An Gefühlen mangelt es bei dem jungen Paar Eve (Chloe Carroll) und Tom (Jim Schubin) nicht. Beim Drumherum gibt es hingegen schon Optimierungsbedarf. So bräuchte Eve endlich eine Green Card, um in den USA bleiben zu dürfen, Tom bräuchte mehr Zeit für seinen Roman, beide könnten sie deutlich mehr Geld gebrauchen. Und so nehmen sie nur zu gern an einem speziellen Experiment teil: 30 Tage sollen sie in einem abgeschlossenen, komplett überwachten Haus verbringen. Dafür winken ihnen 50.000 Dollar. Die Beobachtungen sollen eine Antwort darauf liefern, wie sich Gefühle bei Paaren verändern. Tatsächlich bemerkt Eve bald solche Änderungen: Irgendwie verhält sich Tom so komisch. Aber warum? Steckt er mit den Leuten vom Experiment unter einer Decke? Oder wird sie einfach nur paranoid?
Gefangen im Blick der anderen
Dass die Gefühle zwischen zwei Menschen sich mit der Zeit ändern, vielleicht auch einfach schwächer werden, das liegt ein wenig in der Natur der Dinge. Die Gründe sind dabei einerseits intuitiv naheliegend, wissenschaftlich jedoch eher schwieriger zu formulieren. Die Idee von Das Honeymoon-Experiment, ausgerechnet frisch vermählte Paare zusammen in ein Haus zu stecken, das alle Wünsche erfüllt, sie aber nicht hinauslässt, ist deshalb nicht uninteressant. Ein bisschen wie die ganzen Reality TV Shows à la Big Brother, mit dem Unterschied eben, dass da keine Unbekannten zusammengesperrt werden, sondern zwei, die sich gut kennen. Oder zumindest zu kennen glauben.
Aus diesem Szenario hätte man leicht ein Kammerspiel-Drama machen können, das sich mit der menschlichen Natur auseinandersetzt. Regisseur und Drehbuchautor Phillip G. Carroll Jr., der mit Das Honeymoon-Experiment sein Langfilmdebüt gibt, versuchte sich stattdessen aber an einem Thriller mit Mystery- und Science-Fiction-Elementen. Auch das ist legitim. Ein begrenztes Setting, ist es noch so stylisch und zuvorkommend wie dieses, ist schließlich immer eine gute Voraussetzung für eine Atmosphäre der Beklemmung. Von anderen beobachtet zu werden und nicht aus freien Stücken weggehen zu können, das kann für die stärkste Persönlichkeit zu einer Herausforderung werden. Im Gegensatz zum naiven Paar darf man hier als Zuschauer und Zuschauerin schon früh ahnen, dass das nicht gut ausgehen wird.
Erst Langeweile, dann Ärger
Carroll Jr. lässt sich hierbei jedoch recht viel Zeit. Bevor die ersten wirklich gravierenden Szenen sich ereignen, ist der Film bereits zu einem Drittel vorbei. Und auch danach passiert erst einmal nicht sehr viel. Das eigentliche Problem von Das Honeymoon-Experiment ist jedoch nicht der Mangel an Ereignissen und Handlung. Vielmehr ist das, was geschieht, einfach nicht sonderlich spannend. Vielmehr spult der Film recht stur das ab, was man bei einem solchen Thriller erwarten darf. Das Szenario rund um ein Smart Home, das auf Wunsch alles produziert, wonach man verlangt, mag noch recht futuristisch anmuten. Die Einfälle, mit denen dieses Szenario dann narrativ ausgefüllt wird, sind dafür umso altbackener. Sie vertrauen auch darauf, dass sich Eve nicht sonderlich intelligent verhält.
Richtig spannend ist Das Honeymoon-Experiment deshalb nicht. Vielmehr setzt spätestens ab der Hälfte eine größere Langeweile ein, wenn deutlich wird, dass der Film nichts aus seinem Szenario herausholt. Langeweile ist dabei jedoch noch das kleinere Übel: Carroll Jr. hebt sich sein eigentliches Thema für den Schluss auf, wenn er die Geschichte noch einmal richtig eskalieren lässt. Wer großzügig ist, rechnet dem Filmemacher an, dass wohl kaum jemand auf diese spezielle Wendung kommen wird. Das hat allerdings auch seinen Grund. Denn das ergibt alles nicht sonderlich viel Sinn. Man darf sogar sagen, dass das Ende so bescheuert ist, dass es den ohnehin schon nicht berauschenden Film zu einer absoluten Frechheit macht. Hinzu kommt, dass einzelne Aspekte – beispielsweise tun die beiden nur so, als wären sie verheiratet – überhaupt keine Rolle spielen.
Experiment gescheitert
Das ist nicht nur wegen des Settings und des Szenarios schade, welche deutlich mehr versprochen haben. Auch das Schauspielduo hätte mehr verdient. Chloe Carroll, die Ehefrau des Regisseurs, gibt sich sichtlich Mühe, die Zweifel zu verdeutlichen, die an ihr nagen. Jim Schubin, der ansonsten ein erstaunlich versierter Sänger ist, zeigt eine Mischung aus verwirrtem Welpenblick und muskulösem Brutalo, aus der man nie ganz schlau wird. Doch trotz der vereinzelt guten Elemente und der grundsätzlichen Sympathie, die man einem solchen Indiewerk entgegenbringt: Empfehlenswert ist Das Honeymoon-Experiment nicht. Sich bei einem Film erst zu langweilen und sich später über ihn zu ärgern, ist einfach keine gute Kombination. Das Experiment Unterhaltung ist damit eindeutig gescheitert. Da ist Vivarium – Das Haus ihrer (Alp)Träume, ebenfalls eine Mischung aus Mystery, Science-Fiction und Thriller um ein Paar, das in einem Haus gefangen ist, der deutlich bessere Film.
OT: „The Honeymoon Phase“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Phillip G. Carroll Jr.
Drehbuch: Phillip G. Carroll Jr.
Musik: Chris Ryan
Kamera: Joe Staehly
Besetzung: Chloe Carroll, Jim Schubin
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