Ein Mann zu jeder Jahreszeit A Man for All Seasons
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Ein Mann zu jeder Jahreszeit

Inhalt / Kritik

Ein Mann zu jeder Jahreszeit A Man for All Seasons
„Ein Mann zu jeder Jahreszeit“ // Deutschland-Start: 25. August 1967 (Kino) // 6. Februar 2007 (DVD)

Im Jahre 1529 gehört Thomas Morus (Paul Scofield) zu einem erlauchten Kreis am Hofe Heinrich VIII. (Robert Shaw) und wird allgemein wegen seines Intellekts wie auch seiner Weisheit als Richter geachtet. Jedoch weicht er als Mitglied des Parlaments in einem wichtigen Punkt von der Meinung des Abgeordneten ab, denn einen Antrag Kardinal Wolseys (Orson Welles), welcher die Annullierung der Ehe des Königs mit seiner derzeitigen Gemahlin fordert, unterstützt er nicht. Das entscheidende Argument, dass die Ehe bislang keinen männlichen Erben hervorgebracht hat und gerade dies inneren Spannungen im Lande Einhalt gebieten könnte, scheint dabei für Morus keine Rolle zu spielen, sodass er sich fortan in Schweigen hüllt, was diese Abgelegenheit angeht. Jedoch wird dies in der Beziehung zum König für Morus zum Verhängnis, denn nach Wolseys Tod wird er zum Lordkanzler befördert und bei einem Besuch bei seiner Familie besteht Heinrich auf eine Antwort sowie die Unterstützung Morus’ bei der Gründung der anglikanischen Kirche, dessen Oberhaupt Heinrich werden soll. Unter Druck gesetzt und nicht willens sich gegen Rom aufzulehnen, legt Morus sein Amt nieder und wird durch Thomas Cromwell (Leo McKern) ersetzt, der Heinrichs Pläne in die Tat umsetzen soll.

Allerdings ist Morus immer noch Mitglied des Parlaments und sein Schweigen zu dieser Angelegenheit hat großes Gewicht, wird von Cromwell gar als Verrat am König gewertet, was zu einer Untersuchung führt. Auch Heinrich sieht Morus’ Schweigen als einen Affront gegen sich und als sich dieser gar weigert, den Treueeid auf den König zu schwören, erhöht sich der Druck auf den Gelehrten und seine Familie. Alles wird daran gesetzt, das Schweigen Morus’ zu beenden, doch dieser sieht sich in einem tiefen Gewissenskonflikt gefangen, der ihm nur dieses Handeln erlaubt.

Eine Sache des Gewissens

Der Name des britischen Autors, Gelehrten und Politikers gehört nicht erst seit seiner Heiligsprechung im Jahre 1935 zu einer der wichtigsten Figuren der Geschichte der Vereinigten Königreiches. In seinem Theaterstück Thomas Morus zeigt der Schriftsteller Richard Bolt diesen Mann als ein Symbol der Opposition, der sich in einer schwierigen Entscheidung in einem Gewissenskonflikt sah, was ihn nicht nur seinen Ruf, sondern letztlich auch sein Leben kostete. Regisseur Fred Zinnemann war begeistert von der Vorlage und setzte, trotz des für einen Historienfilm geringen Budgets, alles daran, Bolts Geschichte so werkgetreu umzusetzen wie nur möglich, wobei er nicht nur auf ein beachtliches Ensemble vor der Kamera, sondern auch auf ein fähiges Team hinter der Kamera setzen konnte, die teils schon mit Regisseuren wie David Lean zusammengearbeitet hatten.

Aus heutiger Sicht ist die Option, zu einer Angelegenheit zu schweigen, bisweilen eher kritisch zu sehen oder stößt gar auf Ablehnung. Als heldenhaft oder gar das Zeichen eines Märtyrers, als der Morus gilt, wirkt es geradezu irritierend, wobei innerhalb des Drehbuchs von Robert Bolt gerade diese Eigenschaft es ist, von der aus sich die Autorität seiner Sicht auf Thomas Morus ergibt. Moralische Werte wie Loyalität und Integrität sind für den von Paul Scofield gespielten Morus nicht einfach nur leere Worthülsen, die man Schülern eintrichtert, aber nach denen man selbst nicht lebt. Schon vom ersten Moment ist das Schweigen dieser Figur ein Ausdruck dieser Werte, gleichzeitig aber auch ein Versuch in einer Zeit, in der jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird und einen den Kopf kosten kann, das eigene Überleben und das der Familie zu sichern.

