Einige Monate sind vergangen, seitdem die spanische Kommissarin Amaia Salazar (Marta Etura) in ihrer alten Heimat Elizondo einen Serienmörder und Vergewaltiger gefasst hat. Nun ist sie wieder zurück, um einer Reihe von Kirchenschändungen nachzugehen. Doch als der von ihr geschnappte Killer sowie andere Verbrecher Selbstmord begehen, ist ihr Interesse geweckt. Vor allem deren seltsamen Nachrichten rund um Tarttalo, einen menschenfressenden Zyklopen aus der baskischen Mythologie, beunruhigen sie dabei. Bei ihren Ermittlungen stößt sie nicht nur auf diverse zum Teil sehr lang zurückliegende Morde, bei denen jeweils ein Arm amputiert wurde. Zu ihrem Entsetzen scheint auch ihre eigene Familiengeschichte damit verbunden zu sein …
Zurück am Tatort
Kaum ein Genre bietet sich vergleichbar gut für Fortsetzungen an wie das des Krimis. Hat sich ein Ermittler oder eine Ermittlerin schließlich erst einmal beim Publikum etabliert, ist es ein Leichtes, die Figuren einfach immer wieder neue Fälle auf den Tisch zu legen. Dennoch war es bemerkenswert, wie schnell Dolores Redondo seinerzeit einen Nachfolger vorlegen konnte. Schließlich erschienen die drei Bücher ihrer Baztan-Trilogie innerhalb von nur zwei Jahren. Bei den Verfilmungen musste man sich hingegen ein wenig länger gedulden. Nach dem Auftakt Das Tal der toten Mädchen Anfang 2017 dauerte es zweieinhalb Jahre, bis mit Das Tal der vergessenen Kinder der zweite Teil vorlag. In Deutschland musste man noch länger warten.
Gelohnt hat sich die Wartezeit aber nur bedingt. Dabei knüpft der Film in mehrfacher Hinsicht an den Vorgänger an. Nicht nur, dass die meisten Figuren des ersten Teils zurückkehren und es erneut um einen Serienmord geht. Auch beim Drumherum wagte man keine großen Experimente. So gibt es bei Das Tal der vergessenen Kinder zwar eine größere Farbpalette als noch beim recht eintönigen Vorfänger, man versuchte nicht mehr ganz so offensiv die Stimmung zu manipulieren. Regisseur Fernando González Molina (Drei Meter über dem Himmel) erfreute sich aber erneut daran, seine Figuren durch dunkle Orte zu schicken oder Wassermassen auf sie herabprasseln zu lassen – Hauptsache, dass Publikum weiß, dass das alles ganz düster sein soll.
Zwischen alten Legenden und neuer Bedrohung
Das gilt inhaltlich natürlich ebenso, wenn erneut bizarre Morde geschehen, deren Motivation über übliche Faktoren wie Gier, Eifersucht oder Rache hinausgehen. Stattdessen spielt Das Tal der vergessenen Kinder wie schon der Vorgänger mit einer baskischen Legende und der Andeutung von Übernatürlichem. Grundsätzlich ist das natürlich schon interessant, hebt den Krimi von den vielen anderen Genrevertretern ab. Nur war das beim letzten Mal besser gelöst. Es entsteht keine vergleichbar mysteriöse Atmosphäre, die mit der Ungewissheit und Andeutungen spielt. Stattdessen wird das hier schnell plakativ, ohne dabei eine nennenswerte Spannung zu erzeugen.
Das ist dann auch insgesamt das Problem bei Das Tal der vergessenen Kinder: Der Film fesselt einfach nicht. Zuerst lässt man sich hier ewig viel Zeit, bis es tatsächlich losgeht. Anstatt den Fall auf nennenswerte Weise voranzubringen, geht es mal wieder um private Schwierigkeiten. So etwas kann zur Charakterisierung einer Figur beitragen. Wenn einem aber nicht mehr einfällt als eine Polizistin, die vor lauter Arbeit keine Zeit für die Familie hat, dann kann man sich das auch sparen. Missglückt ist zudem der Versuch, alles miteinander verbinden zu wollen. Es hätte weder das Anknüpfen an den letzten Fall noch die Einbeziehung der Familie gebraucht. Das war bei Das Tal der toten Mädchen schon ein Schwachpunkt. Hier ist es noch mal extremer.
Konstruiert und wenig spannend
Ob Berdejo von Anfang an vorhatte, eine Trilogie zu schreiben, darüber kann spekuliert werden. Es wirkt zumindest so, als hätte da jemand nachträglich etwas zusammenführen wollen, was gar nicht zusammengehört hat. Hinzu kommt, dass die Geschichte selbst ohne die Querverweise nicht besonders gut ist. Das Tal der vergessenen Kinder packt geheime Machenschaften aus, die man eher in einem Verschwörungsthriller erwarten würde und die so überzogen sind, dass es schon wieder unfreiwillig komisch wird. Das Ergebnis ist dann zwar nicht wirklich schlecht, dafür hat das Setting einfach zu viel Flair. Da warten schon jede Menge hübscher Bilder. Aber das reicht eben nicht aus, um aus dem Ganzen mehr zu machen als einen mittelmäßigen Krimi. Da sollte sich der Abschluss Das Tal der geheimen Gräber besser wieder steigern.
OT: „Legado en los huesos“
Land: Spanien, Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Fernando González Molina
Drehbuch: Luiso Berdejo
Vorlage: Dolores Redondo
Musik: Fernando Velázquez
Kamera: Xavi Giménez
Besetzung: Marta Etura, Carlos Librado ‚Nene‘, Itziar Aizpuru, Francesc Orella, Leonardo Sbaraglia, Imanol Arias, Susi Sánchez
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)