Der 11-jährige Bendix (Mika Tritto) liebt seinen Vater Fabian (Andreas Döhler) über alles, mit dem er nach dem Tod der Mutter alleine lebt. Umso mehr geht es ihm zu Herzen, wie dieser sich verhält: Er ist träge und teilnahmslos, kommt zu allem zu spät, vergisst dauernd irgendetwas. Immer wieder rätselt der Junge, was los ist mit ihm, versucht ihn irgendwie anzutreiben. Vergeblich. Doch dann lernt er eines Tages bei einem Schulsportfest die 16-jährige Jule (Ella Morgen) kennen. Auch sie hat so ihre Probleme, geht wegen ihrer wiederkehrenden emotionalen Ausbrüche in Therapie. Am Ende ist sie es, die Bendix klar macht, dass sein Vater an schweren Depressionen leidet und professionelle Hilfe braucht …
Ein Thema, über das niemand spricht
Auch wenn es in den letzten Jahren Fortschritte gegeben hat und beispielsweise viel über das Phänomen Burnout gesprochen wurde: Psychische Probleme, von richtigen Erkrankungen ganz zu schweigen, bleiben in der Tabuecke. Allein deshalb schon ist es sympathisch und wichtig, dass Das Versprechen sich dieses Themas annimmt und zeigt, wie schwierig es in solchen Situationen sein kann. Zumal gleich zwei Fälle aufgezeigt werden, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite der phlegmatische Vater, der in ein tiefes Loch gefallen ist. Auf der anderen Seite die Jugendliche, die aus heiterem Himmel explodiert und von niemandem eingefangen werden kann.
Interessanter ist dabei die Situation von Fabian. Ihm ist gar nicht wirklich bewusst, dass er an einem Problem leidet und dass es dafür vielleicht eine Lösung geben könnte. Es findet sich auch niemand, der sich mit dem Geschehen wirklich auseinandersetzt. Eine kurze Szene zeigt, wie seine Kollegen über ihn herziehen, ohne darüber nachzudenken, warum Fabian sich in den letzten Jahren so verändert hat. Sohn Bendix wiederum ist so sehr damit beschäftigt, die Rollen zu tauschen und für seinen Vater Papa zu spielen, dass er das Offensichtliche gar nicht sieht: Er ist krank. Das Versprechen zeigt in der Hinsicht glaubwürdig auf, wie fremd uns das Thema ist, wenn so vielen Leuten aus seinem Umfeld nicht auffällt, was Sache ist.
Gut gemeint, aber plakativ
Bei Jule ist das natürlich anders. Ihre Ausfälle sind so heftig, dass man sie kaum übersehen kann. Außerdem ist sie bereits in Therapie, was schon als Positivbeispiel durchgeht. Jugendliche, die in Behandlung sind, sieht man schließlich nur selten. Da trägt das hier zumindest etwas zu einer Normalisierung bei. Wobei Das Versprechen an dieser Stelle manchmal schon etwas künstlich wirkt, zu kalkuliert. Es wird deutlich, dass Regisseur Till Endemann (Im Schatten der Angst) das alles ein wenig plakativer wollte. Die Schwierigkeiten von Jule sollen demonstrieren, wie willkürlich Ausbrüche sein sollen, hat dabei aber seine Glaubwürdigkeitsprobleme.
Das gilt besonders in der zweiten Hälfte. War Das Versprechen bis dahin, Jules emotionalen Exzessen zum Trotz, ein relativ ruhiger Film, lässt man es dann ziemlich krachen. Es wird sogar regelrecht absurd, wenn die Geschichte von Drehbuchautorin Beate Langmaack (Hanne) auf einmal völlig eskaliert. Dabei hätte es das gar nicht gebraucht. Die Verzweiflung der Situation hätte sich auch mit etwas subtileren Mitteln ausdrücken lassen. Es ist sogar kontraproduktiv, wie sich der Film vom Alltag betroffener Menschen verabschiedet. Denn dann geht es nicht mehr darum auszudrücken, was ein solches Leben bedeutet – was immer noch zu selten wirklich gezeigt wird.
Rührende Szenen zwischen Außenseitern
Dafür gibt es eine Reihe emotionaler Momente. Die betreffen einerseits die Szenen zwischen Vater und Sohn, die nur noch einander haben und denen ansonsten der Rückhalt fehlt. Das ist schon rührend, teilweise tragisch. Auch zwischen Bendix und Jule kommt es zu Momenten, die das Herz des Publikums erreichen sollen. Zwei Außenseiter, die sich finden, das ist schon schön. Umso mehr, da hier mal auf romantische Gefühle verzichtet wird, sondern eine rein platonische Freundschaft in den Mittelpunkt rückt. Sieht man auch nicht alle Tage. So ganz überzeugt Das Versprechen bei dieser Annäherung aber ebenfalls nicht. Das entwickelt sich hier eher, weil es die Dramaturgie so braucht, nicht weil es die Situation wirklich ergeben würde. Deswegen kommt der Film trotz wichtigen Themas nicht über das Mittelmaß hinaus.
OT: „Das Versprechen“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Till Endemann
Drehbuch: Beate Langmaack
Musik: Mario Lauer
Kamera: Lars R. Liebold
Besetzung: Mika Tritto, Ella Morgen, Andreas Döhler, Christina Große, Oliver Stokowski, Barbara Auer
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