In den Jahren nach der Veröffentlichung von Zinnemanns Film und dessen Erfolg bei den Oscars mehrten sich die kritischen Stimmen zu Ein Mann zu jeder Jahreszeit, die eben dieses Schweigen kritisierten und beschrieben, wie dieser Morus eine simplifizierte Version darstellte des eigentlichen Konfliktes wie auch der Figur. Mag dies auch in Teilen zutreffen, ändert dies nichts an der Kraft, die aus dieser Inszenierung, vor allem dank der Darstellung Scofields, hervorgeht. Besonders auffällig, wie es Zinnemann, wie schon in Zwölf Uhr mittags – ebenfalls ein Film über einen Gewissenskonflikt – vermeidet, diesen Menschen zu psychologisieren, sondern seinen Zuschauer genauso in einem Konflikt lässt, wie man zu dieser Figur und seinem Schweigen stehen soll.

Der Wille von Tyrannen

Wie bei einer solchen Vorlage üblich ist Ein Mann zu jeder Jahreszeit besonders in den Dialogszenen sehr überzeugend. Immer wieder betonen Zinnemann und Bolt die (schweigende? vermutliche?) Opposition der Hauptfigur, beispielsweise in den Zwiegesprächen mit Heinrich VIII., Thomas Cromwell oder Kardinal Wolsey. Insbesondere der Kontrast zum König wird deutlich, den Robert Shaw mit einer Mischung aus Gelehrt- und Derbheit spielt, wobei die Launenhaftigkeit und die Unberechenbarkeit dieses Herrschers klar zum Vorschein kommt. Über diese wie auch andere Szenen entwerfen Bolt und Zinnemann das Bild einer Zeit, in der das Wort nicht nur sehr viel zählt, sondern durch das man auch Partei ergreift, doch welches auch in vielerlei Hinsicht auslegt wird.

Die Sets sowie die Kameraführung Ted Moores betonen darüber hinaus nicht nur die Opulenz einer Epoche. Darüber hinaus entsteht der Eindruck einer Zeit des Abhörens und des potenziellen Verrats, der wechselnden Loyalitäten wie auch der Zersetzung von Integrität.

Credits

OT: „A Man for All Seasons“
Land: UK
Jahr: 1966
Regie: Fred Zinnemann
Drehbuch: Robert Bolt
Vorlage: Robert Bolt
Musik: Georges Delerne
Kamera: Ted Moore
Besetzung: Paul Scofield, Wendy Hiller, Leo McKern, Robert Shaw, Orson Wellses, Susannah York, John Hurt, Nigel Davenport

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1967 Bester Film Sieg
Beste Regie Fred Zinnemann Sieg
Bestes adaptiertes Drehbuch Robert Bolt Sieg
Bester Hauptdarsteller Paul Scofield Sieg
Bester Nebendarsteller Robert Shaw Nominierung
Beste Nebendarstellerin Wendy Hiller Nominierung
Beste Kamera (Farbe) Ted Moore Sieg
Beste Kostüme (Farbe) Elizabeth Haffenden, Joan Bridge Sieg
BAFTA Awards 1968 Bester britischer Film Sieg
Bester Film Sieg
Bestes Drehbuch Robert Bolt Sieg
Bester Darsteller Paul Scofield Sieg
Bestes Szenenbild (Farbe) John Box Sieg
Beste Kamera (Farbe) Ted Moore Sieg
Beste Kostüme (Farbe) Elizabeth Haffenden, Joan Bridge Sieg
Golden Globes 1967 Bester Film (Drama) Sieg
Beste Regie Fred Zinnemann Sieg
Bestes Drehbuch Robert Bolt Sieg
Bester Hauptdarsteller (Drama) Paul Scofield Sieg
Bester Nebendarsteller Robert Shaw Nominierung

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„Ein Mann zu jeder Jahreszeit“ ist ein beeindruckendes Geschichtsdrama, welches besonders dank seiner Darsteller zu überzeugen weiß. Mögen auch Aspekte der Kritik an Fred Zinnemanns Film durchaus richtig sein, ändert dies doch nichts an der Kraft der Geschichte, die einen anderen Helden zeigt, der durch sein Schweigen versuchte seine Integrität und seine Prinzipien zu bewahren
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von 10