Welt, in der Tempo alles ist, wenn es darum geht, immer die neueste und aktuellste Story zu berichten. Auch in den Sets wird dies deutlich, wie beispielsweise dem Presseraum im Gefängnis, in dem eine ganze Reihe von Telefonen und Schreibmaschinen sowie die von Zigarettenrauch durchtränkte Luft eine Atmosphäre ständiger Anspannung beschreiben. Andererseits betont Hawks, wie abgekapselt die Welt der Reporter vom jener der „normalen“ Menschen ist, die immer wieder, wie der bemitleidenswerte Bruce oder später dessen Mutter, als Spielball der Reporter herhalten, die auf der Suche nach der Story ihres Lebens Prinzipien des Anstands über Bord werfen.
Preis des Anstands
Fast überrascht ist man als Zuschauer, wenn man hört, dass es sich bei Sein Mädchen für besondere Fälle um eine Komödie handelt, bedenkt man den Ernst der Themen, die besprochen werden. Dies wird nicht zuletzt deutlich an der Geschichte um den zum Tode verurteilten Earl Williams, der in den Augen der Reporter, auch der Hauptcharaktere, vielmehr ein Aufhänger für eine weitere Schlagzeile ist. Bezeichnend sind abermals die Dialoge und deren Tempo, beispielsweise wenn die Journalisten mit dem hilflos wirkenden Sheriff die Zeit der Hinrichtung verhandeln wollen, damit man die Schlagzeile noch vor Druck der morgendlichen Ausgabe bringen kann. Durch ihre Verlobung wähnt sich Hildy über den oft als „Aasgeier“ bezeichneten Kollegen, kann sich aber dem Sog der Geschichte nicht entziehen und begeht mehr als einmal moralisch sehr fragwürdige Taten, die von Bruce schockiert registriert werden und von Walter mit Lob überschüttet werden.
Auch wenn Hawks’ Film in einer Stellungnahme zu Anfang darauf verweist, inwiefern es sich bei der Darstellung vor allem der Presse um eine Abbildung der Wirklichkeit handelt, definiert er doch jene prekäre Balance zwischen Moral, Anstand und Ambition. Wie spätere Werke wie Reporter des Teufels von Billy Wilder zeigt auch Hawks’ Film eine Welt, die nicht nur von Geschwindigkeit, sondern von einer Obsession mit dem eigenen Image gelenkt ist. Das Tempo der Welt des Journalismus überträgt sich scheinbar mühelos auf die Welt der Politik, wenn Entscheidungsträger aufgrund eines Artikels entlassen werden oder ihr Ruf vernichtet wird. So sind vor allem der Sheriff und schließlich der Bürgermeister jene Charaktere, die erwähnt werden müssen, reagieren sie doch anscheinend nur auf das, was über sie berichtet wird oder mit dem sie die Reporter bedrohen, wissen sie doch um die Macht der Medien und wie weitreichend diese sein kann.
OT: „His Girl Friday“
Land: USA
Jahr: 1940
Regie: Howard Hawks
Drehbuch: Charles Lederer
Vorlage: Ben Hecht, Charles MacArthur
Musik: Sidney Cutner, Felix Mills
Kamera: Joseph Walker
Besetzung: Rosalind Russell, Cary Grant, Ralph Bellamy, John Qualen, Gene Lockhart, Alma Kruger, Clarence Kolb
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