Es geschah am hellichten Tag
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Es geschah am hellichten Tag

Inhalt / Kritik

Es geschah am hellichten Tag
„Es geschah am hellichten Tag“ // Deutschland-Start: 9. Juli 1958 (Kino) // 19. Oktober 2012 (DVD)

Als die Leiche eines jungen Mädchens gefunden wird, sind sich die Leute schnell einig: Der Hausierer Jacquier (Michel Simon) war der Täter. Und auch die Polizei ist der Ansicht, mit ihm bereits den Fall gelöst zu haben. Lediglich Kommissar Matthäi (Heinz Rühmann) hat seine Zweifel, sieht in Jacquier vielleicht einen kleinen Gauner, aber keinen Mörder. Also beschließt er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei wird er bei Frau Heller (María Rosa Salgado) und ihrer kleinen Tochter Annemarie (Anita von Ow) fündig, die er als Lockvogel für den wahren Täter nutzen will. Denn dieser, davon ist Matthäi überzeugt, wird noch weitere Male zuschlagen …

Ein (fast) klassischer Krimi

Mit seinen moralisch fordernden Theaterstücken Der Besuch der alten Dame (1956) und Die Physiker (1962) erlangte Friedrich Dürrenmatt seinerzeit Weltruhm. Zwischen diesen beiden Meisterwerken arbeitete er an einem weiteren Werk, das zu einem großen Klassiker wurde – nur nicht so, wie er sich das gedacht hatte. Als der Schweizer Autor damit beauftragt wurde, eine Kriminalgeschichte für einen Spielfilm zu entwickeln, machte der sich bald an die Arbeit. Tatsächlich glücklich war er über Es geschah am hellichten Tag jedoch weniger. Nicht nur, dass man die von ihm gewünschten Titel ablehnte. Der Film war für ihn zudem zu brav und zu konventionell, weswegen er den Stoff selbst noch einmal als Roman verarbeitete und mit Das Versprechen trotz einer gemeinsamen Ausgangslage einen anderen Weg einschlug.

Tatsächlich ist Es geschah am hellichten Tag zumindest über längere Strecken ein recht klassischer Krimi. Ein Verbrechen ist geschehen, ein Polizist versucht dieses aufzuklären und den Täter zu schnappen. Auch die Figur des einsamen Wolfes, der außerhalb des Apparates seine Ermittlungen betreibt, ist in dem Genre ein fester Bestandteil. Zwar gibt es hier keine Vielzahl von Verdächtigen wie beim normalen Whodunnit-Krimi, wo es gilt, unter den vielen Möglichkeiten die richtige auszusuchen. Dafür aber werden wie dort Spuren verfolgt, Leute verhört, später auch eine Falle gestellt. Alles also, was man als Polizist in einem solchen Fall so tut, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun.

Die Frage nach der Gerechtigkeit

Wobei gerade die Frage nach Gerechtigkeit einer der spannendsten Punkte ist in Es geschah am hellichten Tag. So geht die Geschichte damit los, dass die Dorfbevölkerung den Hausierer bestrafen will, obwohl überhaupt nicht feststeht, dass er es war. Aber es reichte, dass er ein Außenseiter war. Das zählt mehr als konkrete Beweise. Schockierend in dem Zusammenhang ist aber vor allem, wie sehr sich die lokale Polizei auf den Verdächtigen einschießt und noch nicht einmal nach Alternativen sucht. Dabei bleibt offen, ob dies aufgrund des Drucks durch die Öffentlichkeit geschieht, aus tatsächlicher Überzeugung heraus oder weil man froh war, nichts weiter tun zu müssen. Sonderlich schmeichelhaft ist das Bild so oder so nicht, welches hier von der Polizei gezeichnet wird.

Vor allem aber die Figur des Matthäi wurde bewusst zwiespältig angelegt. Zwar ist er, anders als seine Kollegen, tatsächlich an der Wahrheit interessiert, so unbequem diese auch sein mag. Er scheint auch die bessere Menschenkenntnis zu haben, wenn er Jacquier für unschuldig erklärt und eine Strafe ohne handfesten Beweis ablehnt. Ein guter Polizist eben. Dafür zeigt er bei der Suche nach der Wahrheit recht wenig Skrupel. Vor allem die Szenen, in denen er nach einem potenziellen Köder Ausschau hält, lassen durchschimmern, was Dürrenmatt mit Es geschah am hellichten Tag tatsächlich beabsichtigte: das Porträt eines Polizisten, der in seinem Drang, das Richtige zu tun, jegliche Kontrolle verliert und einem Schurken näherkommt, als es ihm lieb ist.

Sehenswert und gut gespielt

Dass diese Figur mit Heinz Rühmann (Die Feuerzangenbowle) besetzt wurde, den man eigentlich mehr mit komödiantischen Figuren in Verbindung bringt, war geschickt. Der deutsche Schauspieler überzeugt ebenso wie Gert Fröbe (James Bond 007: Goldfinger), der mit seiner unheimlichen und aufbrausenden Präsenz den Gegenspieler mimt. Der Film wird dadurch zu einer Art Fernduell zwischen zwei grundverschiedenen Männern. Dass das Ende ein bisschen abrupt ausfällt und um eine Heile-Welt-Fassade kämpft, muss man an der Stelle nachsehen, ebenso die etwas magere Charakterisierung des Täters. Ansonsten ist Es geschah am hellichten Tag ein atmosphärischer und gut gespielter Krimi, der auch mehr als 60 Jahre später immer noch sehr sehenswert ist.

Credits

OT: „Es geschah am hellichten Tag“
Land: Deutschland
Jahr: 1958
Regie: Ladislao Vajda
Drehbuch: Friedrich Dürrenmatt, Hans Jacoby, Ladislao Vajda
Musik: Bruno Canfora
Kamera: Heinrich Gärtner
Besetzung: Heinz Rühmann, Gert Fröbe, María Rosa Salgado, Anita von Ow, Sigfried Lowitz, Sigfrit Steiner, Michel Simon

Bilder

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Deutscher Filmpreis 1959 Bester Hauptdarsteller Heinz Rühmann Nominierung
Bester Hauptdarsteller Gert Fröbe Nominierung

Filmfeste

Berlinale 1958
Locarno 2003
Locarno 2016
Zurich Film Festival 2020

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Wenn in „Es geschah am hellichten Tag“ ein Polizist den Mörder eines kleinen Mädchens sucht, dann wurde daraus ein großer und bis heute atmosphärischer Krimiklassiker. Bemerkenswert an ihm ist neben der Besetzung vor allem die Zeichnung des Ermittlers, der bei seinem Kampf für die Gerechtigkeit keine großen Skrupel zeigt.
8
von 10